Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque

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Название Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор произведения Friedrich de La Motte Fouque
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027207022



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Hinaus mit dir, oder ich treffe dich, daß du dran denken sollst!« – »Sachte!« rief der Berggeist. »Wenn meinesgleichen leibliche Gestaltung annimmt, sucht man sich eine tüchtige aus. Du könntest bei der Schlägerei leichtlich unten zu liegen kommen, und dann sei dir Gott gnädig.« – »Das ist er immerdar gewesen«, sprach Kunz, »und meine leibliche Gestaltung hat er mir auch recht tüchtig ausgesucht. In deine Berge zurück, du häßliches Untier! Ich warne dich zum letztenmal.«

      Da fiel Waldmann im gereizten Grimme über Kunz her, und es entstand ein hartnäckiges Gefecht. Man rang hin und wider, man schwang sich miteinander herum, ohne daß sich der Sieg für den oder jenen entscheiden wollte, bis endlich Kunz durch ein geschicktes Ringerstück seinen Gegner zum Fallen brachte und ihm auf die Brust kniete, wobei er wacker mit beiden Fäusten auf ihn losarbeitete, sprechend: »Ich will dich's lehren, dich an deinem Brotherrn vergreifen zu wollen, du verfluchter Herr vom Berge!«

      Der Herr vom Berge aber lachte so herzlich dazu, daß Kunz, in der Meinung, er verspotte ihn, immer heftiger zuschlug, bis jener endlich die Worte herausbrachte: »Laß doch ab! Ich lache ja nicht über dich, ich lache über mich und bitte um Pardon.« – »Da ist's ein andres«, sagte Kunz ehrbar, richtete sich in die Höhe und half dem Besiegten auch auf die Beine. – »Ich habe das Menschenleben recht aus dem Grunde kennengelernt«, sagte dieser noch immer lachend. »Es hat wohl noch keiner meinesgleichen das Studium so gar genau getrieben. Aber höre, Gesell, das mußt du mir zugestehn, ehrlichen Krieg hab ich geführt! Denn du wirst doch wohl einsehn, daß ich mir leicht ein halb Dutzend Berggeister hätte zu Hülfe rufen mögen. Freilich konnte ich vor Lachen nicht gut dazu kommen.«

      Kunz sahe den noch endlos fort lachenden Rübezahl bedenklich an und sagte: »Ihr habt nun wohl einen Zahn auf mich, und das wird mir nicht nur auf dem Schauerfelde, sondern vielleicht auch anderwärts schlecht bekommen; aber, Herr, bereuen kann ich dennoch nicht; was ich tat! Ich habe Hausrecht geübt, und zwar um meiner lieben Kindlein willen. Wär es noch zu tun, ich tät es mit voller Überlegung wieder.«

      »Nein, nein«, lachte Rübezahl, »inkommodier dich nicht! Ich hab an einem Mal vollkommen genug. Aber das sag ich dir: Auf dem Schauerfelde kannst du künftig ackern jahraus, jahrein, und es soll sich kein unheimlicher Schatten darauf regen, von nun an, so lange das Riesengebirge steht. Gehabt Euch wohl, mein freundlich-gestrenger Brotherr!«

      Damit nickte er zutraulich und verschwand, und Kunz hat ihn nachher im Leben nicht wieder gesehn. Aber Rübezahl hielt Wort und tat noch viel mehr. Ein ungewöhnlicher Segen zeigte sich in allen Geschäften des Hausherrn, und er ward bald der reichste Bauer im Dorfe. Auch wenn seine Kinder auf dem Schauerfelde spielten, welches sie und Sabine jetzt ohne alle Furcht betraten, erzählten sie bisweilen abends, der gute Waldmann sei gekommen und habe ihnen artige Märchen vorgesagt. Sie pflegten dann in ihren Taschen gewöhnlich Näschereien oder blankes Spielzeug oder wohl gar schöne Goldtaler zu finden.

       Inhaltsverzeichnis

       Erster Teil

       Zweiter Teil

       Dritter Teil

       An den günstigen Leser!

