Название | Der rote Elvis |
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Автор произведения | Stefan Ernsting |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862871155 |
Die Sängerinnen des Blues waren einer Tingeltangel-Tradition von Cabaret- und Vaudeville-Theatern entwachsen, die dem weißen Amerika zu schmuddelig war. Lange Zeit war der Blues vor allem Bestandteil der »Nigger Minstrels«, die mit Zirkuszelten durch Amerika tourten. Dressierte Elefanten und Löwen konnte man sich nur selten leisten, und so ließen meist nur die Clowns auf die Herkunft schwarzer Zirkusveranstaltungen schließen, die sich mit dem Blues aber sowieso immer mehr in Tanzveranstaltungen verwandelten. Vor allem im sündigen Chicago von Al Capone sorgten Blues und Jazz für einen langsamen Abbau uralter Vorurteile. Schon 1909 hatten deshalb ein paar clevere Manager die TOBA (Theatre Owners Booking Agency) gegründet und für schwarze Bühnen gesorgt, die dennoch fest in weißer Hand bleiben sollten. Die TOBA war auch als Abkürzung für »Tough on Black Asses« bekannt. Die schwarzen Künstler wurden nach Strich und Faden ausgebeutet, unterwanderten aber immer wieder die strengen Rassengesetze in den USA.
1942 konnte »Billboard«, seit 1893 Amerikas Showbiz-Magazin Nr. 1, den Einfluß schwarzer Musik nicht länger ignorieren. Mit der »Harlem Hit Parade« wurden erstmals auch die Erfolge schwarzer Künstler in ihren eigenen Ghetto-Charts gelistet. Die USA waren in den Zweiten Weltkrieg eingetreten, und manch farbiger Soldat mochte sich nun ein wenig mehr wie ein vollwertiger Amerikaner fühlen. Nachdem man die schwarze Hitparade zeitweise in »Race Music Charts« umbenannt hatte, taufte man sie am 17. Juni 1949 endgültig auf den Namen »Rhythm and Blues« bzw. R & B. Man faßte darunter das gesamte Spektrum schwarzer Musik von Jazz bis Boogie-Woogie, daneben gab es die Country- und die Popcharts. Country und Blues existierten parallel nebeneinander und beeinflußten sich gegenseitig. In den Vierzigern etablierte sich dazwischen der Begriff Pop. Anfangs sprach man nebenbei auch vom »Black Pop« als Strömung, um den Begriff an sich als weißes Hoheitsgebiet zu deklarieren.
Der große Erfolg schwarzer Musik führte dazu, daß man fieberhaft über eine weiße Variante nachdachte. Den Bebop Cats sicherte man noch immer nicht ihre vollen Bürgerrechte zu, und Musiker wurden teilweise mit einem Glas Marmelade oder einer Flasche Bier entlohnt, aber man stahl ihre Musik und verwässerte den Sound mit schnulzigen Arrangements, die von weißen Interpreten in die richtige Stimmlage geschraubt wurden. Die Industrie behauptete, das Publikum würde die weißgewaschene Popvariante vorziehen, aber in einer Billboard-Liste der R & B-Bestseller fanden sich unter den fünfzig erfolgreichsten Titeln von 1949 bis 1953 lediglich zwei Singles, die bei einem großen Mayor Label erschienen waren.
Teenagerliebe
Dean Reed merkte schnell, daß ihm mittels der Musik die Mädchenherzen nur so zuflogen. 1954 schrieb er seinen ersten Song: »Don’t let her go«, eine recht schwülstige Abhandlung über seine erste große Liebe, die er seiner Mitschülerin Linda Myers widmete, mit der er mehrere Jahre zusammen war. Das Paar wollte sogar heiraten, aber der konservative Vater von Linda Myers wollte keinesfalls, dass seine Tochter die Ehefrau eines Sängers wurde. Wenige Monate später drängte er die junge Frau, die Universität zu wechseln. Dean Reed sah sie nie wieder, ging aber dafür wenig später eine Weile mit Marilyn »Miss Colorado« Vandeberg.
Zwischendurch arbeitet er im Sommer in Aspen, dem favorisierten Skigebiet reicher und berühmter Amerikaner, als Rettungsschwimmer. Nebenbei begann er auf der Harmony Guest Ranch am Fuße der Berge des Estes Park zu arbeiten, einer sogenannten Dude Ranch. Sein Job war es, reiche Touristen aus der Stadt zu betreuen und ihnen zu zeigen, was man als richtiger Cowboy alles können mußte.
