Don Bosco - eBook. Teresio Bosco

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Название Don Bosco - eBook
Автор произведения Teresio Bosco
Жанр Философия
Серия
Издательство Философия
Год выпуска 0
isbn 9783769880144



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Einmal, während eines Jahrmarkts im Jahr 1825, schaute Giovanni beim „Zahnziehen ohne Schmerz“ zu. Die angebliche Schmerzlosigkeit der Prozedur wurde einem „Zauberpulver“ zugeschrieben. Der Bauer, der sich dazu hergab, hatte einen wirklich schlechten Backenzahn. Der Gaukler tauchte zunächst seinen Finger in das Pulver und zog dann unter dem Lärm der Trompeten und Trommeln den Zahn mithilfe einer Zange, die er heimlich aus dem Ärmel hatte gleiten lassen, mit aller Kraft heraus. Der Bauer schlug mit den Beinen um sich und brüllte vor Schmerz. Aber die Trompeten übertönten ihn. Und der Gaukler schloss den Bauern so fest in die Arme, dass dieser keine Luft mehr bekam, und schrie: „Danke, danke, das Experiment ist gelungen!“ Giovanni war einer der Wenigen, die gesehen hatten, wie die Zange aus dem Ärmel des Gauklers geglitten war. Lächelnd ging er fort.

      Zu Hause versuchte er dann, die ersten Zaubertricks nachzumachen. „Ich übte Tag um Tag, bis ich es gelernt hatte.“ Bis es ihm gelang, Kaninchen aus einem Hut herauszuziehen und auf dem Seil zu gehen, brauchte es monatelange Übung und Ausdauer, und es gab so manchen Sturz. „Vielleicht glaubt ihr es mir nicht,“ schrieb Don Bosco später, „aber mit elf Jahren konnte ich die Spiele der Gaukler, den Salto mortale, auf den Händen gehen und auf dem Seil tanzen.“

      Vorführungen auf der Wiese

      An einem Sonntagabend, mitten im Sommer, kündigte Giovanni seinen Freunden schließlich seine erste Vorführung an. Auf einem Teppich aus Säcken, die er auf das Gras gelegt hatte, jonglierte er auf seiner Nasenspitze Dosen und Töpfe. Einen seiner kleinen Zuschauer ließ er den Mund aufmachen und zog dann Dutzende von bunten Bällchen daraus hervor. Er hantierte mit dem Zauberstab. Am Schluss sprang er auf das Seil und lief unter dem Beifall seiner Freunde darüber.

      Die Nachricht von der Vorführung ging von Haus zu Haus, und so wurde das Publikum immer zahlreicher. Groß und Klein, Mädchen und Jungen, ja, sogar alte Leute kamen. Es waren dieselben Menschen, denen Giovanni im Winter in den Wohnställen „Die französischen Könige“ vorgelesen hatte. Jetzt sahen sie erstaunt zu, wie er aus der Nase eines Bauern eine ganze Reihe von Münzen herauszog, wie er Wasser in Wein verwandelte, Trauben vermehrte, einer Frau die Tasche öffnen und aus dieser eine lebendige Taube fortfliegen ließ. Alle lachten, alle klatschten und alle freuten sich.

      Auch Giovannis Bruder Antonio ging hin, um sich die Darbietungen anzuschauen. Aber er setzte sich nie in die vorderen Reihen. Er mischte sich nicht unter die anderen, sondern versteckte sich hinter einem Baum, ging kurz hervor und verschwand dann wieder. Manchmal verspottete er den kleinen Seiltänzer: „Seht doch, den Hanswurst, den Faulenzer! Ich kann mir auf dem Feld die Knochen kaputt arbeiten, und er spielt den Scharlatan!“ Giovanni litt sehr darunter. Manchmal brach er dann die Vorführung ab, um sie 200 Meter weiter entfernt wieder zu beginnen, wo er vor Antonio Ruhe hatte.

      Er war schon ein besonderer „Scharlatan“, dieser Junge. Denn vor der letzten Nummer zog er den Rosenkranz aus der Tasche, kniete nieder und lud alle zum Beten ein. Oder er wiederholte die Predigt, die er am Morgen in der Pfarrkirche gehört hatte. Das war der Eintrittspreis, den er von seinem Publikum verlangte, den er sich von Groß und Klein zahlen ließ. In seinem späteren Leben sollte Giovanni bereitwillig große Mühen auf sich nehmen, aber als echter Piemontese sollte er auch dann immer einen Preis dafür verlangen – jedoch kein Geld, sondern einen Einsatz für Gott und die arme Jugend.

      Nach dem Gebet folgte stets das großartige Finale. Er spannte ein Seil zwischen zwei Bäume, kletterte hinauf und spazierte mit der Balancierstange in den Händen darüber, unter plötzlichem Schweigen und anschließendem stürmischen Beifall der Zuschauer „Nach einigen Stunden einer solcher Vorstellung,“ erinnerte er sich in späteren Jahren, „wenn ich recht müde war, hörte ich auf, sprach ein kurzes Gebet, und alle gingen nach Hause.“

      Giovannis Erstkommunion

      Im Jahr 1826 fiel Ostern auf den 26. März. An diesem Tag hatte Giovanni Erstkommunion in der Pfarrkirche von Castelnuovo. Hier seine Erinnerungen daran: „Meine Mutter half mir. Während der Fastenzeit hatte sie mich auf die Beichte vorbereitet. ,Mein Giovanni‘, sagte sie, ,Gott will dir ein großes Geschenk machen. Bereite du dich gut darauf vor. Beichte alles, bereue und versprich Gott, dass du in Zukunft braver sein willst.‘ Ich versprach alles. Ob ich es gehalten habe, weiß Gott. An diesem Morgen ging meine Mutter mit mir zur Kommunion. Sie bereitete mich vor und sprach mit mir die Danksagung. Sie wollte nicht, dass ich an diesem Tag irgendeine körperliche Arbeit verrichtete. Ich sollte lesen und beten.

