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von den Kommunikations- und Problemlösefertigkeiten der Partner und den gemeinsam geteilten Einstellungen abhängt.

      Diese Befunde lassen sich am besten mithilfe lern- und austausch-theoretischer Theorien erklären, aus denen sich wiederum direkt Ansatzpunkte für Interventionen ableiten lassen. In den nachfolgenden Abschnitten sollen daher zwei Theorien genauer erläutert werden, die beschreiben, inwieweit sich Defizite in den Kommunikations- und Problemlösefertigkeiten sowie die resultierende Unfähigkeit eines Paares, gemeinsam Konflikte zu lösen, langfristig negativ auf das Partnerschaftsklima auswirken können. Weitere Theorien können z. B. bei Kaiser (2000) oder in dem Beitrag von Lösel und Bender (2000) nachgelesen werden.

      3.2.1 Der Zwangsprozess

      Die Zwangsprozesshypothese zur Verschlechterung der Ehequalität (Patterson und Reid 1970; Patterson und Hops 1972) basiert im Wesentlichen auf der sozialen Lern- (Bandura 1971) und Austauschtheorie (Thibaut und Kelley 1959) und geht ursprünglich auf Forschungsarbeiten zu (negativen) Lerneffekten spezifischer Familieninteraktionen zurück. Anfang der 1970er Jahre wurden die sogenannten Zwangsprozesse i. S. kommunikativer Teufelskreise und Eskalationsspiralen auf Partnerschaften übertragen.

      Ausgangspunkt ist der Wunsch eines Partners, den jeweils anderen zu verändern. Dieser Wunsch erwächst fast zwangsläufig aus den (natürlichen) Veränderungen im Rahmen einer Partnerschaft, die durch Enttäuschungen partnerschaftlicher Erwartungen (z. B. wenn beide Partner unterschiedliche Beziehungskonzepte mit in die Partnerschaft bringen oder anfängliche Idealisierungs- und Harmonisierungstendenzen abnehmen), kritische Lebensereignisse (z. B. Umzug, Arbeitslosigkeit) und den Familienzyklus (z. B. die Geburt eines Kindes) oder alltäglichen Kleinigkeiten (die erst durch die Häufigkeit ihres Auftretens aversiv werden) hervorgerufen werden können. Insbesondere in Krisenzeiten, aber auch in alltäglichen Situationen, bedienen sich Partner dann unterschiedlich hilfreicher Methoden, um den jeweils anderen zu Verhaltensänderungen zu bringen. Hierfür werden Belohnungen und Bestrafungen eingesetzt. Gelingt keine zufriedenstellende Adaptation an die neue Situation, die Erwartungen und Forderungen des jeweils anderen Partners oder kann keine von beiden Partnern akzeptierte Problemlösung erzielt werden, sodass der Wunsch nach Verhaltensänderung unbefriedigt bleibt, setzt ein sogenannter Zwangsprozess ein.

      Partner A greift hierbei – meist nach Anwendung verschiedener erfolgloser Methoden (z. B. den Partner darum bitten, den Müll regelmäßig vor die Tür zubringen) – zu aversiven Maßnahmen, in dem er eine Veränderung durch Bestrafung (z. B. Nörgeln, Drohen) oder Entzug positiver Verstärker (z. B. nicht mehr aktiv zuhören, Verweigerung von Intimität und Zärtlichkeiten) durchzusetzen versucht. Hält Partner A diese aversiven Maßnahmen lange genug aufrecht, wird Partner B kurzfristig einlenken und sein Verhalten an die Wünsche von Partner A anpassen. Partner B wird dadurch negativ verstärkt; d. h., sie/er lernt, dass Partner A aufhört zu nörgeln, zu drohen, zu schreien, sobald er einlenkt. Gleichzeitig wird Partner A in seinem aversiven Verhalten positiv verstärkt, d. h., sie/er lernt, dass durch die aversiven Maßnahmen die gewünschte Verhaltensänderung endlich eintritt. Allerdings kann er sich nie darauf verlassen, dass seine Maßnahmen auch beim nächsten Mal Erfolg haben werden (intermittierendes Verstärken).

      Infolge dieser Lernprozesse steigt zukünftig die Wahrscheinlichkeit bei beiden Partnern, dass aversive Methoden zur Durchsetzung eigener Interessen angewendet werden. Problematisch ist weiterhin, dass sich durch aversive Methoden keine dauerhaften Verhaltensänderungen hervorrufen lassen, sodass sich einerseits immer mehr ungelöste Konflikte anstauen und andererseits die Partner an die gezeigten Strafreize habituieren. Die aversiven Maßnahmen müssen somit in ihrer Intensität gesteigert werden, um noch eine Wirkung zu erzielen. Dies kann dazu führen, dass einer der Partner mit Tabubrüchen (»Dann sag ich Deiner Mutter, dass …«), Trennung, Suizid oder Gewalt droht bzw. diese Drohungen auch umsetzt werden (image Kap. 5.2.4). Begleitet wird diese negative Spirale durch eine reziproke Reduktion der positiven Interaktion in der Beziehung, die durch Gewöhnungsprozesse noch beschleunigt wird. Vor diesem Hintergrund nehmen die Attraktivität und Zuneigung langfristig ab, sodass andere Partner gleichzeitig an Attraktivität gewinnen. Aufgrund der Lernprozesse kann der Zwangsprozess jederzeit und sehr schnell ausgelöst werden, insbesondere wenn das Paar bspw. zum Erstgespräch in eine Paartherapie kommt und erstmalig von seinen Schwierigkeiten in der Partnerschaft und miteinander berichtet.

