Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque

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Название Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор произведения Friedrich de La Motte Fouque
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027207022



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glücklich preißt Dein alter Vater die häuslich ehliche Ruhe! Wie heiter lebt er in unsrer alten Burg! Wie wird sich die Mutter auf unsre Ankunft freuen, wie liebreich meiner holden Beatrix pflegen.

      Er schrieb seinen Aeltern, und betrachtete die Angelegenheit als beschlossen, denn von Seiten der Anverwandten seiner Braut wußte er, daß ihm keine Schwierigkeit bevorstand.

      Heitre Tage der ersten glücklichen Liebe! Mit den keimenden Blüthen draussen an den Bäumen und Gebüschen, erwachten auch in Alwins Herzen die süssesten Gefühle. Täglich sah er sein freundliches Mädchen, und wenn er mit ihr hinausfuhr, oder neben ihren Wagen hinausritt, in die stille, friedliche Gegend um Braunschweig, wie gedachte er dann so gern des Abends, an welchem er hier zuerst eingezogen war. Seinen kühnsten Träumen hatte Erfüllung gelächelt, fertig war ja das Gedicht, nur schöner in frischer Wirklichkeit, als er es damals in Reime zu bringen gedachte, die ersehnte Liebe hielt ihn in mütterlichen Armen, lächelte ihn gütig an aus Beatrix blühenden Zügen. Die Wandrer, denen er begegnete, mußten so fühlen, schien es ihm, wie er an jenem Abend, er konnte sie recht herzlich bemitleiden, wenn sie fremd und mit fragenden Blicken, ungewissen Schritten an ihm vorüberzogen, ohne auf den vertraulichen Gruß aus zwei holden Augen zu treffen.

      Aline war öfters in Beatrix Gesellschaft. Die holde, hinwelkende Blume sandte vergebens ihre süßen Seufzer dem Fortziehenden nach. Es liefen nur selten Nachrichten von ihm ein, und wenig günstige für seine Liebe. Im Umgange mit Alwin fand die Verlaßne den Trost der Erinnrung, und vertraute ihm gern ihre Klagen, denen er mit zuversichtlichen Worten begegnete, von der festen Redlichkeit Anselmo's überzeugt.

      Nach einiger Zeit erhielt er folgende Antwort von seinem Vater:

      Daß Du zu heirathen gedenkst, mein lieber Sohn, habe ich aus Deinem Brief ersehn. Die Mutter freut sich sehr darüber, und ich habe nichts dagegen. Wir bereiten uns auf alle Weise zu Deiner Ausstattung vor. Du würdest hier bereits Mancherlei verändert finden. Ob Du gleich Dein Zimmer behältst, meint doch die Mutter, es werde der jungen Frau mißhagen, wenn sie nicht ein paar Gemächer neben einander habe. Dazu wird nun der große Saal eingerichtet, gleich neben Dir an, worin Du als Kind so gern spieltest, und Deine Freude hattest, an den vielen alten Waffen, und an den lebensgroßen Bildern auf der Wand. Die Helme und Harnische und Schwerdter sind schon herausgenommen, und auf einen Haufen in die verfallne Schloßkapelle gebracht, von den großen Ritterfiguren fällt häufig die Farbe ab, und wird auch Manches verdeckt, indem man zwei neue Wände zwischendurch zieht, welche übrigens dünn genug sind, so daß sie der starke Fußboden wegen des Gewölbes drunter gar leichtlich trägt. Die Mutter wird Alles schon ordentlich und bequem zurecht machen. Ich komme jetzt nicht viel dahinein; ich hatte mich so an den alten Saal gewöhnt, und seit die Waffen heraus sind, und die Handwerksleute drin herumklappern, sieht er höchst wüste aus und verstört. Bei der nähern Einrichtung wird sich's vielleicht besser ausnehmen.

      Sage mir aber doch Keiner mehr was von Ahnungen, Prophezeihungen und dergleichen! Die Mutter meinte so gewiß, die Geschichte des jungen Kunraths, welche wir damals zu lesen anfingen, hätte auf Dich gedeutet, und mir selber ward beim Abschiede wunderlich zu Muth, als schickte ich Dich hinaus in Blut und Sieg auf Nimmerwiedersehn. Nun kommst Du nach einem halben Jahre mit einer jungen Frau zurück. Gott seegne Dich! Es ist eigentlich besser gekommen, als ich dachte, aber ich kann mich noch nicht recht darein finden.

      Vor einigen Tagen war hier ein tapfrer Kriegsoberster, Balderich, der im Halberstädtischen Truppen wirbt, und mir viel vom nahen Feldzuge zu erzählen hatte. Mit der Deutschen Ritterschaft ist es aber doch wohl aus.

      Fahr wohl.

      Dein getreuer Vater,

       Rudolph.

      Alwin vergoß bittre Thränen über diesen Brief, dann aber trug er ihn zu Beatrix Eltern, sie waren mit Allem zufrieden, und der Tag zur Verlobungsfeier ward festgesetzt.

