Der Olymp. Achim Lichtenberger

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Название Der Olymp
Автор произведения Achim Lichtenberger
Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783170396180



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überweltlichen Charakter des Olymps als Göttersitz herauszustellen.10 So heißt es in dem Text, nachdem Athena mit Nausikaa im Land der Phäaken gesprochen hat:

      »Als sie so gesprochen hatte, ging sie hinweg, die helläugige Athene,

      zum Olymp, wo sie sagen, daß der Sitz der Götter ist, der wankenlose immer.

      Weder von Winden wird er erschüttert noch auch von Regen je benetzt,

      noch auch naht Schnee ihm, sondern Himmelsheitre ist durchaus ausgebreitet,

      wolkenlos, und ein weißer Glanz läuft darüber hin. Auf ihm erfreuen sich die seligen Götter alle Tage. Dort ging die Helläugige hin, nachdem sie der Jungfrau Weisung gegeben hatte.« (Hom. Ody. 6,42–46)

      Auch weitere Beschreibungen bei Homer lassen eindeutig darauf schließen, dass Homer an einen Berg dachte, wenn er vom Olymp sprach: »Glänzend« (aigläeis) ist der Olymp in der Ilias und in der Odyssee.11 »Spitz« (akros) ist eine Position auf dem Olymp, wo Ares in der Ilias sitzt,12 und »steil/hochgelegen« (aipys) ist der Berg wiederholt in der Ilias.13 In der Ilias verlässt Hera die »Spitze« (rion) des Olymps und Zeus bindet eine Kette um die »Spitze« (rion).14 Polyptychos (»schluchtenreich«) ist der Olymp in der Ilias15, und an die zerklüftete Landschaft scheint auch andernorts in der Ilias gedacht zu sein, wenn die Schluchten (ptychai) des Olymps genannt werden.16

      Alle diese Beschreibungen und Charakterisierungen können problemlos mit der realen Topographie des Berges in Einklang gebracht werden, und es ist jeweils der Berg als Sitz und Aufenthaltsort der Götter gedacht.

      Dass der bei Homer genannte Olymp der makedonisch-thessalische war, kann sowohl an der bereits besprochenen Stelle mit den benachbarten Bergen Ossa und Pelion gesehen werden als auch aus einer berühmten Stelle der Ilias, welche einen Flug der Hera beschreibt.17 In der Ilias wird der Weg der Hera vom Olymp zur Insel Lemnos beschrieben:

      »Here aber schwang sich hinab und verließ die Kuppe des Olympos,

      schritt über Pierien hin und die reizende Emathie

      und stürmte über der rossepflegenden Thraker beschneite Berge,

      über die obersten Gipfel, und berührte nicht die Erde mit den Füßen.

      Vom Athos aber schritt sie auf das Meer, das wogende,

      und gelangte nach Lemnos, der Stadt des göttlichen Thoas.« (Hom. Il. 14,225–229)

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      Abb. 8: Der Flug der Hera vom Olymp zur Insel Lemnos.

      So viel zu den homerischen Zeugnissen, die eine topographisch-naturräumliche Spezifizierung des Olymps als Berg vornehmen. Dabei wurde deutlich, dass der Olymp konkret als ein Berg gedacht war, der in Nordgriechenland lag.

      Der himmlische Olymp

      Nun müssen wir uns der Frage zuwenden, inwiefern Olymp und Himmel identisch sind. Diese Frage ist von Bedeutung, da in nachhomerischen Quellen die beiden Begriffe faktisch synonym verwendet werden und wir feststellen können, dass die Vorstellung eines himmlisch-überweltlichen Charakters des Olymps bereits bei Homer ausgeprägt ist. Es gibt also schon bei ihm diese Ambiguität: Der Olymp ist sowohl als Berg vorgestellt als auch als überweltlich-himmlischer Ort.19