      3.2.2 Die Theorie der partnerschaftlichen Stabilität

      Während die Zwangsprozesshypothese als ein Modell auf der Mikroebene gilt, bezieht sich die Theorie der partnerschaftlichen Stabilität (Gottman 1994) auf die Makroebene von Partnerschaften. Es handelt sich um ein integratives Modell von dem sich (auch gemeinsam mit dem Paar) Hypothesen ableiten lassen, die auch als Ansatzpunkte für Interventionen in der Paartherapie genutzt werden können.

      Im Rahmen der Theorie der partnerschaftlichen Stabilität, die auch als Balancetheorie bezeichnet wird, führen heftige Auseinandersetzungen nicht zwangsläufig zur partnerschaftlichen Unzufriedenheit bzw. Trennung oder Scheidung. Basierend auf Beobachtungsstudien postuliert die Theorie eine wechselseitige Balance von Kommunikation, Psychophysiologie und Wahrnehmung (Gottman 1994), die wie ein Puffer über längere Zeit die Partnerschaftszufriedenheit aufrechterhalten kann. Bspw. wird bei beginnenden Partnerschaften vermutet, dass sich zwischen der Interaktion, Wahrnehmung und Physiologie ein Zustand der Balance einstellt. Das Paar interagiert deutlich positiv (Kommunikation), beide nehmen einander, die Gegenwart und Partnerschaft positiv, durch die sogenannte »rosarote Brille« wahr (Wahrnehmung) und beim Anblick des anderen breitet sich Wohlbefinden aus (Physiologie). Vom Partner geht eine als angenehm und stimulierend erlebte psychophysiologische Wirkung aus; seine Abwesenheit wird als aversiv erlebt. Ihm werden positive Attribute zugeschrieben und Unterschiede zwischen den Partnern entweder als attraktiv bewertet oder negiert. Solange ein Verstärker-Verhältnis von fünf positiv wahrgenommenen Interaktionen zu einer negativen besteht, werden sich die Partner auch im Rahmen von Konflikten psychophysiologisch schneller beruhigen und dadurch eher zu einer Problemlösung beitragen können. Paare mit geringer Kommunikationsfrequenz oder mit intensiven Auseinandersetzungen können langfristig also auch stabil und glücklich zusammenleben, wenn das subjektiv wahrgenommene positive Verhältnis von 5 : 1 aufrechterhalten wird.

      Metapher: Das Beziehungskonto

      Mithilfe der Metapher Beziehungskonto kann Paaren verständlich vermittelt werden, dass ein regelmäßiges Engagement für die Beziehung notwendig wird, insbesondere dann, wenn aufgrund einer psychischen Störung oder körperlichen Erkrankung das Konto stark belastet wurde. Eine sexuelle Affäre mit der besten Freundin der Partnerin ist hingegen mit einer Insolvenzanmeldung gleichzusetzen. Es ist die Aufgabe beider Partner, für Einzahlungen zu sorgen. Die Währung und die Höhe der Buchungen sind mit der subjektiven Wertigkeit des Empfängers assoziiert (z. B. Küche aufräumen, schwieriges Gespräch mit dem Nachbarn führen, Streicheleinheiten, Sex mal anders).

      Verringert sich dauerhaft das Verstärker-Verhältnis, wirkt sich dies auch negativ auf die Attributionsprozesse aus und der Partner wird dauerhaft als unangenehm erlebt (sogenanntes Flooding). Die gestörte Balance zeigt sich beispielweise in aggressiven Auseinandersetzungen mit dem Partner oder ängstlich-resignativen Rückzugsverhalten. Infolgedessen schlägt auch die Wahrnehmung wie durch einen Kippschalter um und das angenehme Empfinden wird zum Leiden an und in der Beziehung. Durch dieses stabile negative Erleben wird akuter Stress ausgelöst, der wiederum eine Kampf-Flucht-Reaktion auslöst. Folglich distanzieren sich die Partner immer mehr voneinander (Distanz/Isolierung). Neben der Gegenwart und Zukunft wird nun auch die gemeinsame Beziehungsgeschichte verändert wahrgenommen. Positive Aspekte der Partnerschaft und gemeinsame freudige Ereignisse werden schlechter erinnert. Stattdessen geht diese Reaktion mit negativen Attributionen einher (z. B. »Wie konnte ich mich auf diesen … je einlassen?«, »Der … soll einmal nachgeben!«, »Er ist an allem schuld!«). Die letzte Stufe des Prozesses sind Trennung und Scheidung.

      Basierend auf diesem Modell lassen sich viele behaviorale und kognitive Interventionen