       Inhaltsverzeichnis

      In einem großen Saal bei Beatrix Vater war die Gesellschaft versammelt, man erwartete nur noch die Braut, um beide junge Leute in ihrem neuen Verhältnisse vorzustellen. Da Alles, was in den ersten Cirkel gehörte, eingeladen war, hatte man Thorwald, Mathildens ernsten Freund und Berather nicht ausschließen können, so gern Alwin sich seiner belästigenden Gesellschaft überhoben gesehn hätte. Der Secretarius trat unversehens auf ihn zu, indem er in halber Verlegenheit, halber Lust auf und ab ging, und redete ihn sehr freundlich an:

      Ihr seid vielleicht bös auf mich, und habt nicht Unrecht. Aber wer wird nachtragen, und vollends an einem glücklichen Tage! Ich meine es gut mit Euch, noch jetzt, da Ihr Euern eignen Weg eingeschlagen, und mir mein Concept verrückt habt. Das sei Euch Bürge für meine Liebe, denn wir Scribler pflegen sonst dergleichen Stöhrungen sehr hoch zu empfinden, auch gebührt mir ein Dank, weil ich Euch Euerm jetzigen Glück unbewußterweise entgegen geführt habe. Unbewußterweise! Ja wohl! Euer Genius hat besser gewußt, wo es mit Euch hinaus wollte, als Euer Freund. Bevor ich das recht begriffen hatte, war ich wild, störrig, so oft ich Euch in der neuen Laufbahn erblickte. Ihr seid ein Dichter, und habt Eure Freude an Schauspielen. Denkt nun selbst, wenn der Held Roland bei seinem Zuge nach Ronceval mit einem Male auf der Bühne Halt machte, und einem benachbarten Edelmann sein Gut abpachtete, um dessen Tochter zu heirathen – würdet Ihr nicht schelten auf den Dichter, die Comödianten und die beifälligen Zuschauer? So ging es mir. Nun seh' ich aber, daß ich mich nur in der Ankündigung geirrt habe, daß von gar keiner Haupt- und Staats-Action die Rede war, sondern blos von einem artigen Schäferspiel. Es ist also Alles ganz consequent, und ich bitte Euch herzlich um Verzeihung. Herzlich, wahrhaftig! fuhr er fort, als Alwin zweifelnd und schweigend vor ihm stand. Ich bereu' es, je bitter gegen Euch gewesen zu sein.

      Und sagt mir doch eben, rief Alwin, die bittersten Worte, die ich noch je vernahm.

      Das ist nur Eure Schuld, antwortete Thorwald. Wenn Ihr nicht mehr vorstellen wollt, als Ihr seid, könnt Ihr mit ihnen vollkommen zufrieden sein. Wer heißt Euch denn, vom Leben was Andres verlangen, als Ihr hinein legt? Beim ewigen Gott, ein frommer Hausvater ist ehrenwerth; seid es, und Niemand darf gegen Euch das Geringste einwenden. Ihr habt das Ziel bei Zeiten gefunden, kaum den Hafen verlassend, wandtet Ihr schon in den nächsten ein, und statt im Treiben der großen Welt, nach reichen, wechselnden Farben zu spähn, hat es Euch gedient, die Eine permanente für all' Eure Lust bei Zeiten auszumitteln. Baut Euch an, Ihr könnt hoffen, Eure Saaten in voller Reife und Herrlichkeit zu schauen.

      Schöne Verlobungsrede, rief Alwin.

      Fürwahr, sagte Thorwald, es thut mir leid, wenn Euch was darin mißfällt. Im Uebrigen schickt sie sich grade für einen zwanzigjährigen Bräutigam.

      Beatrix trat herein, strahlend wie die Göttin der Jugend im frischesten Glanz der Gesundheit und Freude. Ihr Vater faßte den unwillkürlich herbeieilenden Alwin mit einer Hand, sein erröthendes Töchterchen mit der andern und zeigte das hübsche Paar allen Versammelten als Bräutigam und Braut. Beatrix drückte, nach seinem Geheiß, einen glühenden Kuß auf des Jünglings Lippen, die Gesellschaft drängte sich glückwünschend zu, auch aus Mathildens Munde tönten einige Worte. Was willst du mehr, sagte Alwin unaufhörlich zu sich selbst, und nahm bald aufs heiterste an allen Freuden der muntern Umgebung Theil.

      Ein Fremder ward dem Hausherrn angemeldet, dessen Namen Alwin überhörte, auch wenig darauf achtete, wie diese Ankunft die ganze Gesellschaft bewegte. Er blieb an Beatrix Seite, gern versunken in das Gefühl belohnter Liebe; da gingen die Flügelthüren auf, eine hohe schlanke Gestalt trat herein im prächtigen Kriegerschmuck, nachlässig und herrlich zugleich, so in Anzug als Geberde. Feldoberster Adalbert, rief Mathilde, endlich wieder in Braunschweig. Willkommen, ob auch gewiß die nahe Unruhe in Eure Fersen tritt. Sie reichte ihm die schöne Hand zum Kuß, und ihre blitzenden Augen, ihre glühenden Wangen verriethen des hohen Kriegers belohnendstes Geheimniß.

       Inhaltsverzeichnis