Die Oslo-Connection - Thriller. Olav Njølstad

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Название Die Oslo-Connection - Thriller
Автор произведения Olav Njølstad
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788726344127



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gegen mich, ja, und auch nicht gegen Ulla. Denn bei dem Ganzen dreht es sich um den Wahnsinn auf dieser Erde und nicht um unseren Glauben oder Unglauben.«

      Genau so hatte er seine Worte gewählt. Sie hatte sie sich während ihrer ganzen Kindheit immer und immer wieder vorgesprochen, denn sie hatte große Angst davor, zu vergessen, was sie für eine persönliche Botschaft an sich selbst hielt. Trotzdem leugnete ihre Mutter, dass der Vater so etwas gesagt hatte.

      Alles ließ sich erklären, daran zweifelte sie nicht. Mutter hatte bestimmt ihre Gründe dafür, sich nicht zu erinnern. Aber sie selbst wollte und konnte das nicht vergessen, und die Zeit näherte sich, in der sie auch nicht mehr würde schweigen können.

      Doch zuerst musste sie herausfinden, was ihr Vater damit meinte, dass »sich das Meer geteilt habe«. Kein gottesfürchtiger Mann würde einen solchen Ausdruck ohne Grund auf seinem Sterbebett sagen.

      13

      »Ich habe gute Neuigkeiten«, sagte Doktor Adler. »Alle Ergebnisse sind hervorragend. Ihr Körper scheint Ihr neues Herz zu mögen. Es gibt keine Anzeichen einer Abstoßung. Noch ein paar Tage, und ich kann ›Entwarnung‹ geben und Sie gesundschreiben!«

      Werner richtete sich auf. Er war im Laufe des letzten Tages deutlich frischer geworden und sehr optimistisch.

      »Und wann darf ich hoffen, entlassen zu werden? Ich sehne mich danach, etwas anderes zu sehen als nur weiße Wände.«

      »Zuerst einmal sollten Sie sich darüber freuen, dass Sie nicht sehen, was da draußen vor sich geht«, sagte Adler kurz. »Wir leben in einer geisteskranken Welt, Werner. Ja, vielleicht nicht da, wo Sie leben. Aber hier. Es ist wie in einer Irrenanstalt!« Er seufzte resigniert. »Und das ist mein Land! Mein Volk!«

      Werner musterte ihn.

      »Meinen Sie, dass auch Israel einen Teil der Schuld an dem Blutvergießen trägt? Dass doch nicht alles Arafats Schuld ist oder die seiner Nachfolger?«

      »Ich weiß es nicht«, sagte Adler ernst. »Das ist alles so kompliziert. Ich bin nur ein kleiner Herzchirurg und verstehe nichts von Politik. Aber wann hat man zuletzt einen Krieg erlebt, an dem nur eine Partei schuld war?«

      Er trat ans Fenster und sah hinaus.

      »Zum Glück sieht man von hier nichts von den Kampfhandlungen. Aber wir hören, wie sie sich gegenseitig umbringen. Inzwischen ärgere ich mich darüber, dass ich nicht ausgereist bin. In die USA oder nach Europa, wo meine Vorfahren über Generationen gelebt haben. Bloß, wo soll ich hin? Alle Angehörigen, die überlebt haben, sind hier – der Rest ist im Holocaust verschwunden.« Er drehte sich rasch um, als wolle er die traurigen Gedanken verscheuchen. »Was haben Sie vor, nachdem ich Sie entlassen habe? Sie müssen ja noch ein paar Wochen im Land bleiben. Wir lassen Sie erst nach der 4-Wochen-Kontrolle nach Hause fahren.«

      »An die Mittelmeerküste«, antwortete Werner begeistert. »In der Nähe von Ashdod ist ein Hotel für uns reserviert worden. Zwei Wochen, nur Katarina und ich. Das werden die längsten gemeinsamen Ferien, die wir jemals hatten! – All das hat Doktor Schwartz arrangiert.«

      »Ja, in ihm haben Sie wirklich einen guten Freund. Das merkt man in vielerlei Hinsicht.«

      Etwas im Tonfall des Doktors ließ Werner aufhorchen.

      »Denken Sie an etwas Spezielles?«

      Adler zögerte.

      »Ich weiß nicht recht, was ich sagen soll. Aber hier im Krankenhaus haben wir zu spüren bekommen, dass Dr. Schwartz ein Mann ist, der Ihnen Gutes will. Und der gewohnt ist, zu bekommen, was er will.«

      »Wollen Sie damit sagen, dass Abby zu viel Druck auf Sie ausgeübt hat?« Werner verdrehte die Augen, als wolle er unterstreichen, welch absurder Gedanke das war. »Ich bin doch sicherlich nicht der erste Ausländer, den Sie operiert haben?«

      »Nein, ganz und gar nicht«, antwortete Adler. »Aber die anderen haben warten müssen, bis sie an der Reihe waren, wie meine eigenen Landsleute zum Beispiel. Normalerweise behandeln wir alle Menschen gleich.«

      Werner war verlegen.

