Название | Monster, Monster überall |
---|---|
Автор произведения | Jürgen Höreth |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783969879269 |
»Och, ich fand sie doch recht … äh …«
»Nein!«
»Ach, komm schon Emrah …«
- E N D E -
Einleitung
Diese Story ist bereits einmal in der Sammlung DIRTY CULT erschienen, ein Non-Profit-Projekt, das Ulf Ragnar Berlin und Daniel Bechthold aus der Taufe gehoben hatten. Die Prämisse dazu war, dass man Kurzgeschichten zu einem Gemälde von Daniel Bechthold verfassen sollte (übrigens ein hervorragender Künstler, den ich vor allem für seine s/w-Illustrationen sehr schätze).
Für mich war das Bild eine kongeniale Illustration zu einer lovecraftschen Story, rund um einen Geheimkult, einer monströsen Kreatur aus den Tiefen des Alls und den typischen Lovecraft-Protagonisten: hilflosen Gestalten, die taumelnd dem Abgrund entgegen wanken. Ich hoffe natürlich, dass ich diese lovecraftsche Atmosphäre ein wenig einfangen konnte. Insgesamt war DIRTY CULT eine wunderbare Storysammlung mit fantastischen Autoren, und ich bin ein wenig stolz damals mit dabei gewesen sein zu können.
FERNAB IN DEN HÖHLEN DER SCHMELZENDEN AUGEN
Ich liege im frostfeuchten Gras, blicke zu einem sternenübersäten Himmel empor und kann es nicht fassen, dass ich noch lebe, so viel Unfassbares ist in den letzten Stunden auf mich eingestürmt und drohte mich in die unlotbaren Schlünde der Hölle zu reißen.
Aber wo fange ich mit meiner Erzählung an. Wohl am besten bei der Zusammenkunft mit Gertrud am Vorabend Ihrer Abreise nach Aaroch. Diese Dame, so müssen Sie wissen, war mit mir auf amouröse Weise verbunden, ohne dass wir dies öffentlich bekannt zu machen gedachten. Sie war ein Freigeist, unabhängig und willensstark. Sie hatte sich einen Beruf zu eigen gemacht, der selbst für die modernen und fortschrittlichen Zeiten des Jahres 1902 für eine Frau außerordentlich ungewöhnlich war. Gertrud bestritt ihren Lebensunterhalt als Privatdetektivin. Eine fürwahr profane Tätigkeit, dem Ruf einer Dame mit Sicherheit abträglich, aber das war Getrud jedoch in jeder Weise egal.
Wir saßen bei einem Glas Wein in meinem kleinen Salon beieinander und sie berichtete mir von ihrem neuesten Auftrag. Die Ehefrau eines Astronomieprofessors hatte sie engagiert, um dem mysteriösen Verschwinden ihres Gatten auf den Grund zu gehen.
Jener Professor war vor nunmehr einem Monat mit einigen seiner Studenten aufgebrochen, um den Einschlag eines immensen Meteors in den Tiefen des Bayerischen Waldes zu untersuchen. Sein letztes Lebenszeichen hatte Frau Gottschaid von Ihrem Mann Friedrich aus dem winzigen Städtchen Aaroch erhalten. In dem Brief, den Gottschaid auf der Poststelle in Aaroch aufgab, hatte der Professor überaus enthusiastisch geklungen. Mit einem örtlichen Führer war man in die dunkelgrünen Tiefen des Bayerischen Waldes aufgebrochen, um die Überreste des Meteors zu begutachten. Dessen gewaltiges Aufschlagen auf irdischen Boden hatte man laut einiger Zeitungsberichte noch in 100 Kilometern Entfernung zu spüren bekommen.
Getrud empfand dieses neue Mandat als abenteuerliche Abwechslung in ihrem detektivischen Alltag, der zumeist aus dem Hinterherspionieren von untreuen Ehemännern bestand. Ich verabschiedete mich von ihr an einem kühlen Herbsttag, der meine trübe Stimmung gut widerspiegelte, schließlich würde ich Getrud längere Zeit nicht mehr zwischen den Laken meiner Bettstatt begrüßen können.
Schneidig sah sie aus, meine Schöne, in ihrem Hosenanzug und dem Fedora, den sie keck in den seidigen Nacken geschoben hatte.
An ihrer linken Hüfte beulte sich der Revolver aus, den sie in einem Halfter unter dem Jackett verborgen hatte.
»Bis bald, Herr Bibelfest«, neckte sie mich zum Abschied, in Anspielung auf meine berufliche Tätigkeit als Religionslehrer.
