The Family (Deutsche Edition). Ed Sanders

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Название The Family (Deutsche Edition)
Автор произведения Ed Sanders
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783862871469



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aufging, dass seine Tochter von einem Exhäftling angebumst worden war.

      Mary Jo schleppte sich recht und schlecht durch ihre Krise, dann ging es ihr bald wieder besser. Ihr Vater brachte sie eiligst fort in ein privates Erholungsheim. Irgendwie fand Manson ihre Telefonnummer heraus und rief sie wiederholt an. Mary Jo erzählte ihrem Vater, dass sie sehr verliebt sei in Manson. Darauf schnüffelte der Vater in Hollywood herum und stieß auf einige Leute, die behaupteten, Manson hätte sich auch als Zuhälter betätigt. In dem Bericht des Bewährungshelfers über jene Zeit heißt es, dem Vater sei »elend gewesen bei dem Gedanken, dass dieser Kerl vorhatte, seine Tochter und Rita für sich arbeiten zu lassen«. Zu seinem Entsetzen erfuhr er, dass Manson, den seine Tochter liebte, in derselben Nacht, als er die in Lebensgefahr schwebende Mary Jo ins Krankenhaus brachte, ihre Zimmergefährtin Rita verführt hatte.

      Am 29. Februar 1960 suchte der Vater Mansons Bewährungshelfer auf, um sich bei ihm zu beschweren. Der Vater, ein erfahrener Versicherungsdetektiv, hatte sich bereits die Füße wund gelaufen, um Angaben über Manson zu bekommen. Er war wütend darüber, dass Manson sich weigerte, Mary Jos Sachen herauszugeben. Er hatte sogar versucht, die Polizei von Pasadena dazu zu bewegen, Manson zu verhaften, allerdings ohne Erfolg.

      Am gleichen Nachmittag, nachdem er bei dem Bewährungshelfer gewesen war, fuhr der zornige Vater zu Mansons Pension in Pasadena, wo er entdecken musste, dass Manson seine Bude aufgegeben, aber Mary Jos Gepäck mitgenommen hatte. Der Vater war entsetzt über die Fotos von halbnackten kleinen Mädchen, die Charlie zurückgelassen hatte. Ein Polizeibeamter, der in der gleichen Pension wohnte, charakterisierte Manson als einen »Sexomanen« und deutete an, dass Manson möglicherweise Pornofotos aufgenommen habe, um sie außerhalb Kaliforniens zu verkaufen.

      Für Manson war alles aus. Die Justizmaschinerie begann sich in Bewegung zu setzen.

      Im April 1960 sang Candy Stevens vor der Grand Jury eines Bundesgerichts, und am 27. April wurde gegen Manson wegen Verstoßes gegen §18, Absatz 2421 – »Beförderung von Frauen im zwischenstaatlichen Handel zum Zwecke der Prostitution« – Anklage erhoben. Anscheinend hatte er selbst die jungen Damen Candy und Elizabeth am 12. Dezember 1959 von Kalifornien in einem gestohlenen Triumph-Kabrio nach New Mexico gebracht.

      Auf Antrag der Bundesbewährungsstelle hob Richter William Mathes die bedingte Strafaussetzung im Zusammenhang mit dem Scheckbetrugsverfahren auf. Am 25. Mai 1960 wurde die Kaution auf zehntausend Dollar festgesetzt. Am 1. Juni 1960, eine Woche nach Erlass des Haftbefehls, wurde Charlie im texanischen Laredo festgenommen, man beschuldigte ihn, gegen den sogenannten Mann Act verstoßen zu haben, indem er Frauen zum Zwecke der Prostitution über Staatsgrenzen transportiert habe. Einige Tage später, am 16. Juni, wurde Manson den Behörden in Los Angeles überstellt.

      Am 23. Juni 1960 verurteilte Richter Mathes Manson zu zehn Jahren Freiheitsentzug, zu verbüßen im Bundesgefängnis McNeil-Island im Staate Washington. Am 10. Juli 1960 wurden die Anklagen wegen Kuppelei fallengelassen, doch war Manson bereits wegen Verstoßes gegen die Bewährungsbestimmungen verurteilt worden.

      Manson war ein Jahr, acht Monate und zwei Tage frei gewesen. Er legte Berufung gegen das auf zehn Jahre lautende Urteil ein und blieb ungefähr ein Jahr lang im Bezirksgefängnis von Los Angeles, das sich in den oberen Stockwerken der Hall of Justice befindet, wo er zehn Jahre später wegen Mordes vor Gericht gestellt werden sollte.

      Im Juni 1961 gab er, nachdem seine Berufung abgewiesen worden war, auf und ließ sich ins Gefängnis McNeil-Island überführen.

      Im Dezember 1963 schrieb Mansons Mutter, die inzwischen offenbar wieder verheiratet war und jetzt in Spokane, Washington wohnte, einen Brief an Richter Mathes und bot ihr Haus als Sicherheit für Mansons Freilassung an. Der Richter ließ ihr zurückschreiben, nach neunzig Tagen habe er nicht mehr die rechtliche Möglichkeit, ein verhängtes Urteil abzuändern.