      »Wollen Sie damit sagen, dass ich eine Sonderbehandlung bekommen habe? Dass Schwartz geholfen hat, mich nach vorne zu mogeln?«

      Adler setzte sich auf die Bettkante.

      »Nein, Sie haben niemandem den Platz weggenommen.« Er schwieg, während er durch das Stethoskop lauschte. »Man kann eher sagen, dass Ihnen jemand ein Extraherz beschafft hat. Auf diese Weise konnten Sie außer der Reihe einen Termin bekommen.«

      »Ich glaube, ich verstehe Sie immer noch nicht richtig. Was meinen Sie damit, dass mir jemand ein Extraherz beschafft hat? Das hört sich seltsam an.«

      Adler stand auf.

      »Ihr Herzrhythmus ist stabil. Keine Anzeichen für irgendwelche Komplikationen.« Er ging zur Tür. »Ich meinte das ganz einfach so, wie ich es gesagt habe. Dass es einer der unabsichtlichen Nebenaspekte eines solchen Krieges ist, wenn man vermehrten Zugang zu vitalen menschlichen Organen hat. Von jungen, starken Männern. Soldaten werden erschossen – manche sterben auf der Stelle, andere werden lebensgefährlich verletzt. Die Letztgenannten können uns nutzen. Werden sie rechtzeitig ins Krankenhaus gebracht, können wir uns Nieren und Herzen sichern, ehe sie von uns gehen. So wird ihr viel zu früher Tod ein bisschen weniger sinnlos.«

      Werner sagte nichts.

      Adler drehte sich in der Tür um und sah ihn mit gerunzelten Brauen an.

      »An dem Tag, an dem Sie operiert wurden, haben wir zwei junge Männer verloren. Sie wurden in den Kopf geschossen, als sie einen Schulbus verteidigten, der angegriffen wurde. Das nenne ich einen Heldentod.«

      »Ich fühle mich nicht ganz wohl«, sagte Werner ernüchtert. »Sind Sie sicher, dass es noch nicht wieder an der Zeit für etwas Morphin ist?«

      14

      Ehrenvoller Auftrag. Unsicherer Ausgang. So fasste Jørgen Hartmann die Situation für sich selbst zusammen, als er nach einer halben Stunde Beratung mit Dahlbo und Aslaksen endlich die drei Etagen mit dem Fahrstuhl nach unten zu einem verspäteten Lunch fahren konnte. Jetzt galt es, loszulegen, genau und systematisch zu sein, jeden Stein umzudrehen, alle zu verdächtigen und nichts und niemanden außer Acht zu lassen. Wenn er sich an diese einfachen Lehrsätze erinnerte, konnte er auf Beförderung und neue Chancen in der Behörde hoffen. Vergaß er sie, war er fertig. Wenn Terroristen oder ein einfacher Verrückter im Laufe des halben Tages, an dem sich der Staatsgast in Oslo aufhielt, ein Attentat gegen Muhammad Mustafa verübten, wusste er bereits jetzt, wem die Schuld zugeschoben werden würde. Ein einfacher Kommissar war chancenlos, wenn die Polizeiräte die Jagd auf den Sündenbock weiter unten in der Hierarchie aufnahmen. Oder, wie Dahlbo sich ausgedrückt hatte: Nicht nur die Revolution frisst ihre Kinder, Hartmann. Das gilt auch für die Kontraspionage!

      In der Kantine in der sechsten Etage waren weniger Menschen als sonst. Erst um Viertel vor eins hatten ihn die Chefs der Abteilungen Terrorabwehr und »Liaison« aus ihren Fängen gelassen, so dass die meisten Mitarbeiter aus der Tagesschicht bereits gegessen hatten. Er hielt nach bekannten Gesichtern Ausschau, während er mit der Frau an der Kasse ein Schwätzchen hielt und seinen Kaffee bezahlte. Ganz hinten im Raum sah er Eva Tamber von der Abteilung »Prolif« – oder Kontraproliferation, wie sie gemäß der neusprachlichen Rechtschreibung des PST hieß. Sie saß allein an einem Tisch und las Zeitung. Tamber war die Einzige von Hartmanns Kollegen, von der er nicht auf Anhieb sagen konnte, ob er sie mochte oder nicht. Der Altersunterschied war das kleinste Problem, obwohl Tamber durchaus seine Tochter hätte sein können. Dass sie eine ungemein sportliche Frau war, störte ihn auch nicht. Aber trotzdem blieb er skeptisch. In manchen Fragen konnte sie sehr liberal, ja fast radikal sein – so in ihrer Ansicht über die Rauschmittelgesetzgebung, die Staatskirche oder sexuelle Minderheiten –, in anderen Gebieten war sie stockkonservativ. Einmal hatte sie sich selbst als BüBo beschrieben – bürgerliche Boheme. Diese Betitelung war dermaßen peinlich, dass sich Hartmann damals gezwungen gesehen hatte, ihr zu sagen, sie mache sich