Название | Mudlake - Willkommen in der Hölle |
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Автор произведения | M.H. Steinmetz |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783961881437 |
Der Mann machte ein überraschtes Gesicht. Er sah sich flehend um und hoffte wohl, dass Anderson einen anderen meinte. Er senkte den Blick und nickte mit sorgenvoller Miene. Er wusste, dass seine letzte Stunde geschlagen hatte. Sein sorgfältig gestutzter Schnauzbart, das weiße Unterhemd und die feinen Hosenträger ließen auf einen Mann schließen, der eher mit Worten als mit Waffen umzugehen wusste. »Ich?«
»Ja, dich mein ich«, rief Anderson ungeduldig. »Komm hierher zu mir, Yankeeschwein!«
Der Mann tat, was Anderson wollte, sah ihn ängstlich und zugleich fragend an.
Anderson lachte. »Mein Captain hat mich gefragt, ob ich mir die Hölle vorstellen kann. Was sagst du dazu, hä?«
»Ich … ich verstehe nicht ganz. Die … Hölle?«
Anderson schoss dem Mann ins Gesicht. »Falsche Antwort, Dummkopf.« Dann, an Quantrill gewandt: »Die ganze Welt ist für mich zur Hölle geworden, seit die Yankees meine Schwester haben sterben lassen. Sie haben mir alles genommen, was ich liebte, mir die Seele aus dem Fleisch gerissen.«
Quantrill grunzte. »Ich kenne deine Geschichte, William Anderson, und ich weiß, das es ’ne beschissene Lüge ist. Du kannst überhaupt nicht lieben … Hast Pferde gestohlen, drüben in Missouri. Deinen Nachbarn in Kansas und ’nen Unschuldigen erschossen, um deinen Vater zu rächen. Die Bosheit steht dir ins Gesicht geschrieben, so sieht’s aus und nicht anders!«
Anderson wich seinem Blick nicht aus, kaute auf der Unterlippe herum. »Mein Leben ist die Hölle, Sir, das ist wahrlich nicht gelogen!«
»Dann wird es Zeit, dass du deiner Hölle ein Gesicht verpasst!« Ein aufbrausender Wind wirbelte Staub auf, der sich mit dem Pulverqualm zu einem düsteren Nebel vermischte und das Sonnenlicht über den Dächern von Lawrence fraß. Quantrill drehte sich im Sattel um, denn ihnen blieb nicht mehr viel Zeit. »Zusammentreiben und durchzählen! Ich will die Namen jedes Einzelnen dieser Schweinehunde auf einem Papier haben … Patterson, nimm dir ein paar Männer und räum die Bank aus. James, nimm dir die Geschäfte vor. Alles, was Wert hat, geht mit!«
Anderson sah auf den Leichnam ohne Gesicht hinab. Rauch stieg aus dem Loch in seinem Kopf. »Es ist so weit, Sir!«
Quantrill nickte, weil es genau das war, was er hören wollte. »Dann lass deine Hölle auf Lawrence los, Anderson. Du hast hier jetzt das Sagen!« Damit wendete er sein Pferd und preschte mit einer Handvoll Raider davon. »Wir sehen uns beim Treffpunkt in Missouri!«, rief er über die Schulter zurück, bevor ihn der pulverdampfende Nebel verschluckte.
Anderson lächelte. Er wusste, dies war sein Augenblick, und Quantrill hatte ihm diesen geschenkt. All die Wut, die sich sein Leben lang aufgestaut hatte, die ihn regelrecht dazu zwang, sich über jedes Gesetz zu erheben, zu morden und zu stehlen, wurde zu einem legitimen Mittel, um Vergeltung zu üben. Das Tor zur Hölle hatte sich aufgetan und er würde alles dafür tun, um es offen zu halten.
Um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, schoss er in die Luft. »Raiders, treibt die Frauen in die gottverdammte Kirche und vernagelt die Türen!«
Unter den etwa zweihundert zusammengetriebenen Einwohnern brach Unruhe aus. Einige besonders mutige Ehemänner wollten ihre Frauen nicht ziehen lassen, weil sie befürchteten, was zu befürchten war. Kinder klammerten sich weinend an die Beine ihrer Mütter, wurden mitgeschleift.
»Was is’n mit den Bälgern?«, wollte ein Raider wissen. Er hielt eine bluttriefende Bullenpeitsche in der Hand. Ein rauer Kerl mit faulen Zähnen, der seinen Verstand in den Wirren des Krieges verloren hatte.
