Mörderisches Kärnten. Dorothea Böhme

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Название Mörderisches Kärnten
Автор произведения Dorothea Böhme
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839268360



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Und das, wo wir dieses Jahr so an unseren Kostümen gearbeitet haben.«

      »Die sind echt toll geworden. Eine Schande wär das, nicht aufzutreten mit denen.«

      »Ja, nicht wahr? Ich war so irre sauer auf den Herbert, als ich das mitbekommen hab! Walter hat ihn zur Rede gestellt, nach unserem letzten Treffen. Die anderen waren schon weg, aber ich musst noch mal zurück, weil ich mein iPhone hab liegen lassen. Jedenfalls erzählt der Herbert, er hätt das Geld nur wegen der Steuer genommen und immer schon vorgehabt, es zruckzuzahlen. Das musst du dir reinziehen! Der Walter war fuchsteufelswild. Ich hab mich dann natürlich auch eingemischt und den Walter unterstützt.«

      »Das kann ich mir vorstellen.« Interessant. Ob die Polizei vom fuchsteufelswilden Walter wusste?

      »Aber dann hat er die Sache klären können mit’n Herbert. Geld ist zurückgezahlt und Stress mit’n Finanzamt gibt’s auch keinen mehr. Walters Cousin arbeitet da, der hat mal mit seinem Kollegen gesprochen. Brauchst dir also keine Sorgen machen, kannst ruhig zu uns kommen.« Er lächelte. »Die besten Partys gibt’s eh bei uns.«

      »Werd’ ich machen. Dank dir.« Wilma winkte und stieg in ihr Auto. Hatte sie es sich doch gedacht, es ging ums Geld. Wo Herbert Aschenwalder und das Finanzamt sich bereichern wollten, da blieb doch sicherlich auch ein kleines Stückchen für die arme Wilma übrig … Sie blickte auf die Uhr, nicht einmal sechs. Sie würde es sogar noch rechtzeitig zum Yoga schaffen. Du liebe Zeit, sie musste wirklich einen neuen Freizeitplan erstellen, dreimal in der Woche Yoga, und das direkt hintereinander, das war zu viel für jede noch so ehrliche Kleinkriminelle.

      Kaum am nächsten Morgen bei der Arbeit angekommen, war der Touristenstrom kein bisserl weniger geworden. Überall ein Gedränge. Auf dem Parkplatz, auf dem Weg, im Aufzug, und vor allem: vor Wilmas Kassenhäuschen.

      »Du, ich hab mir gedacht, wir könnten ein Zeitungsinterview geben«, kündigte ihre Chefin gegen Mittag an. »Die wären doch sicher interessiert! ›Er hat schon ganz blau ausgeschaut‹, oder hattest du nicht was von einer Krähe erzählt?«

      »Die passte gut ins Landschaftsbild.«

      »Eben. Und noch viel besser in die Krone.«

      Begeistert war Wilma davon nicht. »Was, wenn die über meine Vergangenheit schreiben?«

      »Umso besser, ›geläuterte Kriminelle auf dem Pfad der Tugend‹ und dann dieses schreckliche Erlebnis.« Die Chefin tippte schon eine Nummer auf dem Handy ein. »Ich besprech’ das mal mit Bernhard.« Sie schaute kurz zu Wilma hoch. »Das wär auch eine Idee. Die Clara ist ganz unglücklich, die Arme. Vielleicht kann sie weinen, das macht sicher Eindruck.«

      ›Unglücklich‹ war kein Wort, das auf die Chefin zutraf, die durch den Mord regelrecht aufblühte. So gut gelaunt hatte Wilma sie noch nie erlebt.

      Da Clara zu den Personen gehörte, deren Dunstkreis ihr Bewährungshelfer befürwortet hatte – lieb, langweilig und nicht kriminell –, beschloss Wilma, nach Feierabend noch oben in der Burg vorbeizuschauen, um sie vor einem möglichen Interview zu warnen. Um kurz nach halb fünf verließ sie ihr Kassenhäuschen und machte sich zu Fuß auf den Weg, der sich um den Bergkopf schlängelte, gut gesichert durch die 14 Tore, die alle mit unterschiedlich Hinterlistigem auf etwaige Angreifer warteten. Da sie heute wieder vorhatte, das Yoga zu schwänzen, würde ihr die Bewegung guttun. Den Rückweg, wenn sie die Tore und den wunderschönen Ausblick, von dem sie den Touristen vorschwärmen musste, satt hatte, würde sie mit dem Aufzug antreten.

      Oben auf der Burg befanden sich ganze Heerscharen von Menschen, die sich durchs Museum drängelten oder bei Clara und Bernhard Bier und Cola bestellten. Der größte Auflauf allerdings war an den einzelnen Toren zu finden, allen voran am Wächtertor, wo jemand fachkundig erklärte, wie man von außen das Seil durch die Fenster hätte schlingen können.

      Wilma setzte sich mit einem gespritzten Apfelsaft auf eine der Bänke und schrieb Toni eine SMS, bis Clara sich sichtlich erschöpft für einen Augenblick neben ihr niederließ.

