Название | Mudlake - Willkommen in der Hölle |
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Автор произведения | M.H. Steinmetz |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783961881437 |
Joshua schloss die Augen und stieß zu. Direkt in die Brust des Jungen, der den Stoß willig in sich aufnahm, weil es für ihn in der Tat die Erlösung bedeutete. Gleichzeitig zischte Andersons Säbel durch die Luft und schlug ihm den Kopf ab.
»Sauf, du Hurensohn! Sauf das Blut deines Schülers!«, schrie er wie von Sinnen, während der enthauptete Körper gegen Joshua kippte und ihn aus dem Halsstumpf mit Blut übergoss.
Joshua brach wimmernd in die Knie und warf den Dolch weg, als hätte er sich an ihm verbrannt. Bloody Bill Anderson streichelte gedankenverloren den schmierigen Skalp auf Joshuas Kopf. »So werde ich meine zweiundzwanzig Schüler der Hölle nähren, jetzt wie in späteren Tagen …«
Die Hitze der Jugend
Vivian jauchzte vor Freude. Sie lief um die Ladentheke herum und dem Postboten entgegen, der sich mit dem größten Paket abmühte, das sie je bekommen hatte. Überhaupt war es das erste richtige Paket, das sie in ihren siebzehnjährigen Leben bekam.
Oh bitte, Herr, es muss für mich sein!
Mit einem Ruck riss sie die gläserne Ladentür auf, dass das kleine Glöckchen darüber wild bimmelte und fast durch den Laden flog. »Chuck, endlich!«, keuchte sie dem Postboten aufgeregt entgegen. »Ist das da für mich? Ist es? Ja?« Dabei deutete sie auf das Paket in seinen Händen, in das gut und gerne ein Globus gepasst hätte.
Chuck kam die dreißig Meilen von Sheldon einmal die Woche vorbei, brachte die Post und nahm neue mit. Das tat er bereits, solange sie sich erinnern konnte. Mit seinem dürren Körper und dem schmierigen, nach hinten gekämmten schütteren Haar war er wahrlich keine Augenweide. Für Vivian wirkte er heute jedoch wie ein Gott, der aus Sheldon, Iowa ins verschlafene Purgatory herabgestiegen war, um Heil zu bringen. Oder, wie heute, zumindest Pakete.
Postbote Chuck schob den Klumpen Kautabak von einer Wangentasche in die andere und nickte. »Yeah … is’ in der Tat für dich, Mädchen.« Verwundert besah er den Absender. »Kommt nicht oft vor, dass ich ’n Paket aus Übersee ausliefere … Hast ’n Freund in England, hä?«
»Brieffreundin«, beeilte sich Vivian, ihn zu verbessern, und hibbelte herum, weil er sich an dem Paket festklammerte. Es fiel ihm wohl schwer, sich davon zu trennen. »Komm schon, gib mir das Ding!«, bettelte sie.
Chuck drehte das Paket in den Händen, hob es an und roch an der verknautschten Pappe. »Hm.« Dann hielt er es sich ans Ohr und rüttelte daran. Der Inhalt klapperte. »Sach mal, was is’n das Weiteste, wo du von hier weg warst, Mädchen?«
Vivian verdrehte genervt die Augen. Sie wollte es unbedingt haben, die Pappe aufreißen, darin herumwühlen. Stattdessen stand sie vor dem Laden ihrer Eltern und musste einem Postboten dämliche Fragen beantworten. »Letztes Jahr, Sioux City, als Tante Betsy geheiratet hat. Du weißt schon, diesen Versicherungstypen, der die Farmen abgeklappert hat.« Vivian erinnerte sich nur ungern an den brütend heißen Tag zurück. Sie hatten mit Dads klapprigem Truck den ganzen Tag gebraucht, um sich in einer mit Girlanden dekorierten Turnhalle zu Tode zu langweilen und selbst gemachten Pfirsich-Eistee zu trinken. Hinterher hatte eine Woche lang ihr Magen rebelliert und sie hatte meiste Zeit kotzend über der Toilette verbracht, weil was mit dem Abendessen schiefgelaufen war. »Und du?«
Chuck lachte krächzend. Er hörte sich an wie eine alte Krähe, die Husten hatte. »Vietnam, Mädchen … das feuchte, heiße, verdammt dreckige Nam, wo man sich auf jedem Scheißhaus ’nen Tripper holt. Dein Dad kann ’n Lied von singen, sag ich dir …«
»Eine scheiß Oper aus Tod und Schmerz.« Vivian zuckte zusammen. Ihr Vater stand direkt hinter ihr. Sie hatte ihn nicht kommen hören. Trotz seiner Körpergröße konnte er sich lautlos bewegen. Ertappt drehte sie sich zu ihm um. »Dad … ich mag’s nicht, wenn du dich so anschleichst.«
Bob McCall wischte sich mit einem Lappen seine blutigen Hände ab. Er hatte hinten im Kühlhaus an den Fleischpaketen gearbeitet, die Chuck wie jeden Freitag mitnehmen würde. Bob konnte in der Tat ein Lied über Vietnam singen. Zehn Jahre hatte er im Dschungel verbracht. 1975 war der Krieg vorbei gewesen und er kehrte als anderer Mensch zurück. Er hatte sein Lachen wie auch sein Leben in Saigon verloren. Bob McCall hatte nie darüber gesprochen, was er dort erlebt hatte, und sich in seiner wortkargen Art in die Arbeit im Laden gestürzt, als wäre er nie weg gewesen.
