Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque

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Название Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор произведения Friedrich de La Motte Fouque
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027207022



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mir.

      In Gottes Namen, Junkherr, antworteten die alten Reiter. Die jungen schlugen ungeduldig ihre Pallasche zusammen. Das Feuern im Walde kam näher. Adalbert sprengte vor den Reihen herunter, flammenden Blickes, zuversichtlich und stolz, mit kräftigen Worten die Kriegsleute ermunternd, während Balderich ernsthaft und schweigend vor dem mittelsten Haufen hielt, das Auge unverwandt nach dem Walde gerichtet, dorthin, wo man am heftigsten schoß.

      Ein Jubelgeschrei brach durch den Wald, und gleich darauf blinkende Schaaren von allen Seiten her, die Blänker und Feldwachen voran treibend. Marsch, rief Adalbert, marsch, bliesen die Trompeter, und riefen die Führer des ersten Treffens, man prellte mit verhängten Zügeln an. Der Feind stutzte für einen Augenblick, wandte sich sogar zur Flucht, aber seine Verstärkung sprengte heran; sie waren vierfach zahlreicher als man erwartet hatte. Das zweite Treffen mußte sich herumwerfen, mit in's Gefecht; jeder fand nur Hülfe bei sich selbst.

      Alwin hatte mit seiner Schaar zweimal angegriffen, was ihm gegenüber stand. Man war immer kaum auf ein paar hundert Schritte gegen einander gekommen, wie der Feind sich wandte, und zwischen andern schlagfertigen Schwadronen durchging, die seinen Rückzug deckten. Staub flog ringsumher auf, und zwischenhin zog sich blauer Dampf aus den abgefeuerten Büchsen und Pistolen. Sorgsam schaute nun Alwin umher, ob er nicht Gelegenheit finden könne, anzuwenden was ihm sein tapfrer Vater in manchem ernsten Gespräch gelehrt hatte. Anfänglich war ihm Alles zu wild vorgekommen, fast wie ein förmlicher Ueberfall; nun ordnete das Gefecht sich nach und nach vor seinen Blicken, er bemerkte einen Punkt, von wo aus der Feind zu überflügeln sey. Rechter Flügel vor! rief er seinen Halberstädtern zu, und trabte grade auf den erspähten Punkt los. Der Feind schien auch wirklich zu wanken; Galopp! Darauf, darauf! schrie der sieg'slustige Jüngling, Haut nach! Da hörte man linksher Roßgebraus. Der Feind kriegt Verstärkung! riefen einige alte Reiter Alwin's; zurück! Memmen geht zurück, antwortete dieser; darauf! Und im Augenblick saß er zwischen den wiedergesammelten Reitern des Haufens, den er überflügelt hatte, und denen des neu anrückenden. Seine Halberstädter waren zurückgeprellt. Ergebt Euch, junger Mensch! Ihr seid abgeschnitten! So rief ihm ein vornehmer Offizier des Feindes zu. Alwin antwortete mit einem Hieb, der seinen Gegner vom Pferde warf. Nun fiel alles wild über ihn her. Aline! rief er, in sich selbst hinein; und begierig auf ihre Perlenthränen, hieb er kühn gegen den übermächtigen Feind. Einer hatte schon seine Zügel gefaßt, ein Zweiter wollte ihn am Wehrgehäng zu Boden reissen, viele Schwerdter flogen klirrend auf seinen Federhuth, aber die Halberstädter brachen wieder vor, und hieben ihn heraus. Dicht an sich vorbei sah er im selben Augenblick Adalberten streifen, der rief: die Bahn zum Sieg ist offen! Nach mir! Es tobte von Roß und Mann bei ihm vorüber, und eh' er sich noch erhohlte vom wilden Gefecht, sah er die Feinde in weit zerstreuter Flucht nach dem Walde zu. Die Halberstädter hieben von allen Seiten nach.

       Inhaltsverzeichnis

      Es war nun auf dem Wahlplatze gänzlich still geworden. Man pflegte der Verwundeten; führte die Gefangnen zusammen, und nur fernher aus dem Walde klangen Trompeten, hin und wieder Apell blasend, damit sich die einzelnen Reiter nicht zu weit beim Nachsetzen verlören.

      Adalbert und Alwin hatten sich beisammen auf die grüne Heide gelagert, welche eben hell im frischen Morgenrothe leuchtete und von Morgennebeln dampfte. Der wackre Feldoberste sprach vom ausgefochtnen Treffen, von seines Zöglings allzufertiger Kühnheit, und wie er dennoch halb unbewußt die Pforten des Sieges gesprengt habe. Zuletzt sagte er: Ihr habt aber gar nicht wie ein Bräutigam gefochten; vielmehr wie Einer, dessen Geliebte im Sarge liegt. Ich sah's wie Ihr einhiebt: selbstvergessen, wild, achtlos der schwirrenden Klingen des Feindes. Wenn Ihr in dieser Manier fortfahren wollt, kann ich der hübschen Beatrix nicht Wort halten. Sie wird ein Ehrenmal finden aus kaltem Marmor, statt des ersehnten, jugendlich frischen Bräutigams.

      Alwin wandte sich schweigend, halb widerwillig ab.