2. Dean Reed im Alter von 18 Jahren
Die erste Erwähnung Dean Reeds in den Medien ging auf eine Wette zurück, die er mit seinem Cowboykollegen von der Sommerranch Bill Smith eingegangen war. »Triumphant Man« übertitelte »Newsweek« am 6. August 1956 einen Artikel von 31 Zeilen, der ein Rennen zwischen Mensch und Maultier kommentierte. Bill Smith hatte gewettet, daß er auf einem Muli schneller wäre als jeder andere Mensch zu Fuß. Dean Reed war bereit, den Gegenbeweis anzutreten. Bill Smith startete mit seinem Maultier Speedy. Das Rennen ging über eine Distanz von 110 Meilen bzw. 178 Kilometer, und es wurden Pausen vereinbart. Start und Ziel war die Rodeo-Arena von Gunnison in Colorado. Ein Koch, der ihnen in einem LKW mit Proviant in sicherem Abstand folgte, versorgte die ungleichen Kontrahenten. Nach 47 Stunden konnte ein völlig erschöpfter Dean Reed als Sieger in die Arena einlaufen. Ganze drei Minuten Vorsprung hatte er in einer Laufzeit von 22 Stunden herausgeholt, was einer Durchschnittsleistung von ungefähr 5 Kilometern pro Stunde entsprach. Dean Reed gewann seine Wette und erhielt von Bill Smith die vereinbarten 25 Cents.
Im gleichen Jahr stellte Reed einen Rekord im Marathonlauf auf (175 Kilometer in 22 Stunden) und erwies sich an seiner High School überdies als hervorragender Turner. Noch 1960 trainierte er im Ringturnen für die Olympischen Spiele, erwog aber nie eine professionelle Karriere als Sportler. Er beschloß außerdem, sich an der University of Colorado in Boulder für Geographie und Meteorologie einzuschreiben, um später zum Fernsehen gehen und die Wettervorhersage präsentieren zu können. Ein Entschluß, von dem er selbst nicht ganz überzeugt war, aber sein Vater hatte ihn dazu gedrängt. Sein Bruder Dale war bereits auf dem College gewesen, und ein zweites Studium konnte sich die Familie eigentlich nicht leisten, aber Dean Reed verdiente sich das Geld mit kleinen Auftritten als Sänger längst selbst. 1956 hatte er einen Auftritt mit dem 1890 in Kopenhagen geborenen Tenor Lauritz Melchior in einem Club namens Antelope Hunt in Lander, Wyoming. Melchior, der in Bayreuth und an der New Yorker Metropolitan Opera durch seinen Tannhäuser bekannt geworden war, hatte keinen Anschluß an das moderne Show Business gefunden. Er durfte zwar mal in der Fred Allen Show im Fernsehen Frank Sinatra imitieren, aber ab 1950 bekam er nur noch Auftritte in der Provinz. Dennoch war ein Auftritt im Vorprogramm des alternden Startenors durchaus ein gewisser Karrieresprung für einen jungen Countrysänger und zeugte von dessen Ehrgeiz.
Ein Jahr später spielte Dean Reed mit Valgene Allen aus San Francisco im Veterans Hospital in Denver. Allen trat häufig vor amerikanischen Soldaten und im Fernsehen auf. Dean Reed wurde in der »Denver Post« mit ihm in einem Atemzug genannt und avancierte nun zu einer lokalen Größe. Er war inzwischen ein regelmäßiger Gast auf der Bühne des Boulder Country Clubs, wo er 1956 auch bei einem Wohltätigkeitsdinner der American Cancer Society auftrat. Im April 1957 moderierte Dean Reed die Radiosendung UMC Music Lounge in Denver, legte populäre Westernsongs auf und spielte mit einer dreiköpfigen Begleitband live im Studio. Nebenbei arbeitete er weiter auf der Touristenranch, spielte am Lagerfeuer seine Country-Balladen für die Gäste und schrieb neue Songs, um nach Feierabend als »Denver Kid« mit ihnen durch die Bars der Umgebung zu tingeln.
Die Kneipiers schienen ihn zu mögen, so daß sich der junge Student ein ordentliches Zubrot verdienen konnte. Die Musik wurde für ihn zu einer größeren Leidenschaft als das Reiten und seine sportlichen Erfolge als Leichtathlet. Sein Vater jedoch schien in Sorge um den Sohn und zitierte für seine drei Sprößlinge gern die Titelzeile eines Faron-Young-Hits von 1955: »Live Fast, Love Hard, Die Young (And Leave A Beautiful Memory). Lebe schnell, liebe unerbittlich, stirb jung. Und hinterlasse ein wunderbares Andenken.« Der konservative Lehrer wollte dies als Warnung verstanden wissen, daß das Vorbild von James Dean nicht zur Nachahmung taugte. Nach Auskunft von Dale Reed sollte sich damit vor allem sein Bruder Dean angesprochen fühlen, aber der fühlte sich durch Faron Young erst recht inspiriert. Sein Berufswunsch stand fest. Er wollte Musik machen und ein Hollywood-Star werden.
Als Dean Reed im August 1958 seine Eltern besuchte, ließ er sich mit Kürbiskuchen und anderer Hausmannskost umsorgen, bevor er in seinen Wagen steigen und ein neues Leben beginnen sollte. Er war entschlossen, sein Studium nach vier Semestern abzubrechen. Dean Reed hatte andere Zukunftspläne und wußte, daß er diese in Colorado nicht verwirklichen können würde. Sein Vater wollte, daß er zum Militär ging oder