Mörderisches Kärnten. Dorothea Böhme

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Название Mörderisches Kärnten
Автор произведения Dorothea Böhme
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839268360



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      Mit der Frage hatte Wilma zwar nicht gerechnet, aber eine Antwort konnte sie geben: »Morgen, wegen Aktualität hat die Chefredaktion mir die Titelseite eingeräumt.«

      »Skandal bei den Höllenhunden«, murmelte Walter. »Und wir sind im Fokus der Mordermittlungen.«

      »Ein Motiv zumindest hättet ihr.«

      »Nein, nein, nein!« Walter stand auf und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. »Damit haben wir nichts zu tun, absolut nicht. Ich nicht, der Moritz nicht, und die anderen wussten ja nicht einmal Bescheid!«

      »Das ist hart.«

      Walter schien ihr nicht zuzuhören. »Erst das Finanzamt, jetzt die Kripo, die machen uns doch den Verein zua!« Er ließ sich zurück auf die Couch fallen. »Wie viel zahlt dir deine Zeitung?«

      »Sagen wir mal so.« Wilma überschlug ein paar Zahlen. »Mit dem Mordfall, der an der Sache dranhängt, ist sicher auch die Krone interessiert. Vielleicht fragen noch ein paar Zeitungen nach. Da ist ein Tausender sicher drin. Ganz zu schweigen vom Karriereschub.«

      Sie machte eine Kunstpause. Vermutlich lag sie völlig daneben, was die Bezahlung von freien Journalisten anging, aber Walter schien genauso wenig Ahnung zu haben wie sie.

      »Okay.« Er schluckte. »Wie wäre es, wenn der Verein … Sonderausgaben hat?«

      »Du willst mich doch nicht etwa bestechen?« Wilma öffnete den Mund und riss die Augen auf. Beim Ladendetektiv in den City-Arkaden in Klagenfurt hatte der Unschuldsblick funktioniert.

      »Hör zu.« Walter rutschte auf der Couch nach vorn. »Das mit dem Geld ist kein Problem bei uns. Deshalb ja auch die ganze Finanzamtsgeschichte.«

      So etwas hatte Wilma vermutet. Wenn sie sich in Walters Haus mit der schicken Einrichtung umsah, musste allein der Fernseher mehr als Wilmas Auto gekostet haben.

      »Aber der Verein ist uns wichtig«, fuhr Walter fort. »Du würdest uns damit einen wahnsinnigen Gefallen tun.«

      Gefallen tat Wilma gern. Das sollte sie ihrem Bewährungshelfer erzählen. Eine weitere gute Tat für die St. Veiter Höllenhunde.

      »Sonderausgaben klingt gut«, nickte sie. »Sind auch hundertprozentig von der Steuer absetzbar.«

      »Als Scheck oder in bar?«

      So viel hatte der Mann bar bei sich herumliegen? Wilma kniff sich in den Arm. Einbrüche waren wirklich nicht mehr drin.

      Sie nahm die Scheine in Empfang – und merkte sich nicht die Schublade, in der er sie liegen hatte –, dann gab sie Walter ein Küsschen auf die Wange. »Ich wünsch deinen Höllenhunden alles Gute.«

      Er lächelte schief, als er die Haustür hinter ihr schloss.

      Zurück im Auto verstaute Wilma das Geld im Geheimfach ihrer Handtasche und schickte Toni eine SMS. ›Hast was gut bei mir! Und ein Glaserl Aperol ist auch drin!‹ Dann startete sie den Motor und fuhr zurück zur Burg Hochosterwitz. Es war kurz nach sechs, Clara und Bernhard würden gleich Feierabend machen.

      Sie hatte recht. Claras Auto stand noch auf dem Parkplatz und gerade, als sie daneben eingeparkt hatte, kamen die beiden Arm in Arm auf sie zugeschlendert.

      »Was machst du denn noch hier?«, fragte Clara, nur um sich gleich darauf zu entschuldigen, dass sie vorher so empfindlich gewesen war. »Aber weißt, es ist ganz schlimm zu wissen, dass da einer gestorben ist.«

      Wilma nickte und drückte ihren Arm. »Ist schon okay, Clara«, sagte sie leise. »Wie ist es denn passiert?«

      »Was?« Clara riss die Augen auf.

      »Ich weiß ganz sicher, dass du es warst. Genickbruch, hätt auch von einem Unfall herstammen können. Nach der Information ist mir dein Auto aufgefallen: Dein Nagellack hat nicht ganz den Rotton von deinem Wagen.« Wilma deutete auf die Stelle oberhalb der Stoßstange, die in einem anderen Rotton überlackiert worden war. »Als ich heute deinen Nagellack gesehen habe und wie sehr dich die Geschichte mitnimmt, hat alles einen Sinn ergeben.«

      »Oh Gott, ich wollte das doch nicht!« Clara schlug die Hände vor das Gesicht, Bernhard nahm sie schützend in den Arm.

