Название | Don Bosco - eBook |
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Автор произведения | Teresio Bosco |
Жанр | Философия |
Серия | |
Издательство | Философия |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783769880144 |
Im September 1829 kam Don Giovanni Melchiorre Calosso, ein 70-jähriger Priester, als Kaplan nach Morialdo. Einige Jahre vorher hatte er aus gesundheitlichen Gründen seine Pfarrstelle in Bruino aufgegeben. Nicht lange danach, im November, fand in Buttigliera eine Volksmission statt. Giovanni nahm daran teil, und auch Don Calosso ging dorthin.
Auf dem Heimweg fiel dem alten Priester dieser 14-Jährige auf, der unter den ganzen Leuten alleine heimging. „Woher bist du?“, fragte er ihn. „Aus Becchi. Ich war bei der Missionspredigt.“ „Wer weiß, was du verstanden hast, bei den vielen lateinischen Zitaten.“ Dabei schüttelte er sein weißes Haupt. „Wahrscheinlich hätte dir deine Mutter eine zweckmäßigere Predigt halten können.“ „Das ist wahr,“ entgegnete Giovanni, „meine Mutter hält mir auch manche gute Predigt. Aber ich glaube, dass ich den Missionar verstanden habe.“ „Also gut, wenn du mir vier Sätze aus der heutigen Predigt sagen kannst, bekommst du vier Soldi.“
Giovanni nahm das Angebot an, und in aller Ruhe wiederholte er dem Kaplan die ganze Predigt, so, als würde er aus einem Buch vorlesen. „Wie heißt du?“, fragte Don Calosso erstaunt. „Giovanni Bosco. Mein Vater ist gestorben, als ich noch klein war.“ „Und welche Schule hast du besucht?“ „Lesen und Schreiben habe ich bei Don Lacqua in Capriglio gelernt. Ich möchte gern studieren, aber mein großer Bruder will nichts davon wissen, und die Pfarrer von Castelnuovo und Buttigliera haben keine Zeit, mir zu helfen.“ „Warum möchtest du denn studieren?“ „Um Priester zu werden.“ „Sag deiner Mutter, sie soll zu mir kommen. Vielleicht kann ich dir helfen, auch wenn ich schon alt bin.“
Bald darauf saß Margherita vor dem Schreibtisch Don Calossos und hörte ihn sagen: „Euer Sohn hat ein phänomenales Gedächtnis. Man muss ihm sofort das Lernen ermöglichen, ohne Zeit zu verlieren. Ich bin zwar schon alt, aber was ich noch tun kann, will ich tun.“ Sie kamen überein, dass Giovanni tagsüber bei Don Calosso bleiben und dort lernen sollte, denn dieser wohnte nicht weit von Becchi entfernt. Nur zum Schlafen sollte Giovanni nach Hause gehen, und auch wenn die Feldarbeit drängte, sollte er zu Hause helfen.
Giovanni bekam nun mit einem Schlag, was ihm so lange gefehlt hatte: väterliche Zuversicht, Sicherheit und Vertrauen. „Ich gab mich sofort ganz in die Hände Don Calossos,“ schrieb Don Bosco später, „ich gab mich ihm vollständig zu erkennen. Ihm offenbarte ich, was ich sagte und dachte. Jetzt wusste ich, was es heißt, jemanden zu haben, der mich führte und der mir Freund war, etwas, das ich bis dahin hatte entbehren müssen. Unter anderem verbot er mir eine bestimmte Bußübung, die zu machen ich gewohnt war, die aber meinem Alter nicht angemessen war. Er ermutigte mich, oft die Sakramente zu empfangen und lehrte mich, täglich eine kurze Meditation, besser gesagt, eine geistliche Lesung zu machen.“
„Mit ihm starb jede Hoffnung“
Etwa ab September 1830 – und vielleicht, um jeder noch verbliebenen Spannung mit Antonio aus dem Wege zu gehen – blieb Giovanni auch über Nacht bei Don Calosso. Nur einmal in der Woche ging er heim, um die Wäsche zu wechseln. Beim Lernen kam er rasch voran. Don Bosco erinnerte sich später mit begeisterten Worten an jene Tage: „Niemand kann sich vorstellen, wie wohl ich mich fühlte. Ich liebte Don Calosso wie einen Vater und tat alles für ihn. Dieser Mann Gottes hatte mich sehr gern und sagte oft: ,Mach dir keine Sorgen um deine Zukunft. Solange ich lebe, lasse ich es dir an nichts fehlen, und wenn ich sterbe, werde ich auch für dich vorsorgen.‘ Ich war glücklich, bis mir ein tragisches Ereignis jede Hoffnung zerstörte.“
An einem Novembermorgen des Jahres 1830, als Giovanni gerade zu Hause war, um seine Wäsche zu wechseln, kam jemand und sagte, dass es Don Calosso schlecht ginge. „Ich lief nicht hin, ich flog“, erinnert sich Don Bosco. Don Calosso hatte einen Herzinfarkt gehabt. Zwar erkannte er Giovanni, war aber nicht fähig zu sprechen. Er wies auf einen Schlüssel zu einer Schublade hin und erklärte Giovanni per Zeichen, er solle diesen Schlüssel niemandem anders geben. Das war alles. Giovanni weinte verzweifelt über der Leiche seines „zweiten Vaters“. „Mit ihm starb jede Hoffnung“, schrieb er später.
