Название | Meine blauäugige Pantherin |
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Автор произведения | Kingsley Stevens |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783956093210 |
»Ich kann Ihnen gleich sagen, dass sie das ablehnen wird«, erwiderte er kopfschüttelnd. »Sie redet mit niemandem, nicht mal mit mir.« Sein Gesichtsausdruck war nicht besonders mitfühlend, eher abschätzig. Oder überfordert. Er hantierte mit einem ganzen Aktenberg vor sich, während er mit Sascha sprach.
Das erzeugte sofort eine Trotzreaktion in Sascha. Dieser Mensch hatte nicht das geringste Interesse an Tyra, das merkte man ihm deutlich an. »Vielleicht haben Sie es nur falsch angefangen«, vermutete sie etwas spitz. Lockte ihn das aus der Reserve?
»Ja, sicher!« Bauer lachte. »Ich habe außer ihr noch eine Menge anderer Fälle zu bearbeiten«, er tippte mit dem Finger auf die Akte, die gerade aufgeschlagen vor ihm lag, »und die meisten Mandanten sind wesentlich entgegenkommender als dieses Früchtchen.«
Ganz automatisch schossen Saschas Augenbrauen nach oben. »Sie nennen Ihre eigene Mandantin ein Früchtchen?«
»Waren Sie nicht im Gericht gestern? Haben Sie nicht selbst gesehen, wie sie sich benimmt?« Er blickte sie ungläubig an, dass ihr das entgangen sein konnte. »Ich bin ihr Pflichtverteidiger«, seufzte er fast. »Ich kann mich nicht dagegen wehren. Aber man sollte zumindest erwarten, dass einem die Angeklagte ein wenig hilft, die Vorwürfe gegen sie zu entkräften.« Wieder schüttelte er den Kopf. »Sie tut das Gegenteil, das absolute Gegenteil. Sie macht sich jeden zum Feind, den sie nur erwischen kann.«
Das überraschte Sascha nicht wirklich, denn schon Tyras Reaktion ihr gegenüber, als sie den Gerichtssaal verlassen hatte, sprach dafür. Schließlich kannten sie sich gar nicht, und trotzdem hatte diese wilde blauäugige Pantherin – sie erinnerte wirklich an eine, selbst wenn sie gefesselt war, jede ihrer Bewegungen war wie die eines geschmeidigen Raubtiers – sich von ihr provoziert gefühlt, ohne dass es einen Grund dafür gab. Oder doch? Sie konnte Gründe haben, die sich Sascha einfach nur noch nicht erschlossen.
»Vielleicht hat sie Gründe dafür«, setzte sie ihre Gedanken in Worte um.
Bauer sah noch nicht einmal von seinen Akten auf. »Ihre Gründe sind mir völlig schnuppe.« Kurz hob er ein Augenlid, um einen gelangweilten Blick auf Sascha zu werfen. »Eine Angeklagte, die sich so benimmt, hat schon verloren.« Er machte einen Vermerk und ließ sich noch einmal dazu herab, sich zurückzulehnen und Sascha die Sachlage zu erklären. »Die Indizien sind eindeutig. Der Richter hätte natürlich lieber ein Geständnis, aber in diesem Fall wird er sie auch ohne das verurteilen. Das letzte Mal ist sie noch davongekommen, aber diesmal wandert sie in den Bau – für lange. Daran kann niemand etwas ändern.«
»Das letzte Mal?« Verständnislos zogen sich Saschas Augenbrauen zusammen. »Sie meinen den Mord? Den der Richter erwähnt hat? Wo sie freigesprochen wurde?« Aufmerksam spitzte Sascha die Ohren. Jetzt wurde es vielleicht interessant.