      Ihr thut Euch auf alle Fälle Unrecht, fuhr Adalbert fort, und am mehrsten damit, daß Ihr Euern Kummer allzusorgfältig verschließen wollt. Unter Soldaten bleibt doch ein Geheimniß sich selbst getreu. Wenn pfiffige Leute auf die Menschenkenntniß ausgehn, wie ein Jäger auf's Wild, bleiben wir Kriegsmänner dahinten, aber es kommt uns wie im Traume an; wir wissen unbedingt, was Einer beim Andern finden mag. Habt Ihr nun keine Lust, in dürren Worten zu hören, vielleicht in spöttelnden, was Euer Herz bewegt, so müßt Ihr Euch bei erster Gelegenheit ernst und männlich darwider erklären, allenfalls mit der Klinge in der Hand. So hab' ich's von jeher gemacht wegen meines Verhältnisses zu Mathilden. Keiner verliert ein dreistes Wort darüber in meiner Gegenwart, Keiner nennt ihren Namen, ungefragt vor mir, und ich kann mir sonder Stöhrung diejenigen aussuchen, mit welchen ich von ihr reden will, so wie ich eben jetzt Euch gefunden habe.

      Alwin sah staunend zu ihm auf. Mein Feldherr, sprach er, mein theurer Führer, wie ehrt mich Eure offne Rede, und wie beschämt sie mich!

      Nicht als verlangt ich von Euch das Gleiche, fiel Adalbert ein. Elendes Vertrauen, das allenfalls zwei Krämer gegen einander empfinden! Ihr gebt mir Wein, ich geb' Euch Oehl, und so wär' der Handel gemacht. Pfui der Erbärmlichkeit; das Wort Freundschaft könnt' einem wackern Menschen fatal werden. Ich rede mit Euch, weil Ihr ein tapfrer Jüngling seid, weil Ihr mir gefallt, und endlich und vorzüglich, weil ich's eben so will.

      Nun theilt' er ihm mit, wie er Mathilden seit Jahren schon liebe, anbete, wie sie nach Weiberart diesen und jenen Plan zu ewiger Verbindung entwerfe, davon er keinen ausführe, weil er sie nicht anders lieben könne, als in der herrlichen Ungebundenheit, worin sie beide sich bis jetzt erhielten, und er von ihr eigentlich des gleichen Gefühles gegen ihn überzeugt sey. Bewahre sie Gott vor einem Ehemanne! schloß er endlich seine Rede. Sie ist bestimmt unser Aller Königinn zu seyn, und Niemand muß als ihr Gebieter auch nur äußerlich erscheinen wollen. Er würde sie, und sich selbst verderben für alle Seligkeit dieser und jener Welt.

      Hartwald ist auch angekommen, sagte Balderich, der eben zu den beiden Sprechenden trat. Seine Schaar liegt hier in der Nähe.

      Wo streift denn der kecke Wildfang herum? fragte Adalbert. Willkommen ist er mir immer, und jetzt eben zwiefach, aber sagt mir doch, welche Tollheit ihn in diese Gegend bringt?

      Er kann Euch alsbald selber antworten, erwiederte Balderich. Unsre Blänker trafen sein Lager im Walde, und da hat er sich sogleich aufgemacht, um zu Euch zu gelangen. Seht da!

      Ein lustiger Zug von Kriegsleuten sprengte über die Ebne. Im Vorbeitraben grüßten sie die müden und verwundeten Halberstädter auf's freundschaftlichste, sprangen auch hier und dort ab, um aus ihren Mantelsäcken Weinflaschen und Brod hervor zu hohlen, zugleich aber wiesen sie tröstend auf einige schwer beladne Wagen, die sich in der Ferne zeigten. Die kampfmüden Reiter fuhren ermuntert in die Höhe, selbst die blutenden riefen ein lautes: Willkommen! und in diesem frohen Gewimmel schwang sich ein frischer, kräftiger Mann vom Roß, auf Adalbert zureitend, der ihn mit herzlichem Handschlag begrüßte.

      Fragt mich nicht, sagte der Fremde lachend, wo ich herkomme. Meine Antworten möchten wenig oder gar nicht zu eines gestrengen Feldobersten Befriedigung taugen. Nur so viel sag' ich Euch im Allgemeinen: mir sind die Klöster fatal (mich dünkt, Ihr wißt die Gründe.)

      – Adalbert lächelte bejahend. –

      Und hier, wo's deren so viele giebt, hab' ich sie ein Bischen gezwackt. Dafür bin ich nun auch abgeschnitten vom großen Heer.

      Wir können uns also zusammen durchhauen, unterbrach ihn Adalbert.

      Nein, fuhr der Fremde fort, das geht nicht. Es sind gar zu viel der Katholischen Ritter, und auch ein Löwe könnte von einer Mückenwelt krank gestochen werden. Was Euch Heute angefallen hat, war nur ihr Vortrab.

      Wie nun Adalbert? rief Balderich. War des Liedes Warnung so gar zu verachten? Wenn über Eure dreißig junge Burschen die ganze Uebermacht hergefallen wäre! Wir standen nah daran, unsern prächtigen Hirsch zu beweinen.

      Nichts von Beweinen, fiel der Fremde ein. Vor allem laßt uns ein Siegesfest feiern.