Eine Hoffnung war ihm aber zunächst noch geblieben: der Schlüssel. In der Schublade lagen 6.000 Lire, und aus den Gesten Don Calossos war klar hervorgegangen, dass dieses Geld für Giovanni bestimmt war, für seine Zukunft. Manche der Anwesenden aber meinten, dass die Gesten eines Sterbenden nichts aussagen würden und dass nur eine testamentarische Regelung entscheiden könnte.
Die Neffen Don Calossos benahmen sich wie rechtschaffene Menschen. Sie informierten sich und sagten dann zu Giovanni: „Es scheint, dass der Onkel dir das Geld überlassen wollte. Nimm dir also, so viel du willst.“ Giovanni dachte ein wenig nach, dann sagte er entschlossen: „Ich will nichts.“ In seinen „Erinnerungen“ fasste Don Bosco dieses Ereignis später mit einem Satz zusammen: „Die Erben Don Calossos kamen, und ich händigte ihnen den Schlüssel aus.“
Es war eine rasche, aber sicher gut überlegte Entscheidung, mit der er verhinderte, dass bei einem anderen Verhalten eventuell später Verdächtigungen aufgetreten wären, er hätte sich das Geld unrechtmäßig angeeignet. Später, als Priester, sollte er als Leitgedanken einen Satz wählen, der ebenso entschlossen war: „Da mihi animas, cetera tolle“ („Gib mir Seelen, alles andere nimm“). Jetzt aber war Giovanni wieder allein. „Ich weinte untröstlich“, schrieb er später darüber.
Schulbesuch in Castelnuovo
Und doch musste es weitergehen. Um jeder neuen Auflehnung Antonios zuvorzukommen, entschloss sich Margherita, die Güter mit ihm zu teilen. Es gab dazu auch einen Grund, der die Sache selbst wenig wohlwollenden Außenstehenden verständlich machte. Antonio stand vor der Heirat. Am 21. März 1831 würde er Anna Rossa in Castelnuovo zum Altar führen.
Die Felder wurden also aufgeteilt, und vom Haus erhielt Antonio die nach Osten gerichtete Hälfte – mit der Holztreppe und der guten Stube im ersten Stock – als Eigentum. Die andere Hälfte bewohnte Margherita weiter mit Giuseppe und Giovanni.
Im Dezember 1830 machte sich Giovanni auf den Weg nach Castelnuovo, um dort die öffentliche Schule zu besuchen. Neben der Volksschule hatte die Gemeinde einen in fünf Klassen gegliederten Lateinkurs eröffnet. Die wenigen Schüler hatten zusammen nur einen einzigen Raum und wurden nur von einem Lehrer, Don Emanuele Virano, unterrichtet.
Beim Schneider Roberto in Pension
Die fünf Kilometer, die Castelnuovo von Becchi entfernt liegt, schienen für den 15-jährigen Giovanni ein schier unüberwindliches Hindernis zu sein. Da der Unterricht am Vormittag dreieinhalb und am Nachmittag drei Stunden dauerte, musste sich Giovanni am Morgen mit einem Stück Brot auf den Weg machen, zum Mittagessen nach Hause zurückkehren, am Nachmittag wieder nach Castelnuovo gehen und am Abend erneut zurückkommen. Das waren 20 Kilometer jeden Tag, ein viel zu weiter, sinnloser Weg.
Nach ein paar Tagen, wahrscheinlich beim ersten Schnee, wurde das geändert. Onkel Michele fand in Castelnuovo bei einem guten Menschen eine Halbpension für Giovanni, nämlich bei Giovanni Roberto, dem Schneider und Musiker. Bei ihm konnte Giovanni Bosco über Mittag bleiben, das heißt das essen, was er in seinem Blechnapf mitgebracht hatte. Aber auch fünf Kilometer am Morgen und fünf Kilometer am Abend sind besonders im Winter keine Kleinigkeit. Zwar marschierte Giovanni gern, und wenn der Weg infolge des Regens ein einziger Sumpf war, zog er wie alle Bauern seine Schuhe aus und hängte sie sich mit einem Riemen um die Schultern. Regen und Wind, Sonne und Staub waren abwechselnd seine Begleiter.
An manchen Januartagen aber war das Wetter doch zu schlecht. Dann fragte er Herrn Roberto, ob er nicht bei ihm im Raum unter der Treppe schlafen könne. In diesem Fall aber hatte er eben kein Abendbrot. Da Margherita befürchtete, dass ihr Sohn unter diesen Umständen krank werden würde, verhandelte sie mit dem Schneider. Für einen vernünftigen Preis, der auch in Naturalien abgegolten werden konnte, nahm Herr Roberto ihn in „Vollpension“ auf. Er gab Giovanni am Mittag und Abend eine warme Suppe und den Raum unter der Treppe zum Schlafen. Für Brot sorgte die Mutter.
Sie selbst begleitete ihn nach Castelnuovo und trug die Tasche mit dem Hausrat, der für einen 15-Jährigen