Mörderisches Kärnten. Dorothea Böhme

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Название Mörderisches Kärnten
Автор произведения Dorothea Böhme
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839268360



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dass es die St. Veiter Höllenhunde seit etwas mehr als einem Jahr gab, aber alle 14 Mitglieder begeistert bei der Sache wären, schlürfte Wilma ihren Verlängerten und fragte sich, wie sie das Gespräch unauffällig auf Herbert Aschenwalder bringen konnte.

      »Heuer treten wir natürlich in St. Veit auf, dann in Villach und bei den Klagenfurtern. Unsere Masken haben wirklich etwas von Höllenhunden.« Er suchte ein Foto heraus, offenbar bei einem der letztjährigen Perchtenläufe geschossen, und reichte es Wilma. Er erzählte ihr von der Anfangsgeschichte der Gruppe und ihren bisherigen Showläufen, wobei er besonders begeistert von sich selbst berichtete.

      »Servas, Walter«, grüßte da ein junger Bursche, der auf ihren Tisch zukam. Er nickte Wilma zu, bevor er einen wahren Redeschwall über Walter ergoss, der verzweifelt versuchte, ihn zu unterbrechen. Es ging um den Perchtenverein, und bei dem Namen »Herbert« spitzte Wilma die Ohren.

      »Hast du das endlich mit ihm geklärt?«, wollte der junge Mann wissen.

      »Oh, gab es Probleme?«, hakte Wilma nach.

      »Nur eine kleine Unstimmigkeit. Etwas Privates«, sagte Walter, und als der Bursche protestieren wollte, stellte er schnell Wilma vor, mit der er »ein wichtiges Gespräch führe«. Der Bursche klappte den Mund wieder zu.

      Jetzt war Wilma erst recht interessiert. Als professionelle Lügnerin erkannte sie sofort, wenn ihr jemand Märchen erzählen wollte, und der Perchtenverein hatte offenbar Probleme mit Herbert Aschenwalder gehabt. Dummerweise verabschiedete sich Walters Gesprächspartner so schnell, wie er gekommen war, ohne dass Wilma seinen Namen erfahren konnte. Und Walter selbst war nicht bereit, mehr auszuplaudern.

      »Da hast du wohl eh genug für einen Artikel«, sagte er abrupt, stand auf und ließ Wilma mit der Rechnung sitzen. Na, herzlichen Dank. Missmutig zahlte sie mit dem Geld aus Aschenwalders Portemonnaie. Bevor sie es wieder zurück in ihre Handasche steckte, zögerte sie kurz. Vom Hauptplatz zur Filiale der Raiffeisenbank in der Ossiacher Straße brauchte sie keine fünf Minuten. Der Bankomat war zwecklos, Herbert hatte im Gegensatz zu einigen anderen Rentnern leider keinen Zettel mit der PIN-Nummer neben der Karte stecken. Aber Wilma ließ sich die Kontoauszüge für die Bankomatkarte der St. Veiter Höllenhunde ausdrucken. Erstaunlicherweise spuckte der Automat einen ganzen Stapel Papiere aus, die Wilma auf einer Bank am Kirchplatz 6 durchging. Es gab eine Menge Überweisungen, hin und her, von einem anderen Konto, das Wilma sofort als Aschenwalders persönliches Konto identifizierte. Zudem gab es mehrere Abhebungen in Klagenfurt. Die St. Veiter Höllenhunde hatten einen unglaublichen Zahlungsverkehr.

      Wilma steckte die Dokumente in die Handtasche und machte sich auf den Weg zu ihrem Auto. Für heute hatte sie genug Nachforschungen angestellt. Morgen würde sie mal schauen, ob sie den jungen Bekannten von Walter ausfindig machen konnte.

      Als sie am nächsten Tag zur Arbeit kam, warteten bereits einige Touristen vor ihrem Kassenhäuschen, ein paar von ihnen mit der Zeitung in der Hand. Die Krone hatte sich wieder einmal selbst übertroffen, ›Schauriger Burgmord: Wer erhängte Herbert A.?‹ stand in riesigen Lettern auf der ersten Seite. Zumindest ihre Chefin würde es freuen, dachte Wilma, während sie ihr Kassenhäuschen aufschloss.

      »Ist das nicht eine schreckliche Geschichte?«

      »Haben S’ die Leich’ selbst gesehen?«

      Jeder hatte einen Kommentar, jeder wollte über den Toten sprechen. Wilma hatte etwa 50 Eintrittskarten verkauft, da kam die Chefin zu ihr ins Kassenhäuschen.

      »Du, Wilma, der Tote ist gar nicht erhängt worden.« Sie ließ sich auf den zweiten kleinen Hocker fallen. »Der hat Knochenbrüche gehabt noch und nöcher, und erst danach haben s’ ihn da hingehängt. Grauslich, oder?« Sie hielt Wilma die Kleine Zeitung hin, die etwas sachlicher getitelt hatte. »Aber das Geschäft läuft gut, wie ich sehe«, kommentierte sie Wilmas unablässiges Kartenverkaufen.