      Öfters sagte sie: ,Das war ein großer Tag für dich. Gott hat von deinem Herzen Besitz ergriffen. Jetzt versprich ihm, alles zu tun, was du kannst, um dein ganzes Leben lang gut zu sein. Geh öfters zur hl. Kommunion, sag in der Beichte immer alles und sei gehorsam. Geh gern zur Katechese und zur Predigt. Aber meide aus Liebe zu Gott alle, die schlechte Reden führen.‘ Ich bemühte mich, die Ermahnungen meiner Mutter zu befolgen. Und ich glaube, dass ich mich von diesem Tag an gebessert habe, besonders in Bezug auf den Gehorsam und die Unterordnung, was mir sehr schwerfiel.“

      Der dunkelste Winter seines Lebens

      Der folgende Winter war für Giovanni der dunkelste seines Lebens. Die Großmutter war gestorben, Antonio, nun 18 Jahre alt, hatte sich der Familie immer mehr entfremdet, seine Wutanfälle wurden häufiger. In den letzten Oktobertagen des Jahres 1826 erwähnte Mar­gherita, dass sie Giovanni vielleicht für ein weiteres Jahr zu Don Lacqua in die Schule schicken würde. Dort würde er sich die Grundkenntnisse in Latein erwerben können. Antonio aber fuhr hoch: „Was, Latein? Wozu brauchen wir im Haus Latein? Arbeiten soll er, arbeiten!“

      Höchstwahrscheinlich hat Margherita daraufhin angedeutet, dass Giovanni Priester werden wolle. Für Antonio aber war das etwas Unmögliches. „Um Priester zu werden“, so musste Giovanni nun immer wieder von ihm hören, „braucht man 10.000 Lire.“ Das war eine ungeheure Summe für eine Bauernfamilie in jener Zeit. Unter dem Vorwand, für seine Tante Marianna und den Großvater, die in Capriglio wohnten, Besorgungen zu machen, gelang es Giovanni einige Male, zu Don Lacqua zu gehen, auch im Winter 1826/27. Antonio aber murrte erbittert. Eines Tages brach der Konflikt dann offen aus. Don Bosco erzählt: „Antonio sagte zuerst zu meiner Mutter und dann zu meinem Bruder: ,Jetzt reicht es mir! Schluss mit dieser Grammatik! Ich bin auch groß geworden und habe nie Bücher gehabt.‘ Niedergeschlagen und zugleich wütend antwortete ich, wie ich es nicht hätte tun sollen: ,Auch unser Esel ist nie in die Schule gegangen und ist stärker als du.‘ Bei diesen Worten sprang Antonio wütend auf, und nur mit Mühe konnte ich einer Tracht Prügel entgehen. Meine Mutter war traurig und weinte.“

      So ging es noch einige Zeit weiter. Die Spannungen nahmen zu. Antonio war ein Dickschädel, und auch Giovanni wollte sich nicht geschlagen geben. Er reagierte heftig. Wegen eines Buches, das Giovanni neben seinen Teller gelegt hatte, kam es dann zu dem Krach, von dem zu Beginn dieses Buches berichtet wurde. Am folgenden Morgen aber sagte Mar­gherita die traurigen Worte: „Es ist besser, wenn du aus dem Haus gehst.“ Und so kam Giovanni an einem nebeligen Februartag des Jahres 1828 auf dem Hof der Familie Moglia an. Er wurde als Stallknecht eingestellt, weil er so verzweifelt weinte.

      Zwei Jahre Bauernhof und ein Jahr Pfarrhaus

      Einige Tage, nachdem Giovanni seinen Dienst bei der Familie Moglia angetreten hatte, sagte Luigi Moglia zu seiner Frau Dorotea: „Es war nicht schlecht, dass wir diesen Jungen genommen haben.“ Denn Giovanni hatte sich ernstlich in die Arbeit gestürzt. Er zeigte sich willig und folgsam. Seine Aufgabe bestand darin, den Stall zu versorgen. Die schwerste Arbeit dabei war es, jeden Tag die Streu für die Kühe zu erneuern. Den Mist räumte er mit der Gabel hinaus und brachte ihn mit dem Schubkarren weg. Dann hatte er das Vieh zu striegeln, es zur Tränke zu bringen, auf den Heuboden zu steigen und das Heu in den Futtertrog zu werfen. Zuletzt waren noch die Kühe zu melken.

      Auch beim Abendgebet kannte er seine Aufgabe, und Dorotea ließ ihn manchmal den Rosenkranz vorbeten. Zum Schlafen erhielt er ein kleines helles Zimmer mit einem guten Bett. Das war sogar besser als zu Hause in Becchi, wo er das Zimmer mit seinem Bruder Giuseppe teilen musste, und manchmal sogar mit Antonio. Nach einigen Abenden traute