Don Bosco - eBook. Teresio Bosco

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Название Don Bosco - eBook
Автор произведения Teresio Bosco
Жанр Философия
Серия
Издательство Философия
Год выпуска 0
isbn 9783769880144



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Umwälzungen in Italien weiter. Als Antwort auf die unerbittliche und reaktionäre Restauration durch die Fürsten waren Geheimbünde entstanden, die den Aufruhr und die Revolution vorbereiteten.

      1820 flammte das revolutionäre Feuer in Spanien auf. Ein durch Militärrevolten gegen die Monarchie ausgelöster Volksaufstand zwang den dortigen König Ferdinand VII. dazu, dem Land im März diesen Jahres eine Verfassung zu geben, welche Grundrechte und allen männlichen Spaniern über 25 Jahren das Wahlrecht garantierte. Sechs Monate später sprang der Funke auch auf Italien über. Eine kleine Abteilung der Infanterie erhob im Königreich beider Sizilien den Ruf: „Es lebe die Freiheit, es lebe die Verfassung!“ Innerhalb von acht Tagen billigte König Ferdinand I. von Sizilien und Neapel daraufhin eine Verfassung nach dem spanischen Vorbild und schwor auf das Evangelium, sie auch einzuhalten. Am 10. März 1821 – Giovanni Bosco war damals sechs Jahre alt – begann der Aufstand des Militärs im Königreich Sardinien-Piemont, angeführt von dem piemontesischen Offizier Santorre di Santarosa. In der Stadt Alessandria wurde die blaue Fahne des regierenden Hauses Savoyen eingeholt und auf der Zitadelle die Trikolore gehisst, die blau-weiß-rote Fahne der Französischen Revolution, die für Freiheit und Menschenrechte stand. Auch andere Garnisonen erhoben sich. Von der Toskana aus marschierte ein Oberst an der Spitze seines Regiments nach Turin.

      König Vittorio Emanuele I. eilte erschrocken nach Turin und versammelte dort den Kronrat. Es wurde ihm empfohlen, eine Verfassung zu billigen, um nicht alles zu verlieren. Da erreichte ihn die Nachricht, dass Österreich beschlossen hatte, in Italien einzugreifen, „um die alte Ordnung wiederherzustellen“. Von den Ereignissen überwältigt, verzichtete Vittorio Emanuele zugunsten seines Bruders Carlo Felice auf den Thron. Da dieser sich aber gerade in Modena aufhielt, ernannte Vittorio Emanuele „stellvertretend“ seinen Neffen, den jungen, erst 23-jährigen Prinzen Carlo Alberto, zum Regenten, der eine liberale Verfassung unterzeichnete. Zwei Tage danach schwor er, diese Verfassung anzuerkennen und bildete eine neue Regierung.

      Als Carlo Felice I. in Modena einen Brief von Carlo Alberto erhielt, in dem dieser ihm alles berichtete, war er sehr verärgert und rief dem Edelmann Costa, der ihm den Brief überbracht hatte, zu: „Meldet dem Prinzen: Wenn er noch einen Tropfen unseres königlichen Blutes in seinen Adern hat, soll er sofort nach Novara kommen und dort meine Anordnung abwarten!“

      Im ersten Augenblick schien Carlo Alberto entschlossen, Widerstand zu leisten. Aber aus dem Königreich beider Sizilien erreichte ihn die Nachricht, dass dort ein österreichisches Heer die Truppen der Liberalen besiegt hatte. Das dortige Parlament war aufgelöst, die Verfassung wieder abgeschafft. Der junge Prinz verzichtete daher auf seine Regentschaft und forderte alle auf, sich König Carlo Felice I. zu unterwerfen.

      Carlo Felice I. zog bei seiner Rückkehr nach Sardinien-Piemont ein österreichisches Heer voraus, das die von Santarosa angeführten Aufständischen niederwarf und „die alte Ordnung wiederherstellte“. 70 Anführer der Revolution wurden zum Tode verurteilt, von denen allerdings 68 bereits in die Schweiz oder nach Frankreich geflohen waren. 300 Offiziere und Beamte wurden ihrer Posten enthoben.

      Motor der Umwälzungen von 1821 war aber lediglich das Bürgertum. Die Masse der Bauern und Arbeiter blieb den Neuerungen gegenüber gleichgültig, manchmal stand sie ihnen auch direkt feindselig gegenüber. König Carlo Felice I. jedoch verstand sich bei seiner Rückkehr nach Turin im Oktober 1821 als „König von Gottes und keines anderen Gnaden“. Sein Volk wollte er so regieren, wie ein strenger Vater eine Familie liederlicher Kinder führt. Die Vollstreckung der Todesstrafe und die Folterung von Oppositionellen sollte eine „heilsame Warnung“ für alle Hitzköpfe sein. Dies brachte dem König den Beinamen „der Grausame“ ein.

