PYROMANIA. DAS WELTENBRENNEN. Victor Boden

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Название PYROMANIA. DAS WELTENBRENNEN
Автор произведения Victor Boden
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783957658937



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nicht mit den Interessen unserer Familie decken. In diesem Fall werde ich die Scheidung einreichen. Mit Guy habe ich die Vereinbarung getroffen, dass wir die Firma gemeinsam führen, bis Thomas alt genug ist, um ihre Geschicke zu übernehmen.«

      Die bittere Erkenntnis, sich in seiner Mara gründlich getäuscht zu haben, und dass seine Ehefrau sich in Wahrheit charakterlich nicht von den Mädchen unterschied, die mit seinem Vater ins Bett stiegen, raubte ihm schier den Atem.

      »Bitte …«, flüsterte er. Doch seine Frau wandte sich ab und verließ mit Thomas das Zimmer. Derek sank erschöpft zurück. Seine Biofunktionen spielten verrückt. Der Vitalmechaniker eilte hastig in den Raum.

      »Sie dürfen sich nicht so aufregen. Der Kreislauf …«

      Der Kreislauf war nun wirklich sein geringstes Problem.

      Die Landschaft trug tiefe Narben des Krieges. Aufgerissen von zahllosen Granateinschlägen, umgepflügt von gepanzerten Fahrzeugen, die über sie hinweggerast waren, und getränkt vom Blut vieler gefallener Soldaten. Rotes und grünes Blut.

      In einiger Entfernung ragten schwarz versengte Stahlträger wie Gebeine eines erlegten Dinosauriers in den schwefelgelben Himmel. Es war nicht mehr zu erkennen, wer die Station errichtet hatte und welchem Zweck sie diente, so schwer wurde sie in den hin und her wogenden Kämpfen beschädigt.

      Die erste Kampfhandlung – und er hatte überlebt. Brian zitterte in Erinnerung an das allgegenwärtige Sterben um ihn herum. Die Stimme des Gunsergeants übertönte das Stöhnen der Verwundeten. Brian hörte ihn kaum. Die Detonationsgeräusche der Granaten beeinträchtigten immer noch sein Hörvermögen.

      »Sie haben uns kräftig in den Arsch getreten. So ist das immer, mal treten wir ihnen in den Arsch, mal ist es umgekehrt. Das ist Krieg. Kein Ruhm, keine Ehre, nur die Aussicht auf einen schnellen Tod.« Hatte Hackford das wirklich gesagt? Vielleicht ja, vielleicht nein. Das Pfeifen in Brians Ohren ebbte allmählich ab.

      Ein irrsinniges Gemetzel, dachte Brian voll Ekel. Aber warum empfand er diese Abscheu? Hatte er tatsächlich anderes erwartet, als er die Tränen seiner Mutter und die Erzählungen seines Vaters ignoriert und sich dem Friedenskorps angeschlossen hatte? Nun war er aus eigenem Wunsch Soldat und seine Pflicht bestand darin, jeden Correlianer zu töten. Doch in seinem tiefsten Inneren regten sich Zweifel und die Frage, ob seine Eltern doch recht gehabt hatten, ließ sich nicht mehr so einfach mit Nein beantworten wie zuvor.

      Der nächste Angriff stand unmittelbar bevor. Ein Sturmboot mit weiteren Rekruten befand sich im Landeanflug. Sobald die neuen Männer ihren Trupp verstärkt hatten, würde die nächste Offensive beginnen.

      »Wir bauen Schutzwände aus Termium-Stahl und sie beschleunigen die Geschwindigkeit ihrer Geschosse.« Der redselige Gonzales, dessen Stirn eine lange Narbe zierte, spuckte aus. »Wir verändern die Zusammensetzung des Stahls, machen ihn härter – und sie finden einen Weg, damit ihre Waffen auch diese Legierung durchdringen. Wir finden Schwachstellen ihrer Kampfanzüge, sie verbessern die Panzerung, wir finden auch hier die Schwachpunkte. Viele Soldaten sterben für diese Erkenntnisse. Es ist ein ewiges Hin und Her. Ich bin lange genug dabei, um das Prinzip zu erkennen. Das sind die wenigsten. Bei jedem Einsatz kehrt vielleicht die Hälfte der Männer zurück. Manchmal weniger.«

      »Halt dein Maul, Soldat!«, fuhr Drillsergeant Cobaine dazwischen. »Solche Reden sind Subordination. Wenn ich dich noch einmal so reden höre, dann treffen wir uns vor dem Kriegsgericht wieder.«

      »Vorausgesetzt, diese Analfistel überlebt das nächste Gefecht«, brummte Gonzales. Dann schwieg er. Nur für den Fall, dass der Sergeant doch überleben sollte.

      Brian brannte eine andere Frage auf der Zunge.

      »Aber warum sind wir eigentlich hier, Sir? Ich meine, es gibt nicht einmal Bodenschätze, die wir den Geeks abjagen könnten.« Er sah den strengen Blick seines Gunsergeants und schwieg.