Sie sagte es mir nie, aber vielleicht war der Grund für unsere amouröse Affinität der Reibungspunkt zwischen ihrem absoluten Atheismus und meiner verklärten Gottgläubigkeit. Nun, wer weiß …
Sie winkte mir mit einem herzerfrischenden Lächeln aus dem Fenster des Zuges zu, und ich grüßte Hand wedelnd eifrig zurück.
Vierzehn Tage ohne Nachricht von ihr vergingen, die mich nicht beunruhigten.
Nach weiteren zwei Wochen ergriff mich eine nie gekannte Nervosität und Unruhe, woraufhin ich kurzentschlossen meinen Reisekoffer packte und ich mich gleichfalls auf die Fahrt in das besagte Städtchen Aaroch begab. Rektor Engelbach war alles andere als entzückt von meinem kurzfristigen Urlaubsantrag, aber er bewilligte mir eine Woche und knurrte mir etwas Undefinierbares zum Abschied hinterher.
Ich stieg zweimal um, bevor ich die letzte Etappe in das Herz dieses riesigen Waldgebietes antrat. Die Lokomotive, die lediglich einen Personenwagen zog, mutete mir wie ein metallenes Monstrum aus den Pioniertagen des Transportwesens an. Mit asthmatischem Schnaufen quälte sich diese geschundene Antiquität durch finstere Waldschluchten, die unendlich schienen. Der Urwald, der sich rechts und links der Schienen auftürmte, hatte nichts von der Frische und Vitalität seiner südamerikanischen Vettern, sondern entfachte mit seiner Düsternis und der tiefgrünen Schwermut ein Gefühl der Beklemmung in mir.
Das Städtchen Aaroch entpuppte sich als eine trübselige Ansammlung unverputzter Gebäude, angefressen von beginnendem Zerfall und andauernder Vernachlässigung. Schmutzig graue Schieferdächer hingen wie verbrauchte Rücken durch, abblätternde Wandfarbe allerorts und blinde Fensterscheiben, deren Erneuerung man keine Aufmerksamkeit schenkte. Diese Ortschaft schlug mir ebenso aufs Gemüt, wie die quälende Zugfahrt, und so fragte ich mich, ob Gertrud dieselben Gefühle bei ihrer Ankunft hier beschlichen hatten.
Ich mietete mich im einzigen Hotel der Stadt ein, welches eher den Eindruck eines bäuerlichen Gasthofs machte, der sich aus der Not heraus, noch ein paar Schlafkammern an der Rückseite gestattete.
Das Zimmer war eng und muffig, die Möblierung karg und von niederster Qualität. Im durchgelegenen Bett hatten es sich ein paar Wanzen bequem gemacht, und das einzige Fenster hatte einen bräunlichen Schmutzfilm anstatt einer Gardine.
Das Abendessen nahm ich im Gastraum ein. Ich bestellte das alleinig verfügbare Gericht: Eine wässrige Suppe in der sich einige undefinierbare Brocken tummelten. Die Brocken hatten entfernten Fleischgeschmack, aber ich war mich nicht sicher. Es hätte gewiss auch aufgeweichter Mäusekot sein können.
An den anderen beiden Tischen spielten einige rotgesichtige Männer Karten. Dabei legten sie ein mir unheimliches Schweigen an den Tag.
Ich war es gewohnt, dass kartenspielende Gesellen beim Stechen munter prahlten, fluchten oder zumindest enttäuscht schnauften. Diese sonderbare Gesellschaft starrte nur stumm und finster vor sich hin, bar jeglicher herzerfrischender Konversation.
Ich ließ die Suppe halb gegessen stehen und trat zu dem krummbeinigen Wirt, der hinterm Tresen seine bauchigen Gläser polierte.
Dann nahm ich eine Fotografie von Gertrud aus meiner Geldbörse und hielt sie dem Wirt hin.
»Entschuldigen Sie mein Herr. Eine gute Freundin von mir ist vor circa einem Monat nach Aaroch gereist. Da hier nicht allzu viele Lokalitäten vorzufinden sind, könnte ich mir vorstellen, dass sie hier im Hirschen abgestiegen ist … Können Sie sich vielleicht an sie erinnern?«
Mit einem trägen Blick bedachte der schnauzbärtige Wirt die Fotografie.
»Mmmh, eine gute Freundin von Ihnen sagen Sie, was? Und so ganz allein unterwegs in der Welt, das Weibsstück, hm?«
Ich ging auf die Provokation nicht weiter ein und wartete geduldig ab, ob seinen Lippen doch noch eine brauchbare Information zu entlocken sei.
»Na