»Aus Mangel an Beweisen!« Rechtsanwalt Bauer warf die Hände in die Luft. »Sie wissen, was das heißt: Sie hat es getan, sie war nur zu geschickt dabei. Man konnte sie nicht überführen.«
»Hm.« Sascha überlegte. »Merkwürdig, dass sie dann diesmal bei dem Einbruch so ungeschickt war, wenn sie sogar einen Mord vertuschen konnte.«
Der Anwalt zuckte die Achseln. »Wer weiß, vielleicht ist sie schlampig geworden, hat sich zu sicher gefühlt.« Wieder beugte er sich über seine Akten. »Ich habe wirklich keine Zeit, darüber nachzudenken. Fragen Sie sie selbst.«
»Deshalb bin ich ja hier«, bemerkte Sascha übertrieben freundlich, auch wenn das nur gespielt war. Langsam ging er ihr auf die Nerven, regte sie geradezu auf mit seiner Gleichgültigkeit, aber da sie etwas von ihm wollte, durfte sie das nicht zeigen. »Darum habe ich Sie um die Erlaubnis gebeten, mit ihr sprechen zu dürfen. Geben Sie die mir?«
»Wenn Sie wollen.« Er winkte ab. Dann kritzelte er etwas auf ein Blatt Papier mit seinem Briefkopf. »Hier.« Er hielt es ihr hin. »Versuchen Sie Ihr Glück.«
Während sie schon aufstand und das Papier nahm, blickte Sascha ihn entschlossen an. »Das tue ich. Darauf können Sie sich verlassen.«
4
»Was wollen Sie von mir?« Kalte blaue Augen unter wirren schwarzen Haaren starrten Sascha an. Tyra streckte eine Hand aus. »Her mit der Kohle!«
Unbehaglich blickte Sascha auf die Hand. »Ich kann Ihnen nichts geben. Ich habe nichts.«
»Was? Sie haben gesagt, ich bekomme Geld für das Interview! Nur deshalb habe ich zugesagt. Sonst hätte ich nie mit Ihnen geredet.« Mit schweren Schritten ging Tyra zur Tür. »Verschwinden Sie!«, presste sie zwischen knirschenden Zähnen hervor. »Ohne Knete läuft gar nichts.«
»Ich kann etwas für Sie besorgen!« Sascha flüchtete sich in diese Lüge, weil ihr nichts anderes übrigblieb. »Aber erst, wenn das Interview gedruckt wird. Die zahlen vorher nicht.«
»Sie können mir viel erzählen.« Knurren wie das eines wilden Hundes begleitete die Antwort.
»Ich . . . Ich gebe Ihnen mein Wort.«
»Ihr Wort?« Tyra stemmte die Hände in die Hüften und lachte laut. Nach einer Weile hörte sie auf und betrachtete Sascha eingehender. »Ich glaube fast, Sie meinen das ernst.«
»Natürlich meine ich das ernst!«, antwortete Sascha nun richtig empört. Wenn ihr jemand so etwas unterstellte, konnte sie nicht anders, als automatisch zu reagieren. Leider dachte sie dann meistens erst zu spät über ihre Antwort nach, was sie schon das eine oder andere Mal bedauert hatte. »Mein Wort breche ich nie.«
»Kaum zu glauben.« Tyra setzte sich hin. »Ich bin ein Trottel, aber legen Sie mal los. Was wollen Sie wissen? Ich gebe keine Antworten, die ich nicht will.«
»Das ist mir klar.« Sascha zog ihr Diktiergerät heraus. »Darf ich das mitlaufen lassen? Mein Steno ist eher mäßig.« Sie lachte. »Das heißt, ich kann es gar nicht.«
Die andere betrachtete das kleine Gerät misstrauisch. »Und wenn Sie da irgendwas zusammenschneiden, was ich gar nicht gesagt habe?« Sascha blickte sie schon wieder leicht empört an. Tyra verzog die Mundwinkel. »Lassen Sie mich raten: Sie geben mir Ihr Wort, dass Sie das nicht tun.«
»So ist es.« Ohne weitere Verzögerung schaltete Sascha das Gerät ein. Sie konnte es ja immer noch wieder abschalten, wenn es gar nicht anders ging. »Meine Redaktion will mehr Informationen«, sagte sie, wobei ihre Stimme entschuldigend klang. »Was in den Akten steht oder im Gericht besprochen wurde, ist ihnen nicht genug.«
»Wer hätte das gedacht?« Tyra lächelte spöttisch.
»Können wir uns vielleicht öfter treffen? Ich könnte jeden Tag kommen, die ganze Woche.« Sascha legte ihre Stirn bittend in Falten wie ein kleiner Hund.
»Jeden Tag? Sie scheinen masochistisch veranlagt zu sein«, erwiderte Tyra, immer noch spöttisch lächelnd. »Ich kenne niemanden, der gern jeden Tag einige Stunden mit mir verbringen möchte. Die meisten laufen eher weg und sind froh, wenn sie mich nicht sehen müssen.«
»Wären Sie einverstanden?« Wenn sie sich einmal dazu entschlossen hatte, ließ Sascha nicht locker.
»Eigentlich –« Tyra brach ab. »Eigentlich habe ich lieber meine Ruhe«, sagte sie dann. »Da dieser verdammte Richter aber meine Verhandlung vertagt hat und ich sowieso noch drei Wochen bis zu meiner Verurteilung warten muss –«
»Vielleicht werden Sie gar nicht verurteilt. Vielleicht werden Sie ja freigesprochen«, unterbrach Sascha sie eifrig.
Tyra sah sie nur mitleidig an. »Sie glauben wirklich noch an den Weihnachtsmann, was?« Sie holte tief Luft und stand auf, lief ein paar Schritte im Besucherraum hin und her. »Also gut. Ich habe nichts Besseres zu tun als hier herumzusitzen und zu warten, da kann ich auch ein bisschen Geld verdienen.«
Sascha biss