      »Du stellst Fragen, das ist gut«, kommentierte sein Vorgesetzter gefährlich leise. Dann brüllte er: »Aber nicht für einen Soldaten!« Speicheltropfen sprühten.

      »Wir sind hier, weil wir den Befehl dazu erhalten haben! Wir sind hier, um den Geeks kräftig in den Arsch zu treten! Wir sind hier, weil es unsere verdammte Pflicht ist!« Seine Stimme wurde wieder sanft. »Beantwortet das deine Frage, Soldat?«

      Brian nahm Haltung an und schrie: »Jawohl, Sir!«

      »Damit das klar ist – wir sind hier nicht wegen des guten Wetters oder der schönen Aussicht. Wir sind hier, um zu kämpfen und zu siegen. Oder zu sterben. Für unsere Familien und die Zukunft der Erde.«

      Die Männer wechselten einen letzten Blick. Hackfords Miene war unergründlich. Brian beschlich das bittere Gefühl, nunmehr die oberste Position der Schikanierliste eingenommen zu haben.

      Doch nun war die Verstärkung gelandet und die Attacke stand unmittelbar bevor. Keine Zeit mehr, zu denken. Jetzt brach die Zeit des Handelns an. Die Zeit zu überleben. Brian griff nach seinem Plasmagewehr und setzte den Helm auf.

      Neben ihm erschien ein fremdes Gesicht, vermutlich einer der Neuankömmlinge, die seiner Einheit zugeteilt wurden. Brian nickte ihm zu. Der neue Rekrut hielt sein Impulsgewehr wie einen Fremdkörper.

      »He, Rekrut«, flüsterte Brian. »Wenn du den Kolben gegen die Energieversorgung des Kampfanzugs klemmst, erleichtert es dir das Feuern. Der Rückstoß wird aufgefangen und die Zielautomatik besorgt den Rest.«

      Der Neue schien aus einer Trance zu erwachen und blickte ihn verwirrt an. Dann lächelte er. Brian erschien es wie das unheilvolle Grinsen eines Totenschädels.

      Er schulterte das Plasmagewehr und nahm sein Impulsgewehr in die Hand. Falls der Angriff ins Stocken geriet, würden sie mit Plasmastrahlern einen Feuerteppich zwischen sich und die Geeks legen, um einen geordneten Rückzug einleiten zu können.

      Gonzales strich über seine Narbe, grinste und hob den Daumen.

      »Halt dich aus meiner Reichweite, Oakes. Du bringst mir Unglück.«

      Der Gunsergeant wandte sich um, blickte Brian hinterhältig an und zischte: »Lass dir nicht in den Rücken schießen, Soldat.« Sein Gesicht verzerrte sich zu einer höhnischen Grimasse.

      Leuchtspuren zischten über ihre Stellung hinweg. In einiger Entfernung ließen Detonationen den Boden beben und blaugrüne Explosionsfeuer flammten am Horizont auf. Brian hoffte, dass die Kanoniere diesmal besser zielten und dafür sorgten, dass die Geeks ihre Alienschädel zumindest zu Beginn der ersten Angriffswelle unten hielten. Sonst würde auch diese Offensive in einem Fiasko enden.

      »Okay, es geht gleich los …«, erklärte Brian und hob fragend eine Augenbraue.

      »Derek Colwell«, sagte der Neue.

      Gonzales klopfte auf sein Gewehr. »He, so wie der Colwell, dem wir unsere Babys hier verdanken? Großer Mann!«

      »Er ist ganze einssechzig«, stellte Colwell sachlich fest.

      »Ach, du kennst ihn?«, fragte Gonzales erstaunt. Colwell blickte gequält.

      »Wir sind … irgendwie verwandt.«

      Ehe Gonzales etwas erwidern konnte, ertönte das Angriffssignal. Die Männer stürzten aus ihren Stellungen hervor, die Waffen im Anschlag. Brian lief leicht gebückt, um dem außerirdischen Feind möglichst wenig Zielfläche zu bieten, und feuerte. Neben ihm rannte Gonzales. Er fluchte ununterbrochen, dann fetzte ihm ein Desintegrator den halben Schädel weg. Bis sie vom fehlenden Gehirn nicht mehr mit Bewegungsimpulsen versorgt wurden, liefen seine Beine noch einige Meter. Dann stellten sie ihren Dienst ein und der Körper stürzte schwer zu Boden. Brian sah, dass Gonzales nicht blutete … der Laserstrahl kauterisierte die Wunde. Das Sterben begann.

      Brian lief weiter, ohne seine Geschwindigkeit zu drosseln, und feuerte ununterbrochen. Ein blauer Blitz blendete ihn. Vor ihm wurde ein Soldat wie eine zerbrochene Gliederpuppe in die Luft katapultiert. Ein unmissverständliches Zeichen, dass sich die Geeks allmählich auf sie einschossen.