      Der kleine Seiltänzer

      Sein zehntes Lebensjahr war für Giovanni gekennzeichnet von dem Traum, über den wir bereits berichtet haben, also dem Traum von der großen Schar Jungen und dem Herrn, der zu ihm gesprochen hatte: „Nicht mit Schlägen, sondern mit Güte und Liebe wirst du sie als Freunde gewinnen“; dem Traum von der schönen Frau, die ihm gesagt hatte: „Zur rechten Zeit wirst du alles verstehen.“ Trotz der „klugen“ Worte der Großmutter hatte die Nacht, in der er diesen Traum gehabt hatte, Licht in das Dunkel von Giovannis Zukunft gebracht.

      Dieser Traum war richtungsweisend für das ganze zukünftige Leben Giovannis. Er war aber auch ausschlaggebend für das Verhalten der Mutter während der folgenden Monate und Jahre. Denn auch für sie bedeutete dieser Traum die Offenbarung eines höheren Willens, ein klares Zeichen der Berufung ihres Sohnes zum Priestertum. Nur so kann man sich die Unbeirrbarkeit erklären, mit der sie Giovanni auf den Weg dorthin geführt hat.

      In seinem Traum hatte Giovanni eine große Anzahl von Jungen gesehen und war dazu bestimmt worden, ihnen Gutes zu tun. Warum also sollte er nicht gleich damit anfangen? Er kannte ja bereits eine Reihe von Jungen: seine Spielkameraden, die kleinen Stallknechte auf den verschiedenen Höfen in der Gegend. Viele von ihnen waren recht gut, aber andere doch sehr grob und fluchten ständig.

      Während des Winters verbrachten viele Familien die Abende in einem großen Wohnstall, in dem die Ochsen und Kühe die Wärme lieferten. Während die Frauen spannen und die Männer ihre Pfeifen rauchten, las ihnen Giovanni aus Büchern vor, die er sich von Don Lacqua ausgeliehen hatte: „Guerin Maschino“, „Die Geschichte des Bertoldo“ oder auch „Die französischen Könige“. Er hatte damit ungeheuren Erfolg. „Alle wollten mich bei sich im Stall haben“, erzählte er später. „Um meine Kameraden versammelten sich Leute jeden Alters und sozialen Standes. Alle freuten sich, wenn sie einen Abend beim Zuhören verbringen konnten, während der kleine Vorleser auf einer Bank stand, damit ihn alle sehen konnten.“

      Das begehrteste Buch bei diesen Abenden war „Die französischen Könige“. Es erzählte von den wundersamen und etwas verwickelten Abenteuern Karls des Großen und seiner Gefolgsmänner sowie vom Zauberschwert Durlandana. „Vor und nach meinen Erzählungen“, so schrieb Don Bosco später, „machten wir alle das Kreuzzeichen und beteten ein ‚Gegrüßet seist du, Maria‘.“

      Die Trompeten der Gaukler

      All das änderte sich im Frühling. Die langen, dunklen Winterabende waren vorüber, und daher war auch das Vorlesen von langen Geschichten nicht mehr gefragt. Giovanni verstand, dass er sich, wenn er seine Freunde weiterhin um sich versammeln wollte, etwas ganz Besonderes ausdenken musste. Aber was?

      In dieser Zeit konnte man von dem nahe gelegenen Hügel die Trompeten der Gaukler hören, welche die Leute zum Jahrmarkt riefen. Dort wurde gekauft, verkauft, gehandelt und manchmal auch jemand übers Ohr gehauen. Und vor allem unterhielt man sich dort. Auch Giovanni ging mit seiner Mutter zum Jahrmarkt. Die Leute standen scharenweise um die Gaukler und Akrobaten. Taschenspieler und Zauberer brachten die Bauern mit ihren Tricks zum Staunen. So etwas könnte er doch auch machen, dachte Giovanni. Man bräuchte ja nur die Vorführungen der Akrobaten und die Tricks der Zauberkünstler genau zu beobachten.

      Die besten Vorführungen gab es jedoch beim Patroziniumsfest der örtlichen Pfarrkirche. Dann tanzten die Akrobaten auf dem Seil, und die Gaukler führten die ungewöhnlichsten Kunststücke vor: Sie zogen Tauben und Kaninchen aus einem Hut hervor, ließen Personen verschwinden, schnitten ein Seil auseinander und machten es durch eine Handbewegung wieder ganz. Besonders bewundert wurde das „Zahnziehen ohne Schmerz“.

      Aber um all diese Vorführungen sehen zu können, brauchte man eine Eintrittskarte, und die kostete zwei Soldi. Woher nehmen? Giovanni fragte seine Mutter. „Versuch, was du kannst,“ sagte sie, „aber frag mich nicht um Geld. Ich habe keins.“ Giovanni versuchte also, selbst Geld zu verdienen. Er fing Vögel und verkaufte sie, flocht Körbe und Käfige und verhandelte mit den Kaufleuten, sammelte Heilkräuter und brachte sie zu einem Fachmann nach Castelnuovo.

      So gelang es ihm, auf dem Jahrmarkt einen Platz in der ersten Reihe zu bekommen. Aufmerksam beobachtete er die Darbietungen der Artisten und verstand, dass der lange Stock, Balancierstange genannt, das Halten des Gleichgewichts auf dem Seil ermöglichte. Er bemerkte die raschen Fingerbewegungen, die die Tricks der Taschenspieler verbargen. Sogar den Kunststücken der Zauberer kam er auf die Schliche.

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