      »Es war nicht ihre Schuld, wirklich nicht«, verteidigte er seine Freundin. »Wir waren die letzten und sind losgefahren und auf einmal springt dieser depperte Kerl aus den Büschen uns direkt vor die Motorhaube!«

      »Ich bin doch ganz langsam gefahren«, weinte Clara. »Er hätt’ höchstens einen verstauchten Knöchel haben sollen.«

      »Aber dann ist er unglücklich gefallen«, ergänzte Bernhard.

      »Und wer von euch beiden hatte die Idee mit dem Seil?«

      »Ich«, gab Bernhard zu. »Damit dachte ich, könnten wir sie auf eine falsche Fährte locken. Wenn es aussieht wie ein Mord, kommen sie nicht drauf, dass es ein zufälliger Unfall war.«

      Da hatte Bernhard tatsächlich Nerven bewiesen. Wilma machte sich eine mentale Notiz, beim nächsten Notfall Bernhard anzurufen.

      »Und was passiert jetzt?« Clara schnäuzte sich lautstark in ein Taschentuch und sah Wilma aus tränennassen Augen an.

      »Folgendes.« Wilma holte ein Stück Papier und einen Stift aus ihrer Handtasche. »Ich schreibe euch eine Adresse auf, da werden keine Fragen gestellt, da lasst ihr Claras Wagen ordentlich lackieren. Und dann werdet ihr den Rest eures Lebens anständige und gute Menschen sein. Waisenkinder adoptieren. Ehemaligen Kriminellen eine zweite Chance geben. So etwas.« Wilma drückte Bernhard den Zettel in die Hand, gab Clara noch einen flüchtigen Kuss auf die Wange und stieg in ihr Auto. Schon war die Welt wieder ein besserer Ort. Hochzufrieden mit sich selbst machte Wilma sich auf den Weg zum Termin mit ihrem Bewährungshelfer. Noch ehemaliger als sie konnte eine ehemalige Kleinkriminelle gar nicht sein. Ehrenwort.

      1 Burg Hochosterwitz: Weithin sichtbar eine der eindrucksvollsten Burganlagen und Hauptattraktion Kärntens im Privatbesitz der Familie Khevenhüller. Erste urkundliche Erwähnung als castrum (Burg) um 1200. Ein Erlebnis ist der Aufstieg zur Burg über den um den Felskegel geschlungenen Fußweg durch 14 individuell gestaltete, wehrhafte Torbauten hindurch (alternativ Schrägbahn), wobei jedes Tor einen Namen und seine Besonderheit hat. Nahezu uneinnehmbar bot sie der Bevölkerung beispielsweise in den Türkenkriegen Zuflucht. Hochburg mit Söller, Bergfried und Zisterne. Sehenswerte Wand- und Deckenmalereien in der Burgkapelle. Burgmuseum. Gaststätte im Burghof. Zahlreiche kulturelle Veranstaltungen wie das Akkordeonfestival im Juli und August.

      2 Magdalensberg: Mittelalterliche Filialkirche der Heiligen Helena und Maria Magdalena am Gipfel des Aussichtsberges mit eindrucksvollem Fernblick über das Zollfeld und das Klagenfurter Becken.

      Gipfelhaus Magdalensberg mit Hotel und empfehlenswertem Restaurant. Ideal auch als Familienausflugsziel mit großem Erlebnisspielplatz, Kinder-Gokarts, Tiergehege. Im Winter Rodelbahn.

      3 Perchtenläufe und Krampusumzüge: Die Perchten (Schicksalsfrauen, weibliche Masken- und Sagengestalten) trieben ursprünglich zum Jahreswechsel, meist Anfang Januar, den Winter aus, verschmolzen aber zunehmend mit den Krampussen als Begleiter des Nikolaus. Ab Anfang November bis Dezember finden in verschiedenen Orten Kärntens zu fixen Terminen spektakuläre Schauläufe statt, wobei meist mehrere schaurige Perchtengruppen mit tollen Showeinlagen (Feuer etc.), Riesenglocken, Ketten und Ruten für den nötigen Nervenkitzel sorgen. Als Besucher ist man hinter den Absperrungen recht sicher – nur werden die am Ende des Laufes gerne aufgehoben … Rette sich, wer kann!

      Hinweis: Kleinen Kindern gegenüber zeigen sich die meisten Perchten sehr freundlich, lassen sich streicheln und nehmen selbstverständlich auch ihre furchterregenden Kopfbedeckungen ab, um zu beweisen: Alles nur Verkleidung!

      4 St. Veit an der Glan: Residenzstadt der mittelalterlichen Herzöge, bis 1518 Landeshauptstadt von Kärnten. Altstadt mit mittelalterlichem Kern, Reste der Stadtmauer, Herzogburg. Außerhalb der alten Stadtmauern ehemaliges Bürgerspital mit Spitalskirche (Oktoberplatz