Название | 3 zu viel für diesen Job |
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Автор произведения | Herwig Silber |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783943941593 |
»Sind Sie angemeldet?«
»Nein, aber Sie waren so freundlich, mir zu öffnen.«
»So«, entgegnete sie. »Ich wollte eigentlich nur die Kollegin reinlassen.« Eine schlanke Frau schlängelte sich hinter Herzberg in den Empfangsbereich.
»Wir haben bereits geschlossen«, sagte die Kollegin schnippisch und rauschte erhobenen Hauptes an ihm vorbei, in eines der angrenzenden Büros.
»Ich hatte heute geschäftlich in Hannover zu tun.« Herzberg ließ sich nicht beirren, sein Bariton vibrierte sanft, während er sich liebenswürdig lächelnd auf das Empfangsfräulein konzentrierte. »Vorhin, beim Durchblättern der Zeitung, fiel mir Ihre Annonce in die Augen.« Er wedelte mit seiner Visitenkarte. »Und da ich über langjährige Erfahrungen in der Personalberatung verfüge, habe ich mich spontan entschlossen, mal bei Ihnen vorbeizuschauen.« Er blinzelte munter mit den Augendeckeln. Das blonde Gift schien zu zögern.
»Wir sind heute eigentlich schon ausgebucht. Außerdem ist gleich Feierabend.« Herzberg holte Luft, wollte gerade eine Kostprobe seiner bewährten Überredungskünste geben, als sich links von ihm eine gepolsterte Tür öffnete. Ein junger Mann mit hochrotem Kopf kam heraus, von einem älteren Herrn jovial hinauskomplimentiert.
»Herzlichen Dank, Sie haben sich redlich bemüht. Aber leider«, der Ältere zog bekümmert die Stirn in Falten, »es hat nicht gereicht. Ich sage Ihnen das ganz offen. Warum sollten Sie sich falsche Hoffnungen machen?« Der Kandidat war dabei, seinen Mantel von der Garderobe zu nehmen, als der Ältere Herzberg bemerkte.
»Wir haben geschlossen, kommen Sie morgen wieder«, befand er schroff.
»Guten Abend, Herr Valander.« Herzberg ging aufs Ganze. »Ich bin freier Unternehmensberater, Persönlichkeitstests sind meine Spezialität und da ich ganz zufällig heute in der Stadt bin«, er strahlte mit dem gewinnendsten Lächeln, das ihm zu Gebote stand, »würde ich mich Ihnen gerne vorstellen.«
»Kennen wir uns?«, wunderte sich der Ältere.
»Der spannende Artikel in der Fachzeitschrift, dazu Ihr Bild, ich habe Sie sofort wiedererkannt.« Glück gehabt, dachte Herzberg, dieser Schuss ins Blaue saß. Valander war bemüht, sich nicht anmerken zu lassen, dass er sich geschmeichelt fühlte. Nur die Hemdknöpfe spannten jetzt noch ein wenig stärker über seiner Brust.
»Also gut, wenn Sie schon mal da sind, dann zeigen Sie, was Sie auf dem Kasten haben. Aber ich muss Sie vorwarnen«, Valanders Miene überzog ein Hauch von Strenge, »die Prüfung ist nicht leicht. Deshalb seien Sie nicht enttäuscht, wenn Sie den Test vergeigen, Herr …?«
»Herzberg! Weshalb sollte ich enttäuscht sein, Herr Valander? Im Gegenteil, ich bin stets beeindruckt von ausgeklügelten Testmethoden, von solchen, die den Kandidaten fordern, anstatt ihn zu langweilen.«
»Ach ja, tatsächlich? So was hört man selten. Alle, die bis jetzt dran waren, schienen mir davon überhaupt nicht begeistert, eher nervlich strapaziert. Aber meine Kundschaft erwartet Berater, die über eine tipp-topp Performance verfügen, verstehen Sie? Darauf richte ich mein ganzes Augenmerk, bevor ich mich für jemanden entscheide.« Er rieb die Fingerspitzen leicht aneinander. »Ehe wir uns hier im Vorzimmer weiter verplaudern, können wir auch gleich zur Tat schreiten, das heißt, wenn Sie das möchten.« Valanders Augen huschten prüfend vom breiten Scheitel bis zu Herzbergs blank gewienerten Schuhen.
»Ich wüsste nicht, was mich davon abhalten sollte«, erklärte Herzberg forsch. Valander griente hintergründig.
»Also gut, dann zeigen Sie mal, was in Ihnen steckt.« Der Alte schob den Kandidaten in sein, mit schweren englischen Möbeln ausgestattetes Büro. Ein schäbiger Beistelltisch voller Akten und ein altersschwacher Drehstuhl im hinteren Eck wirkten seltsam fremd inmitten des noblen Interieurs.