      Den größten Teil der Sechziger Jahre saß Manson im Gefängnis, in der unruhigen Zeit der verschiedenen Befreiungsbewegungen innerhalb und außerhalb der USA, der Aufstände, der Attentate, des Beginns von Vietnam, der Friedensmärsche, der sexuellen Befreiung, des Rock 'n' Roll, der Beatles, der Beach Boys, des Napalms, des Hare Krishna und der wachsenden Auflehnung der Frauen gegen ihre Unterdrückung (eine Bewegung, von der Manson kaum eine Ahnung hatte). Während all dies geschah, saß Charlie seine Strafe ab und erfuhr von der Wirklichkeit nur durch Zeitschriften und Hörensagen.

      Und während er seine Gefängnistage zählte, begann er sich intensiv mit Magie, Zauberei, Hypnotismus, Astralprojektion, Freimaurerei, Scientology, Ego-Spielen, unterschwelliger Beeinflussung, Musik und möglicherweise auch mit dem Rosenkreuzertum zu beschäftigen – vor allem aber mit Hypnotismus und unterschwelliger Beeinflussung. Er schien entschlossen, sich beider zur Beherrschung anderer zu bedienen.

      Ein Zellengenosse Mansons erinnert sich lebhaft an den großen Charlie-Manson-Kopfhörer-Schwindel. Mit Hilfe des Gefängnisrundfunksenders manipulierte Manson alle Insassen des McNeil-Island-Gefängnisses durch »posthypnotische Suggestion«, wie es sein Zellengenosse nannte. Jeder Häftling konnte mit Kopfhörern, die an den Pritschen in den Zellen hingen, den Sender hören. Manson schmiedete einen »Geheimplan«, wonach der Sender um drei Uhr nachts über die Kopfhörer Botschaften ausstrahlen sollte. Die Botschaft oder Anweisung wurde ständig wiederholt. Die Gefangenen wurden aufgefordert, ihre Kopfhörer nachts so an ihr Bettgestell zu hängen, dass die Botschaften von den Schlafenden aufgenommen wurden, aber nicht die Aufmerksamkeit der Wachen erregten.

      Die Geschichte geht noch weiter. Das Gefängnis hatte eine Basketballmannschaft, die nur selten ein Spiel gewann. Manson strahlte Botschaften an die schlafenden Insassen aus, in denen er sie drängte, dem nächsten Spiel beizuwohnen und die McNeil-Island-Mannschaft anzufeuern. Dann wettete Charlie mit den eifrigen neuen Fans darauf, dass die gegnerischen Mannschaften gewinnen würden, und hatte sich rasch zweihundert Packungen Zigaretten (in US-Gefängnissen die übliche Währung) erwettet.

      Dann war da noch der Applaus-Schwindel: Über die Kopfhörer suggerierte Manson seinen Mithäftlingen, sie sollten ihm, wenn er bei einem Talentwettbewerb im Gefängnis als Sänger auftrat, lange applaudieren. Manson gewann den Wettbewerb mit seinem Kopfhörertrick, jedenfalls bekam er offenbar begeisterten Applaus von einiger Dauer.

      Es entbehrt nicht der Ironie, dass Manson im Gefängnis anscheinend zu einem Schützling des Prohibitions-Gangsters Alvin Karpis wurde, eines Mitglieds der berüchtigten Barker-Karpis-Gang, die vierzehn Todesopfer auf dem Gewissen hatte. Alvin »Old Creepy« Karpis brachte Manson bei, Steel-Gitarre zu spielen, und scheint dem jungen Mann auch sonst ein Ratgeber gewesen zu sein, obgleich er in einem Interview nach Mansons Verhaftung erklärte, von Manson hätte er zuallerletzt erwartet, dass er sich ins »Massenmordgeschäft einlassen würde«.

      »Charlie hatte sich an diese neue Sache, die man ›Scientology‹ nennt, gehängt«, sagte Karpis. »Er meinte, damit könnte er alles erreichen oder alles werden. Vielleicht hatte er recht. Der Junge hat versucht, 'ne Menge andere Typen mit seiner Scientology zu lenken, aber landen konnte er bei keinem.«

      Bei Scientology handelt es sich um eine an die Seelenwanderung glaubende Sekte. Ihre Anhänger behaupten, man könne Dinge über sein vergangenes Leben erfahren und lernen, den Körper zu verlassen – sich zu »veräußerlichen« – und große Macht und Unsterblichkeit zu erlangen. Manson hörte von Scientology durch einen gewissen Lanier Ramer, ferner durch einen Gene Deaton und durch Jerry Milman, der Mansons Zellengenosse im Gefängnis McNeil-Island war.

      Laut Mansons Anhängern war Lanier Ramer ein eifriger Scientologe gewesen und sogar Doktor der Scientology geworden, eine frühe Würde, die von der Bewegung heute nicht mehr verliehen wird.

      Ramer löste sich von Scientology und gründete eine eigene Gruppe. Er wurde wegen eines bewaffneten Raubüberfalls verhaftet und später nach McNeil-Island geschickt.

      Manson erzählte einem Gefängnisbesucher, er hätte im Gefängnis hundertfünfzig »Schulungssitzungen« mitgemacht – offenbar unter Lanier Ramer. Er behauptete, er hätte sich die scientologische Methode sehr rasch angeeignet, weil sein »Geist nicht programmiert war«. Aber Manson war in keiner Weise ein »Produkt« von Scientology; er entlehnte von ihr lediglich