Sprachbilder und Sprechblasen. Ralf Bachmann

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Название Sprachbilder und Sprechblasen
Автор произведения Ralf Bachmann
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783867295130



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es keine Freilichtveranstaltungen mehr gibt, sondern nur noch Openair-Events, warum die Direktion die gute alte Putzkolonne in einem großen Berliner Hotel durch ein Cleaningteam ersetzt, wüsste ich schon ganz gern. Und ich wünsche mir sehr, dass der bildhafte Hubschrauber nicht mit dem technokratischen Helikopter totgeschlagen wird.

      Meist geht es nur darum, mit Wortbombast kleine Sprachfürzchen zu Donnerschlägen aufzublasen. Besonders beliebt ist das in Parlamentsreden. O-Ton: »Gerade im Angesicht der Komplexität der aktuellen Situation sollten wir keine hektische Betriebsamkeit auf diesem abschüssigen Terrain generieren.« Gemeint ist: »Ehe wir in ein Fettnäpfchen treten, machen wir lieber gar nichts.« Der Chef des Marburger Bundes verkündete vor einem Ärzteausstand: »Die Ärzte wollen eine Streiksituation gestalten.« – »Die Ärzte wollen streiken« hätte auch genügt. Auf der Fanmeile zur Fußball-EM wollten die Händler »im Vorfeld der Veranstaltungen« die Riesenbratwürste nicht schlicht anbieten, sondern »zum Verzehr bringen«. Das teilten sie Journalisten nicht etwa mit, nein, sie brachten es ihnen zur Kenntnis. Nach einigen Spielen gab es Zwischenfälle, die von der Polizei »einer Untersuchung zugeführt« wurden. Manchmal wurden sie auch einfach untersucht. Nicht die Zahl der möglichen Nutzer, sondern »die Größe der Community – möchte ich mal sagen« will die Leiterin einer bedeutenden Berliner Bibliothek den Gebühren für die Buchausleihe an Universitätsinstitute zugrunde legen.

       Vom Stadionausrufer bis zum Regierungssprecher

      Ist es Ignoranz oder Angeberei, wenn »Ich erinnere mich« von manchen Prominenten durch »Ich erinnere« ersetzt wird, wohl weil im Englischen »I remember« genügt? Im Laufe meines langen Journalistenlebens habe ich Hunderte von Leuten interviewt, die überflüssigerweise meine Fragen bewerten wollten. Ich hörte: Das ist eine schwierige Frage, eine schöne, eine kluge, eine dumme, eine nachdenklich stimmende, eine raffinierte, eine selten gestellte und mehr. Diese Zeiten sind vorbei, all das wird durch die Modefloskel »Das ist eine gute Frage« ersetzt, auch wenn dem Interviewpartner nur keine Antwort einfällt und er zugeben müsste: »Das weiß ich nicht.«

      So und ähnlich gestanzt und gestelzt reden sie nun fast alle und fast immer: vom Stadionausrufer bis zum Regierungssprecher, vom Betriebsrat bis zum Minister, vom Bürgermeister bis zur Kanzlerin. Ist es wirklich schon 130 Jahre her, dass ein Münsteraner Pfarrer als Neujahrsgebet sagte: Gib den Regierenden ein besseres Deutsch und den Deutschen eine bessere Regierung. Herr sorge dafür, dass wir alle in den Himmel kommen. Aber nicht sofort.

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