      Es gibt Zeugnisse, die Himmel und Olymp sehr eng miteinander verbinden.20 So heißt es über die Meeresgöttin Thetis in der Ilias, als sie Zeus (den Kroniden) aufsuchte:

      »Und stieg in der Frühe hinauf zum großen Himmel und zum Olympos und fand den weitumblickenden Kroniden, wie er entfernt von den anderen saß auf der höchsten Kuppe des vielgipfligen Olympos«. (Hom. Il. 1,496–499)

      Ähnlich klingt es auch anderenorts in der Ilias,21 und im Zusammenhang mit der Ankunft Heras im Olymp heißt es:

      »Von selber dröhnten auf die Tore des Himmels, die die Horen hüten,

      Denen anvertraut ist der große Himmel und der Olympos,

      Bald zurückzuschieben die dichte Wolke, bald vorzulegen.« (Hom. Il. 5,749–751)

      Dies ist eine bemerkenswerte Charakterisierung, die möglicherweise auf die tatsächliche Beobachtung und Anschauung der Wolken in den Gipfeln des Olymps zurückzuführen ist. Allerdings bedeutet das noch nicht zwingend eine Gleichsetzung von Himmel und Olymp, denn der Himmel scheint den Olymp zu umgeben, so auch in einer anderen Stelle der Ilias:

      »wenn vom Olympos eine Wolke zieht in den Himmel

      aus dem Äther, dem göttlichen, wenn Zeus einen Sturmwind ausspannt.« (Hom. Il. 16,364–365)

      Eine Rede des Zeusbruders Poseidon kann als weiteres Zeugnis für eine solche Vorstellung herangezogen werden, wenn er sagt:

      

      »Denn drei Brüder sind wir von Kronos her, die Rheia geboren:

      Zeus und ich und als dritter Hades, der über die Unteren Herr ist.

      Dreifach ist alles geteilt, und jeder erhielt seinen Teil an Ehre.

      Ja, da erlangte ich, das graue Meer zu bewohnen immer,

      als wir losten, und Hades erlangte das neblige Dunkel,

      Zeus aber erlangte den Himmel, den breiten, in Äther und Wolken.

      Die Erde aber ist noch allen gemeinsam und der große Olympos.« (Hom. Il. 15,187–193)

      Auch bei der bereits besprochenen dramatischen Episode mit der Auftürmung der Berge Pelion, Ossa und Olymp durch Otos und Ephialtes, um den Himmel zu erstürmen, wird eine Unterscheidung zwischen Himmel und Olymp deutlich.22

      Insbesondere in den letzten beiden zitierten Passagen der Ilias wird zwischen Olymp, einer Zwischenschicht »Äther« und dem Himmel unterschieden, wobei der Olymp, wie auch aus anderen Textzeugnissen Homers deutlich wird, in den »Äther« hereinragt und der »Äther« wiederum in den Himmel. Unterhalb von »Äther« und Olymp ist die Luft (aer).23

      Dann wieder gibt es Texte, bei denen Olymp und Himmel mehr oder weniger gleichgesetzt erscheinen, so etwa in der Ilias:

      »Und sie stiegen heraus auf das Ufer und schwangen sich in den Himmel

      und fanden den weitumblickenden Kroniden, und um ihn saßen die anderen

      alle versammelt, die seligen Götter, die immer seienden.

      Und sie (Thetis) setzte sich neben Zeus, den Vater, und Platz machte ihr Athene.

      Und Here legte ihr einen goldenen schönen Becher in die Hand

      und erfreute sie mit Worten, und Thetis trank und reichte ihn zurück.

      Und ihnen begann die Reden der Vater der Männer und der Götter:

      ›Gekommen bist du zum Olympos, Göttin Thetis (…)‹.« (Hom. Il. 24,97–104)

      Hier scheint eine Gleichsetzung oder zumindest ein sehr enges Beieinander von Olymp und Himmel vorzuliegen.

      Das