Название | Der Olymp |
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Автор произведения | Achim Lichtenberger |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783170396180 |
Auch die antiken Etymologien des Namens Olympos vermögen keine überzeugenden Erklärungen zu liefern. Ein hellenistischer Text, der fiktiv dem Universalgelehrten Aristoteles zugeschrieben wurde und das byzantinische lexikalische Sammelwerk Etymologicum magnum möchten Olympos von dem griechischen Wort hololampes (»ganz leuchtend«) ableiten und verweisen auf eine Stelle in der Odyssee des Homer, welche den Olymp als strahlend hell beschreibt.70 Leider ist dies keine sprachwissenschaftlich akzeptable Etymologie, sondern eine gelehrte Spielerei mit einem Homerzitat, sodass die Bedeutung des Namens Olympos ungeklärt bleiben muss.71 Auch die mythologische Herleitung des Namens von einem Lehrer des Zeus namens Olympos, von dem Zeus laut dem griechischen Geschichtsschreiber Diodor (1. Jh. v. Chr.) den Beinamen Olympios übernommen habe,72 kann nicht überzeugen und ist wahrscheinlich eine von zwei Varianten der Vorstellung, dass Zeus einen Lehrer namens Olympos gehabt habe. Einen solchen soll es auch auf Kreta gegeben haben, und er wurde von Zeus getötet und bestattet. Auch dabei handelt es sich um eine sekundäre Aitiologie, also eine nachträgliche Erklärung des Namens.73 Dass der Berg nach einem weit hergeholten Beinamen des Zeus benannt wurde, ist eher unwahrscheinlich. Naheliegender ist, dass Zeus seinen Beinamen von dem Berg Olympos bekam, dessen Etymologie im Dunkeln bleibt.
2 Texte: Ambiguität: Der Berg-Himmel
Der Olymp ist in der Vorstellung der Griechen von Beginn der schriftlichen Überlieferung präsent.1 Schon bei Homer findet sich die Vorstellung, dass der Sitz der Götter auf dem Olymp lag. Dabei ist der Olymp als Berg, und zwar als ein konkreter Berg in Thessalien und Makedonien, gedacht. Zugleich können wir eine parallele Vorstellung beobachten. Bei Homer und insbesondere in der Folgezeit löst sich die Vorstellung vom Olymp als eines konkreten Berges in Nordgriechenland, und der Olymp bekommt eine übertragene Bedeutung und wird mit dem Himmel gleichgesetzt. Trotzdem bleibt die Vorstellung des Olymps als eines Berges bestehen, auch wenn diese nicht dominiert. Der Olymp ist also ein Berg-Himmel. Wir werden im Folgenden sehen, dass bereits Homer kein kohärentes, theologisch scharf abgegrenztes Bild des Olymps entwirft, sondern Ambiguität (Doppeldeutigkeit) den Olymp charakterisiert und daraus die panhellenische, gesamtgriechische Attraktivität des Olymps resultiert.
2.1 Der Olymp Homers
Wie üblich bei der Beschäftigung mit griechisch-römischer Kultur, stellt Homer den Ausgangspunkt dar. Das griechische Pantheon, die Welt der Götter und ihre Zuordnungen, wurde von Homer im späten 8. Jh. v. Chr. fixiert und geprägt. Der griechische Historiker Herodot schreibt im 5. Jh. v. Chr. in seinen Historien Folgendes über die griechische Götterwelt:
»Aber woher jeder einzelne Gott stammte oder ob sie schon immer alle da waren, wie sie aussahen, das wußten die Griechen sozusagen bis gestern und vorgestern nicht. Hesiod und Homer haben meiner Meinung nach etwa 400 Jahre vor mir gelebt, aber nicht mehr. Sie haben den Stammbaum der Götter in Griechenland aufgestellt und ihnen ihre Beinamen gegeben, die Ämter und Ehren unter sie verteilt und ihre Gestalt klargemacht. Die Dichter, die vor diesen Männern gelebt haben sollen, kamen meiner Meinung nach erst später.« (Hdt. 2,53) (Übersetzung: Josef Feix)
Soweit Herodot, der formuliert, wie sehr die von Homer und Hesiod überlieferten Vorstellungen prägend für das griechische Pantheon waren.2 Wir wenden uns damit dem zu, was Homer über den Olymp schreibt.