      Wilma nickte. »Hat die Polizei schon eine Spur?« Die Chefin schien ja bestens informiert zu sein.

      »Na. Nicht, dass ich wüsst’. Sie haben gesagt, meist findet sich der Täter im engeren Umfeld. Also, die Ehefrau zum Beispiel. Es soll getarnt worden sein als Raub­überfall. Sein Portemonnaie haben s’ nirgends gefunden, dabei hat er ja vorher noch bei dir seine Karte gekauft.«

      Wilma kaute auf ihrer Unterlippe. Wusste die Polizei von den Perchten? Dem kaugummikauenden Kieberer wollte sie nicht noch einmal in die Arme laufen.

      »Du, ich muss weiter tun.« Die Chefin stand auf. »Es gibt ja noch so viel zu organisieren. Vielleicht geh ich auch zur Beerdigung von diesem Aschenbach.«

      »Aschenwalder.«

      Die Chefin winkte ab, warf Wilma eine Kusshand zu, die diese mit einer hochgezogenen Augenbraue quittierte, und entschwebte, mit dem unvermeidlichen Handy am Ohr, in Richtung Burg.

      Als Wilma um halb fünf ihre Kasse schließen wollte, kamen nach wie vor Leute über den Parkplatz. Kurz überlegte sie, erhöhte Eintrittspreise einzuführen und bis fünf Uhr zu kassieren, dann entschied sie sich doch dagegen und für den Feierabend. Clara und Bernhard oben auf der Burg wollten schließlich auch irgendwann heim. Sie vertröstete die Touristen auf den nächsten Tag und während sie ihr Kassenhäuschen abschloss, rief sie einen Freund an.

      Einen von früher, der dank seiner ehrenamtlichen Tätigkeit bei der ›aidsHilfe Kärnten‹ ihrem Bewährungshelfer Freude machte.

      »Sag mal, Toni, kennst du die St. Veiter Höllenhunde?«

      »Die Perchtengruppe? Ich nicht, aber ich glaub, der Roland hatte mal ein Aug’ auf einen von denen geworfen.« Aus genau dem Grund hatte Wilma Toni angerufen. Er kannte einfach alle und jeden in Kärnten.

      »Die haben eh nur 14 Mitglieder«, erklärte Wilma. »Kannst du vielleicht aussafinden, wer von denen ein blonder Bersch so um die 20 ist? Ich bräuchte Namen und Adresse, bitte, das wär ganz lieb.«

      »Das sollt kein Problem sein, auf der Arbeit ist grad eh nix zu tun. Aber wieso brauchst du den? 20, geh Wilma, du hast dich gut gehalten, aber das ist doch zu jung!«

      »Ist was Geschäftliches.« Mehr würde Wilma ihm erzählen, wenn sie überhaupt wusste, was sie da gerade tat.

      »Ich ruf dich gleich zurück«, versprach Toni.

      Während sie auf seinen Rückruf wartete, untersuchte Wilma ihr Auto und das von Clara auf Kratzer. Die Chefin war eine katastrophale Autofahrerin, die nicht einmal bemerkte, wenn sie andere Autos streifte. Zum Glück war ihr Wagen heil, und auch bei Clara konnte sie nur eine bereits ausgebesserte Stelle finden. Sie hatte ihre Inspektion gerade abgeschlossen, als ihr Handy klingelte.

      Moritz Prigl hieß der junge St. Veiter Höllenhund, und er wohnte in St. Georgen am Längsee 7. Von der Burg waren es nur ein paar Autominuten bis zur malerischen Gemeinde zwischen Krappfeld und Zollfeld. Moritz Prigl lebte in einem Einfamilienhaus nicht unweit vom Stift St. Georgen. Wilma vermutete, dass der Bursche dort bei seinen Eltern wohnte. Während sie mit sich rang, ob sie aus dem Auto aussteigen und klingeln sollte, kam Moritz mit dem Fahrrad von der Schlossallee hinunter.

      »Hey.« Wilma stellte sich ganz locker neben ihre Autotür. Gut, dass sie in jungen Jahren schon geübt hatte, unverfänglich Männer anzusprechen, um sie dann um ihr Bargeld zu erleichtern. Oder in diesem Fall um Gerüchte über ein Vereinsmitglied. »Wir haben uns gestern doch in St. Veit gesehen, oder? Du bist der Freund vom Walter.«

      Moritz blinzelte sie an.

      »Ich wollt’ gern bei euch mitmachen, weißt schon, den Höllenhunden. Aber du hast gestern was gesagt, und wenn’s bei euch Probleme gibt, dann wüsst’ ich das lieber vorher.«

      »Ach so.« Moritz schob sein Fahrrad zur Garage, stellte es ab und wandte sich Wilma zu. »Na, Probleme gibt’s keine.«

      Oh je, da war ja sogar der Vorstand Walter Grim ein besserer Lügner. Wilma beschloss, ihr Halbwissen aus den Kontoauszügen preiszugeben. »Der Walter hat mir eh von dem Geld erzählt. Was der Herbert da für einen Mist angestellt hat.«

      Die Erleichterung war Moritz anzusehen. »Ma, echt,