Название | Der Kopf von Ijsselmonde |
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Автор произведения | Jacob Vis |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788726412420 |
»Woher haben Sie das?«
»Aus dem Wald.«
»Sie haben ihn heute Nachmittag gefunden?«
»Ja. Ich bin danach sofort hergekommen.«
»Meneer Westerhof, wo im Wald haben Sie das da gefunden?«
»In Abschnitt 27, ein paar Meter neben dem Weg. Es war unser letzter Baum in diesem Abschnitt.«
»Ich möchte gern, dass ein paar Kollegen sich das ansehen«, sagte van Arkel und wählte eine Nummer. »Jaap? Würdest du bitte rüber in mein Büro kommen? Ja, jetzt sofort. Bring Mirjam und Haydar mit.« Er schaute Westerhof an. »Jetzt erzählen Sie uns doch mal die ganze Geschichte. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, können Sie ruhig schon damit anfangen.«
Westerhof nahm seine Mütze ab. »Das hätte ich beinahe vergessen ...« Er warf einen düsteren Blick auf den Kopf. »Meine Stute ist in ein Loch getreten. Als sie rauskam, war Blut an ihrem Huf. Sie hatte keine Verletzung, also musste es etwas anderes sein. Ich dachte an das, was wir Stinkgrube nennen, deshalb habe ich angefangen zu graben und ...«
»Was ist eine Stinkgrube?«
»Ein Loch mit Schlachtabfällen, um Füchse anzulocken.«
Van Arkel öffnete das Fenster. »Wie kamen Sie darauf, dort zu graben?«
»Es hätte ja auch was anderes sein können.«
»Wie man sieht. Bitte fahren Sie fort.«
»Unten in dem Loch fand ich den da und habe ihn mitgenommen.«
»Und Ihnen ist nicht in den Sinn gekommen, ihn dort zu lassen und uns anzurufen?«
»Nein. Wie Sie sehen, ist er schon angefressen.«
»Augenblick«, sagte van Arkel. Er ließ Mirjam van Roon, Jaap Vermeer und Haydar Seyat herein. »Das ist Meneer Westerhof. Er hat uns das da mitgebracht.«
Adjutant Vermeer schaute den Kopf an. Er war ein kräftiger Mann mit einem fleischigen Gesicht und Hornbrille. Er schüttelte Westerhof die Hand und fragte: »Wo haben Sie den gefunden, Westerhof?«
»Im Wald.«
»Mann, Mann, Mann ...« Vermeer zeigte auf die angefressene Wange. »Füchse?«
»Glaub schon«, sagte Westerhof. »Deshalb habe ich ihn lieber mitgenommen.«
»Gut gemacht«, sagte Vermeer.
»Wo ist der Rest?«, fragte Brigadier Mirjam van Roon, eine hübsche blonde Frau von zweiunddreißig Jahren, die als Einzige Uniform trug.
»Den müssen wir suchen«, sagte van Arkel. Mirjam warf ihrem Vorgesetzten einen Blick zu. Ohne seine Blumenkohlohren wäre er ein attraktiver Mann gewesen. So wie der Farbige, dessen Kopf auf dem Tisch lag. Das Gesicht des Toten war von so auffallender Schönheit, dass nicht einmal die Verstümmelung und der Gestank diesen Eindruck zunichte machen konnten.
»Hübscher Junge«, sagte sie.
»Kennt ihn jemand?«, fragte van Arkel.
Brigadier Haydar Seyat nickte. Eigentlich war er zu klein für einen Polizisten, drei Zentimeter unter der Mindestgröße, doch er war angenommen worden, weil die Justizbehörden einen höheren Ausländeranteil forderten. Jetzt, acht Jahre später, war Seyat Brigadier, eine ungewöhnlich steile Karriere für einen Kurden, der gegen einen Berg von Vorurteilen anzukämpfen hatte.