Der Olymp als Berg
Als expliziten Beleg dafür, dass der Olymp von Homer als Berg, und zwar als ein konkreter Berg in Nordgriechenland, aufgefasst wurde, kann man eine Stelle aus seinem Epos Odyssee nehmen. Darin wird berichtet, dass Otos und Ephialtes, zwei aufrührerische Söhne des Meeresgotts Poseidon, den Olymp stürmen und die unsterblichen Götter angreifen wollten:3
»Die drohten sogar den Unsterblichen auf den Olymp zu tragen,
das Getümmel des vieltobenden Kriegs,
und strebten, den Ossa auf den Olymp zu setzen und auf den Ossa
den blätterschüttelnden Pelion, damit der Himmel ersteigbar wäre,
und hätten es vollbracht, wenn sie zum Maß der Jugendreife gekommen wären. « (Hom. Ody. 11,313–317)
Hier wird zunächst deutlich, dass der Himmel (griechisch: ouranos) und der Olymp nicht identisch sind, denn die Berge, darunter der Olymp, werden aufgetürmt, um in den räumlich über dem Olymp vorgestellten Himmel zu gelangen. Dabei wird der Olymp als Berg gedacht, auf den man zwei weitere Berge, Ossa und Pelion, stapeln konnte. Ossa und Pelion sind zwei Berge südlich des Olymps, die durch literarische Quellen gut lokalisierbar sind. So zeigt sich, dass der Olymp nicht nur als Berg verstanden wurde, sondern als ein Berg, der ganz konkret in Nordgriechenland in einem bekannten topographischen Gefüge lag (
Weitere Beschreibungen und Beinamen des Olymps verweisen darauf, dass konkret an einen Berg gedacht wurde.6 So spricht Homer immer wieder von den »Häuptern« oder »Gipfeln« des Olymps, wenn er auf Griechisch die Olympoio karenon, die »Häupter des Olymps«, erwähnt. So heißt es in der Ilias über Apollon: »Und schritt herab von des Olympos Häuptern, zürnend im Herzen«7.
Die Pluralform »Häupter« zeigt, dass Homer eine Vorstellung davon hatte, dass der Olymp mehrere Gipfel hatte. In dieselbe Richtung deutet auch eine Begebenheit, von der uns Homer in der Ilias berichtet: Wir befinden uns in der Situation kurz vor einem Streit zwischen Hera und Zeus. Schon vorher wurde Zeus von Thetis angegangen, für ihren Sohn Achill Partei zu ergreifen. Da heißt es über Thetis:
»Und stieg in der Frühe hinauf zum großen Himmel und zum Olympos und fand den weitumblickenden Kroniden, wie er entfernt von den anderen saß auf der höchsten Kuppe des vielgipfligen Olympos«. (Hom. Il. 1,497–499)
Dieselbe Formulierung und dasselbe Abseitssitzen des Zeus finden sich immer wieder in der Ilias und Zeus beruft auf der höchsten Kuppe des vielgipfligen Olympos die Götterversammlung ein.8
Eine eher allgemeine Spezifizierung des Olymps im Sinne eines Berges erfolgt über die griechische Bezeichnung makros oder megas, »groß«, was insgesamt 17 Mal für den Olymp belegt ist. Die Bezeichnung aganniphos, »stark beschneit« findet sich zweimal in der Ilias, und ein weiteres Mal nur »beschneit« (niphoeis) wird er in dem Epos genannt.9 Der Olymp ist auch heute die meiste Zeit des Jahres schneebedeckt; und daher lässt Homers Charakterisierung auf tatsächliche Kenntnis