Bob nickte dem Postboten zu. »Chuck …«
Der schob den Kautabak zurück in die andere Backe. »Bob …«
»Was hast’n da?« Bob zeigte auf das Paket.
»Ist für deine Tochter … von überm Teich … England.«
»England?«
»Jepp.«
Bob nahm Chuck das Paket aus der Hand und sah es unschlüssig an. Sein von der Arbeit blutiger Daumen hinterließ einen verwischten Abdruck auf der Pappe. Dann sah er zu Vivian. »Wie kommst’n an ein Paket aus England, Tochter?«
Die rollte genervt die Augen. »Ach, komm, Dad, weißt du nicht mehr? Die Brieffreundschaftsaktion vorletztes Jahr mit der Schule in London?«
»Und was is’n da drin?«, wollte er wissen. Seinem Gesicht nach zu urteilen, dachte er darüber nach, das Paket aufzureißen, um selbst nachzusehen.
»Du weißt, wie ich über die von außerhalb denke«, brummte er missmutig.
»Dad … bitte …«
»Wie wir alle über die von außerhalb denken!« Er sah den Postboten mit seinen stechenden Augen warnend an.
Chuck wich dem Blick des schweren Eins-neunzig-Mannes aus, sah zu Boden und hob die Hände. »Bin nur der Postbote, Sir. Liefere Pakete aus und nehm andere mit …« Er trat zum Lieferwagen zurück und tat beschäftigt. »Geht mich ansonsten nichts an, was hier geschieht.«
Bob nickte zufrieden und widmete sich seiner Tochter. »Was schreibst du über uns denn so, hm? Von dem Leben hier, der Weite des Landes … den Schweineställen? Sicher nicht von den Maisfeldern …«
Vivian knetete von Angst ergriffen ihre Finger. Ein falsches Wort, und sie würde es bitter bereuen. »Wir haben über Musik geschrieben, Dad … nichts weiter. Mädchensachen halt, nichts von hier, außer dass wir einen Laden haben …«
Die schallende Ohrfeige schmetterte ihren Kopf zur Seite. »Selbst das geht die dort draußen nichts an, hörst du?« Er knirschte mit den Zähnen und packte sie an ihrem schwarzen Shirt, sodass es in den Nähten knackte. »Lass dir das eine Warnung sein, Tochter! Ein falsches Wort in die falschen Ohren, und die dort oben fangen an, Fragen zu stellen!«
Er ließ sie los und drückte ihr das Paket gegen die Brust. »Du weißt, dass ich dich liebe. Nimm dein Paket und geh auf dein Zimmer. In zehn Minuten stehst du wieder hinter der Theke!«
Vivians Wange brannte wie Feuer. Sie strich sich ihr schwarzes Shirt glatt, drehte sich ohne ein weiteres Wort um und lief durch den Laden und nach oben in ihr Zimmer. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, schluchzte sie auf. Sie warf das Paket aufs Bett und setzte sich davor auf den Boden. »Die von außerhalb«, äffte sie ihren Vater nach und verzog das Gesicht. »Und wenn du mir mein Blondie-Shirt zerrissen hast, werde ich …«
Nichts werde ich … Er hat recht. Es geht die von außerhalb nichts an, wie die Leute hier ticken. Die würden das eh nicht verstehen.
Verstohlen zog sie den Schuhkarton unter dem Bett hervor und klappte ihn auf. Ihre Finger strichen behutsam über