»Das ist Ronnie van Splunter aus der Nieuwstraat. Alias Ronnie Calypso.«
Vor zwei Jahren waren acht antillische Familien aus einer benachbarten Stadt in die Nieuwstraat gezogen. Man habe sie deportiert, behaupteten sie. Umgesiedelt im Rahmen der Verteilungspolitik, erwiderte die Stadtverwaltung. Uns aufgehalst, klagten die Anwohner der Nieuwstraat und legten massiven Protest ein, als die Antillianer bei ihnen ihre lautstarke Straßenkultur einführten, welche an ihrem früheren Wohnort zu einem Krieg mit den Nachbarn geführt hatte. Haydar Seyat saß als Vertreter der Polizei in der Begleitkommission, die nach zwei Jahren Arbeit einen halbwegs akzeptierten Status quo erreicht hatte. Die Antillianer blieben in der Nieuwstraat wohnen und feierten ihre Feste fortan im Haus.
»Können Sie uns zeigen, wo Sie ihn gefunden haben?«, fragte van Arkel.
»Jetzt noch?«, fragte Westerhof zurück. »Meine Frau wird sich schon wundern, wo ich bleibe.«
»Sie können sie doch anrufen.«
»Ich muss mein Pferd füttern. Und ich selbst muss auch was essen.«
»Wie wär’s, wenn er vorher erst mal nach Hause ginge?«, schlug Vermeer vor. »Er füttert sein Pferd, isst zu Abend und in einer Stunde holen wir ihn ab.«
»In einer Stunde ist es dunkel«, warf van Arkel ein.
»Es ist jetzt schon dunkel. Mit der eigentlichen Arbeit können wir sowieso erst morgen früh anfangen.«
»Gut«, sagte van Arkel. »Dann gehen Sie jetzt erst mal nach Hause und in einer Stunde kommen wir Sie abholen.«
Westerhof griff nach seiner Mütze, murmelte einen Gruß und machte sich eilends auf den Weg.
Vermeer zeigte auf den Kopf von Ronnie Calypso. »Und was machen wir mit dem da?«
»Erst mal fotografieren«, antwortete van Arkel. »Mirjam, bitte sag du rasch Bunschoten Bescheid.«
»Du könntest ihn wenigstens hier rausbringen«, sagte Seyat. »Dieser Gestank bleibt tagelang hängen.«
Van Arkel wartete, bis Mirjam den Hörer aufgelegt hatte.
»Wann kommt er?«
»In zehn Minuten.«
»Dieser Gestank!«, sagte Vermeer und öffnete die Tür. »Wie kommt es, dass er jetzt schon riecht? Der Mann kann nicht länger als ein paar Tage tot sein.«
»Er hat eine Weile unter der Erde gelegen«, gab van Arkel zu bedenken. »Mach die Tür zu, Jaap, es zieht.«
Vermeer schloss die Tür und fragte: »Wer, was, wie, wo?«
»Und warum?«, ergänzte Seyat.
»Gute Frage«, sagte van Arkel. »Ihr stellt immer gute Fragen. Jetzt brauchen wir nur noch die passenden Antworten.«
Mirjam schaute Vermeer an, der den Sack wieder zuband. »Rache«, sagte sie.
»Wie kommst du auf Rache?«, fragte Vermeer. »Du kennst ihn doch gar nicht.«
»Nein, aber wenn ein so gut aussehender Junge derart grausam ermordet und zur Schau gestellt wird ...« Sie zögerte einen Moment.
»Ist Rache ein logisches Motiv«, fuhr van Arkel fort. »Du sagtest ›zur Schau gestellt‹. Dabei lag er einen halben Meter unter der Erde!«
»Aber er wurde doch gefunden, oder?«
»Zufällig.«
»In der Tat, zufällig. Wie sollen wir vorgehen, Ben?«
»Wenn Bunschoten fertig ist, essen wir was und danach holen wir Westerhof ab.«
»Ich habe keinen Hunger«, erklärte Mirjam.
»Ich schon«, sagte Vermeer. »Und du kommst mit. Wird dir gut tun. Es kann spät werden heute Abend.«
»Müssen wir das Waldstück nicht absperren?«, fragte Seyat. »Der Rest der Leiche kann zwar irgendwo anders liegen, aber auch direkt daneben.«
»Haben wir eine Detailkarte vom Haafterveen?«, fragte van Arkel.
»Im Archiv«, antwortete Vermeer. »Willst du wirklich jetzt sofort dahin?«
»Ja«, sagte van Arkel. »Haydar kommt mit mir. Du gehst