      Der Schreiber der nachfolgenden Geschichten begibt sich in dieser Stunde mit banger Freudigkeit an sein Geschäft. Es gibt Leute, welche darüber lachen, daß man zu irgend einem Tun den lieben Gott mit rechter Inbrunst um Hülfe anrufen könne; demungeachtet scheut sich der Schreiber nicht, zu gestehen, daß er solches jetzt eben von ganzem Herzen getan habe. Schon früher hat ihm das bei ähnlichen Unternehmungen geholfen, und er verhoffet zuversichtlich, es soll auch diesmal helfen. Denn wie ein reiches Meer mit wunderlichen Ufergestaltungen, mit Regenbogenfarben auf den Wassern, mit vielfach wechselnder Strömung und gestaltungsreichem Wolkenhimmel drüber hin, schwebt mir diese Geschichte vor. Den großen Weg, den ich zu steuern habe, kenne ich wohl, aber von den Abenteuern, die sich mir einzeln entgegenstellen werden, ahne ich bei weitem mehr, als ich weiß. Ich lade dich dennoch ein, mein günstiger Leser, schiffe nur getrosten Mutes mit mir hinaus. Es wäre denn, daß du den Namen des lieben Gottes, den ich eben angerufen habe, nicht gut leiden könntest, sonst, meine ich, sollst du mit dem, was ich dir geben will, und was mir zukam und noch zukommen wird, wohl zufrieden sein. Nur wisse, daß das, was dir am besten gefällt, nicht mein eigen ist, sondern eine süße Gabe von oben herab, die mir nur dann wird, wenn ich selbsten besser bin, als es in der gewöhnlichen Art meines verderbten Wesens liegt. Ich gebe dir also in den nachfolgenden Blättern das Allerbeste, so mein Selbst erschwingen mag, wie hier die reine Wahrheit, für welche ich dir mein ehrliches Wort verpfände. Und somit sei mir in den Hainen und Wiesen, und Schlachten und Festen, und Trauer- und Hochzeittagen, die sich demnächst erschließen werden, aus ganzer Seele willkommen!

      Erster Teil

       Inhaltsverzeichnis

      In dem gesegneten Schwabenlande, hart an den Ufern des Donaustroms, liegt eine schöne Aue, darauf sich einstmalen im Monat Mai, just als die letzten Sonnenstrahlen von den Blumen Abschied nehmen wollten, ein junger Knappe erging, der Otto von Trautwangen geheißen war. Von seines Vaters, Herrn Hugh von Trautwangens Veste, die unweit auf einem hohen Berge stand, pflegte er oftmals in diese anmutige Gegend zu kommen, bald sich mit der Angel im Strom ergötzend, bald auch mit Bolzen nach Zielen schießend, die er sich von mancherlei wunderlichen Gestalten, als Drachen, Hexen, Kobolden mit grellen Farben ausgemalt hatte, und dann hier auf der grünen Ebne hinstellte, wo er sicher war, niemanden unversehens zu beschädigen. Heute nun lagen Armbrust und Bolzen bei ihm im Grase, und er ließ die Angel ruhig auf dem glatten Wasserspiegel hin und her schwimmen, wohl mehr als ein leichtes Gedankenspiel, als um des Fischefangens willen. Es mochte nicht einmal ein Würmchen am Haken sitzen. Da kam Bertha von Lichtenried gegangen, seines Vaters Nichte, und mit ihm von frühester Kindheit an auf der Burg erzogen. Die setzte sich neben ihn auf dem Rasen, und fragte ihn halb neckend und halb in lieber Besorgnis, wovon er denn so gar anmutig träume? Er wußte es selbst nicht recht zu sagen, und wußte es noch minder, seit ihn des Mühmleins holdes Gesichtchen aus dem Wasser anlächelte. Es sahe gar zu schön aus den Fluten heraus; sie mochte wohl das gleiche bei ihm finden, denn sie lächelte unverwandt auf seinen Widerschein hin, und so besprachen sich die zwei holden Kinder wie im Spiegel miteinander. Nachdem sich Otto eine Weile besonnen hatte, fiel ihm ein, daß er zuerst durch den Anblick eines Pilgers im rotbekreuzten Mantel, der jenseits des Flusses vorübergezogen war, so nachdenklich geworden sei. Er erzählte der Jungfrau davon, und wie es ihm besonders feierlich vorgekommen sei, daß der Wallbruder immer so ganz grade aus auf seinen Weg geblickt habe, nicht zur Rechten, nicht zur Linken, wie von ganz unbezwinglicher Sehnsucht fortgezogen, so daß man nicht einmal wissen könne, ob Alter, ob Demut, ob heißes Sehnen nach dem Ziele sein Haupt so vornüber gebogen halte. Dann fing er an zu sagen, wie es doch so eigen und herrlich sein möge, wenn man fern über Land und Strom und See etwas wisse, das einem unendlich und über alles teuer sei, und wie auf solchen Wanderungen nicht sowohl das Wandern eine Plage sein müsse, als nur das böse Ausruhn ganz allein. – »Du willst doch nicht etwa so wandern?« fragte die Jungfrau mit zuversichtlichem Lächeln. – »Behüt!« entgegnete der Jüngling. »Mir sind die Wiesenmatten hier mein Ziel, oder vielmehr mein Zauberring; es sei dann Sach', daß du sie jemals verließest, mein wunderschönes Mühmlein.« – Bertha errötete so hell, daß es im Wasser aussah, als habe sich ein Sternlein darin entzündet, und sie sagte zu ihrem Vetter: »Weil du denn so ganz gewißlich bleibst, darf man wohl mit dem Abschiede spaßen. Laß uns einmal das Trennungsliedlein singen, das der alte Meister Walther gedichtet hat. Da wird's einem nachher noch heimlicher und wohler, daß man nicht voneinander braucht. « – Und Otto begann folgendergestalt zu singen:

      »Du Heimat süße,

       Du lieber