      »Du, das macht mich alles ganz fertig«, jammerte sie. »Der arme Mann ist tot und hier wird ein Tourismusspektakel draus.« Sie knabberte an ihren Fingernägeln, der rote Lack war schon ganz abgeblättert.

      »Ich glaube, er war nicht besonders nett.«

      »Wer weiß, ob er’s nicht verdient hat«, mischte sich Bernhard ein, der ein Bein über die Bierbank schwang, um sich neben Clara zu setzen.

      »Ach, lasst’s mich doch in Ruh’, ihr herzlosen Deppen!« Clara sprang auf und flüchtete aufs WC.

      »Der Mord hat sie echt mitgenommen.« Bernhard lächelte entschuldigend und stand ebenfalls auf. »Wir sehen uns morgen.«

      Wilma erzählte ihm schnell von den Interviewplänen der Chefin, trank einen letzten Schluck und nickte zum Abschied. Dann machte sie sich auf den Weg zurück zum Parkplatz, diesmal wie geplant mit dem Aufzug. Gerade als sie ihr Auto aufschloss – wie immer hatte sie neben Clara geparkt –, kam Tonis Antwort-SMS mit Walter Grims Adresse in St. Veit. Die hätte Wilma zwar auch selbst googeln können, aber Toni war auf der Arbeit ohnehin immer fad. Eine gute Tat für den Tag war getan, da musste sie den Rest des Nachmittags nicht mehr nett sein.

      Der Vorstand der Höllenteufel wohnte in Treffelsdorf am Waldrand, sehr hübsch, wie Wilma fand. Sie stellte ihr Auto ab und klingelte.

      Walter öffnete, und Wilma konnte den Moment in seinen Augen sehen, in dem er überlegte, die Tür einfach wieder zuzuschlagen. Schnell schlängelte sie sich ins Innere.

      »Ich hätt’ auch nur ein paar ganz kurze Fragen.« Sie lächelte ihm zu und fand allein den Weg ins Wohnzimmer. Auf ihrem Sterbebett würde sie noch die zwei, drei Hilfestellungen bei den Wohnungseinbrüchen leugnen. Hier würde sich ein Einbruch sogar lohnen, fand Wilma. Walter besaß eine ganze Menge Hi-Fi-Zeug. Sie setzte sich in den Sessel einer Sitzecke, von dem aus sie sowohl die Terrassen- als auch die Wohnzimmertür im Blick hatte. Alte Reflexe.

      »Was willst denn wissen?« Walter seufzte und holte zwei Gläser Hollersaft, bevor er ihr gegenüber auf der Couch Platz nahm. Manieren hatte der Mann, das musste sie ihm lassen. Schade, ihre Chancen bei ihm würde sie gleich endgültig verspielen.

      »Es geht um Herbert.« Wozu um den heißen Brei herumreden? Wilma zog die Kontoauszüge aus ihrer Handtasche und legte sie auf den Couchtisch. »Die sind mir anonym zugeschickt worden. Gemeinsam mit einer Erklärung, was Herbert im Namen eures Vereins so alles angestellt hat.«

      Walter, der gerade von seinem Saft getrunken hatte, verschluckte sich. Er hustete, räusperte sich und fragte dann betont gleichgültig: »Was soll er denn angestellt haben?«

      »Genug.« Wilma lehnte sich zurück. »Und ich würd gern deine Sicht der Dinge wissen.«

      »Ich hab keine Ahnung, wovon du sprichst.«

      »Ich nenne dir mal ein paar Stichworte.« Damit war Wilma auf der sicheren Seite, falls doch nicht alles so war, wie sie es sich dachte. »Finanzamt, Steuerbetrug, Veruntreuung von Vereinsgeldern. Herbert hat sich bereichert, du hast’s herausbekommen. Und bevor du das jetzt leugnest: Moritz hat euch gehört.«

      Walter fluchte lautlos, bevor er einen Rettungsversuch startete: »Der Moritz muss da was falsch verstanden haben. Es ging um ganz harmlose Rechnungen, die der Herbert vergessen hatte einzureichen.«

      »Rechnungen über, Augenblick«, Wilma schaute demonstrativ in den Kontoauszügen nach, »750 Euro, zum Beispiel, am 12. August. Ich nehm an, das war ein Cola für jedes Mitglied?«

      Walter sank in sich zusammen. »Okay, ja«, gab er schließlich zu. »Du hast recht, es war Mist. Aber es war Herberts Idee!«

      »Das Finanzamt zu bescheißen?«

      »Ja, nein. Alles halt. Den Verein zu nutzen, um privates Geld abzuschreiben, und es sich später wiederzuholen. Ich dachte an erhöhte Mitgliedsbeiträge. Spenden. Mal hier ein paar Hunderter, dort ein paar, was dem Verein zugutekommt. Aber Herbert … der ist gleich aufs Ganze gegangen. Hat seinen kompletten Nebenjob auf uns abgewälzt, vor dem Finanzamt keinen