»Kommen wir zum Rollenspiel.« Valander ließ sich in den gewaltigen Ledersessel hinter dem klotzigen Schreibtisch fallen, schob die Beine auf die Schreibunterlage und faltete gemütlich die Hände vor der Brust. »Sie heißen Waldemar Mops.« Valander musste bezüglich seiner Namenskreation ein wenig grinsen. »Sie sind ab sofort mein Assistent, den ersten Tag im Einsatz und gleich für alles verantwortlich.« Er beobachtete Herzberg, der gespannt zuhörte. »Eingestellt hat Sie meine Frau, gegen meinen Willen. Aber was soll ich machen, sie ist die Inhaberin und ich nur der leitende Angestellte.« Im Raum war es unerträglich heiß, obwohl die Fenster weit offen standen und kühle Abendluft hereinwehte. »Noch irgendwelche Fragen?« Valander schubberte mit dem Hinterteil auf dem Drehsessel herum. Herzberg blickte sich im Zimmer um.
»Wo ist mein Arbeitsplatz?«
»Da hinten.« Valander deutete mit herablassender Geste auf einen schäbigen Beistelltisch, auf dem bereits unablässig das Telefon schnarrte.
»Was ist los, Herr Mops«, Valanders Stimme schrillte wie eine hochtourige Kreissäge, »sind Sie taub? Telefon!«
»Wie heißt die Firma, auch Valander?« Herzberg war in die Ecke gesaust und hielt bereits den Hörer in der Hand.
»Wie kommen Sie auf Valander, Mops? Fiedel heißen wir ab jetzt. Also, ran an den Speck, Kundschaft.« Winzige Lachfältchen in Valanders Gesicht verrieten sein diebisches Vergnügen an dem Spiel. Herzberg meldete sich artig.
»Agentur Fiedel, guten Abend, was kann ich für Sie tun?« Am Ende der Leitung schnaufte ein Rhinozeros.
»Was Sie für mich tun können, Sie Armleuchter? Mir endlich den Bericht schicken, auf dem Sie sich seit einem Monat Ihren pickligen Arsch breitsitzen … Mit wem, zum Teufel, spreche ich eigentlich?«
»Mops, ich bin der neue Assistent von Herrn Fiedel.«
»Mops – Fiedel? Wollen Sie mich verarschen?«, schnappte das Tier an Herzbergs Ohr gurgelnd nach Luft. »Aber die gute Laune wird Ihnen noch vergehen. Geben Sie mir Ihren Chef, Mops oder wie immer Sie heißen.« Herzberg deutete stumm auf den Hörer. Valander wehrte heftig ab, schloss in Windeseile sämtliche Fenster und eilte aus dem Büro. Herzberg widmete sich wieder dem Teilnehmer.
»Ich werde mich sofort um alles kümmern. Wenn Sie mir bitte das Thema des Berichts, Ihren Namen und Ihre Telefonnummer nennen würden.«
»Ach so, Sie wollen mich abwimmeln, verstehe. Aber, so haben wir nicht gewettet. Sie sagen mir jetzt auf der Stelle, was mit dem Bericht los ist, klar.«
»Herr Mops«, krächzte eine weibliche Stimme aus der Gegensprechanlage. »Der Chef muss dringend zum nächsten Termin. Er braucht die Akte Schweikart. Ist die schon abschließend bearbeitet?«
»Moment, ich habe hier einen Kunden …«
»Der Chef braucht den Vorgang jetzt!«
»Sofort, ich schau gleich nach.«
»›Ich schau gleich nach, ich schau gleich nach‹, was ist das nur für eine Trantüte«, grummelte es aus dem Telefon. »Haben Sie überhaupt kapiert, wovon ich rede, Meister? Das ist doch nicht zu fassen!«
»Ich verstehe Ihre Ungeduld, aber es dauert noch einen klitzekleinen Moment.« Herzberg begann, den Hörer zwischen Ohr und Schulter geklemmt, fieberhaft erst seinen, dann Valanders Schreibtisch abzusuchen. In einem mit Schriftstücken vollgestopften Pultordner wurde er fündig. Herzberg schnappte sich die Akte »Schweikart«, stürzte mit dem Telefon am langen Kabel aus dem Raum und drückte sie dem nervös auf und ab laufenden Valander in die Hand.
»Seien Sie versichert, mein Herr«, flötete Herzberg in die knisternde Leitung, »wir alle tun unser Möglichstes. Aber ich muss zumindest einen Anhaltspunkt haben, wonach ich suchen soll.« Aus dem Hörer gurgelten Laute, die wie »Qualm« klangen. »Aha, Sie sprechen vom Ergebnis der Raucherkampagne?«, bemerkte Herzberg arglos.
»Ich