»Hängt sie auf, ihr Hunde. Das soll ’n verfluchtes Mahnmal werden!«, knirschte Anderson und grinste hämisch. »Gleich hier, am Balkon des Saloons, in einer Reihe!«
Road Trip
August, irgendwo in Iowa
»The Ramones? Was is’n das für’n schräger Mist?« Jamie Peterson strich sich sein braunes, zerzaustes Haar nach hinten, riss seinen Mund auf und gähnte herzhaft, während er die Musikkassette unschlüssig in der Hand drehte. Er war müde und genervt von der langen Busfahrt, die kein Ende zu nehmen schien. Zudem schwitzte er wie ein Schwein.
»Is’ echt der Wahnsinn, ich sag’s dir! Punkrock, Mann! Hab’s im Radio aufgenommen! Brandneu, kriegst nicht in ’nem Laden hier.« Brady rutschte aufgeregt auf der durchgesessenen Sitzbank des Schulbusses umher, der sich zwischen endlos erscheinenden Maisfeldern eine Landstraße entlangquälte. Er war enttäuscht, dass Jamie die Band nicht kannte. Dass dieser sich nicht von seinem schnell und gern aufbrausenden Enthusiasmus anstecken ließ. Andererseits war es kein Wunder, wenn man ihn sich ansah, in den stets schmutzigen Jeans und dem karierten Hemd, das seine beste Zeit längst hinter sich hatte und dem der Begriff »altmodisch« geschmeichelt hätte. Brady war anders. Er trug sein Haar lang und wild, mochte T-Shirts mit V-Ausschnitt, die eng am Körper saßen, und Jeanshosen mit Schlag, wie man sie in England trug, weil das verdammt cool war. »Punkrock«, wiederholte er enttäuscht. »Der aufstrebende Protest der vergessenen Generation X!« Womöglich lag es daran, dass er achtzehn war und Jamie ein Jahr jünger.
Dämliches Landei …
»Mach mal das Fenster auf, sonst erstick ich hier noch«, maulte Jamie stattdessen und gab ihm das Tape zurück. Anscheinend merkte er, dass sein Freund angepisst war, und versuchte einzulenken. »Meinetwegen, ich hör’s mir an, wenn wir angekommen sind … dafür gibst du aber jetzt damit Ruhe, okay?«
Bradys Miene hellte sich auf. »Yeah, Mann, alles cool!« Brady fuhr sich mit den Fingern über die Lippen, mimte einen Reißverschluss. Er stellte sich auf und griff nach dem Hebel, um die Scheibe nach unten zu ziehen. Sein Kumpel hatte recht, die Luft im Bus roch in der Tat verbraucht wie abgestandener Atem. Manchmal, wenn ein Lufthauch von unten durch den Bus zog, roch es fürchterlich nach Schweiß und nassen Socken. Kein Wunder, denn die Sonne brannte nur so vom Himmel. Brady hasste den Sommer. Der August war der schlimmste Monat von allen. Dann glühte in New York, wo sie herkamen, der Asphalt und die Abgase zogen nicht mehr aus den Häuserschluchten hinaus. Aber hier auf dem Land verhielt es sich kaum besser. Hier gab es keinen Schatten, sondern nur diesen verdammten Mais.
Winzige, gelbe, alles verhöhnende Gesichter …
Er schirmte sich die Augen ab, weil ihn die tief stehende Abendsonne blendete, und ließ seinen Blick über die Maisfelder schweifen. In einiger Entfernung gab es eine Baumgruppe, dazwischen ein paar Gebäude, die marode und verlassen wirkten. Dennoch war er sich sicher, dass sich dort etwas bewegt hatte. Kaum mehr als ein huschender Schatten, der sich zwischen die windschiefen Holzbauwerke duckte, während der Bus vorüberfuhr. Er hob die Schultern, entriegelte die Scheibe und zog sie nach unten.
Krass. Wie in »The Hills Have Eyes« Jetzt ’ne Autopanne, und wir sind geliefert …
Für Brady das reinste Futter für seine ausgeprägte Fantasie. Er war ein echter Horrorfreak. Ob Filme oder Bücher, er nahm alles mit. Natürlich auch den italienischen, richtig krassen Scheiß. Die neue Generation von Filmen, in denen Blut und Gedärme nur so spitzten und es nicht ganz offensichtlich war, ob es Maske oder Snuff war. Gab ja schließlich ’ne Menge Gerüchte darüber. Einer der älteren Jungs aus dem Waisenhaus jobbte als Filmvorführer und schleuste ihn an den Wochenenden ins Kino, wenn was Entsprechendes lief. Wes Cravens »The Hills Have Eyes« hatte er letzten Sonntag gesehen. Ein Hammerfilm, der alles bisher Dagewesene übertraf.
Mutierte Freaks in den Hügeln, ahnungslose Spießer … Massaker pur!
Brady ließ sich schwer in den Sitz fallen und grinste Jamie