PYROMANIA. DAS WELTENBRENNEN. Victor Boden

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Название PYROMANIA. DAS WELTENBRENNEN
Автор произведения Victor Boden
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783957658937



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über ausreichendes Fachwissen, um den Inhalt zu begreifen.

      »Was ist das?«, fragte er daher.

      »Das rettet die Zukunft der Erde«, erklärte Derek stolz.

      »Ich verstehe nicht …«

      Derek lachte. »Das musst du auch nicht. Ich will dich nicht mit technischen Einzelheiten langweilen, aber diese Waffe, die ich mit meinen Leuten entwickelt habe, ist die Beste, die wir je hatten.« Sein Vater wiegte skeptisch den Kopf.

      »Wir statten unsere Leute mit den besten Waffen aus. Sie sind teuer, aber zuverlässig.«

      »Es sind gute Waffen, aber nicht die besten …«, berichtigte ihn Derek.

      Guy hob fragend die Augenbrauen.

      »Es ist uns gelungen, die DNS aus Alienblut zu isolieren, zu bestimmen und zu decodieren«, erklärte Derek enthusiastisch. »Wir konstruieren momentan Phasenwerfer, die bis zu einhundert Schuss gleichzeitig abfeuern können.«

      »Wo liegt der Vorteil? Unsere Impulsgewehre schaffen zehn Schuss pro Sekunde.«

      »Der Vorteil ist …« Derek legte eine dramatische Pause ein. »Unsere Geschosse sind auf Alien-DNS programmiert. Die Trefferquote liegt bei 99,34 %! Die Menschheit wird siegen, Vater! Wir werden siegen.«

      Sein Vater starrte ihn fassungslos an. Aus seinem Gesicht war jegliche Farbe gewichen. Mit zusammengepressten Lippen quetschte er schließlich ein »Das ist … großartig« hervor. Derek entging in der eigenen Begeisterung das gefährliche Flackern seines Blickes.

      »Wie weit seid ihr mit der Entwicklung?«

      »Der Prototyp hat alle Tests bestanden. Wir stehen unmittelbar vor der Serienreife.«

      Sein Vater legte vor dem Gesicht die Fingerspitzen aneinander und runzelte die Stirn.

      »Das … ist nicht so einfach, wie du glaubst, mein Sohn«, begann er ruhig.

      »Wir retten Leben, Vater! Das ist es! Ganz einfach.«

      »Du … verstehst nicht. Es existieren Verträge. Bindende Verträge, die eingehalten werden müssen. Wir können nicht einfach ein neues Produkt einführen und die bisherigen ersetzen. Das würde milliardenschwere Konventionalstrafen nach sich ziehen.«

      Derek musterte seinen Vater konsterniert. »Vater, das kann nicht dein Ernst sein …«

      Guy Colwell beugte sich vor. »Es ist leider mein voller Ernst. Wir benötigen Genehmigungen. Die Interstellare Handelskommission muss unterrichtet werden. Ebenso die Kolonialbehörden. Die Weltregierung muss zustimmen.«

      »Das verzögert den Einsatz der Waffen um Wochen, vielleicht sogar Monate«, stöhnte Derek in plötzlicher Erkenntnis und empfand bittere Enttäuschung. Er starrte seinen Vater mit tiefster Sorge an. »Wir können den Krieg gewinnen, so viele Soldaten könnten gerettet werden. Ist das kein hinreichender Grund, Dienstwege zu umgehen?«

      Das künstlich gestraffte Gesicht des alten Mannes verzog sich ärgerlich.

      »Nun, wenn dir soviel daran liegt, werde ich … meine Beziehungen spielen lassen. Ich habe diese Möglichkeiten oft genutzt, denn auf langen Dienstwegen kann vieles verloren gehen. Leitende Angestellte. Hochrangige Verwaltungsbeamte. Wirtschaftspotentaten. Sie alle kochen ihr eigenes Süppchen und spinnen Intrigen gegeneinander. Ein einzelner Mann mit Überblick kann dieses System aushebeln und zum eigenen Vorteil nutzen. Ein wenig Korruption hier, etwas Druck da. Gut, mein Sohn, wir werden es schon schaffen.«

      Das Raumschiff glitt als waffenstarrende Machtdemonstration langsam, fast träge durch das All. Was immer die Erbauer auf der Erde sich dabei gedacht hatten, hier an der Front waren diese Überlegungen reine Makulatur. Der Gegner ließ sich nicht einschüchtern, wie zahlreiche, notdürftig geflickte Einschusslöcher bewiesen.

      »Feindkontakt in fünfundvierzig Minuten.« Die blecherne Frauenstimme, die in regelmäßigen Abständen von sechzig Sekunden den zeitlichen Abstand zum ersten Kampfeinsatz verkündete, sorgte für Unruhe unter den jungen Rekruten.

      Brian beobachtete Krastinov, dessen Pausbacken der vierwöchige Drill nichts hatte anhaben können. Der Junge aus Usbekistan zuckte jedes Mal zusammen, wenn die Ansage ertönte.

      »Hier, trink«, brummte Salvan mit rauer Stimme, die ein Leben unter reichlichem Alkoholgenuss dokumentierte. Hart stieß er Brian den Ellbogen in die Seite und drückte ihm einen zerkratzten Flachmann in die Hand.

      »Hilft nervöses Augenzucken zu unterdrücken, das beim Zielen stört.«

      Brian nickte dankbar und nahm einen Schluck. Er hegte Zweifel, dass der selbst gebrannte Schnaps, den das Organisationstalent Salvan auf irgendeiner Kolonie erstanden hatte, legal destilliert worden war, denn das Zeug brannte unangenehm in seiner Kehle. Gott allein wusste, welche Zutaten sie in dieses Teufelsgebräu gemischt hatten. Vielleicht nicht einmal Gott.

      Aber sobald die ätzende Flüssigkeit die Speiseröhre passiert hatte, erfüllte sie sein Inneres mit wohltuender Wärme und beruhigte seinen vor Spannung zitternden Körper. Außerdem sorgte sie dafür, dass Fantasien über die bevorstehende Schlacht in seinem Kopfkino erträglicher wurden.

      »Danke«, raunte er Salvan zu und reichte die Flasche zurück. Leichte Euphorie erfasste ihn, während er einen vorsichtigen Seitenblick auf Gunsergeant Hackford warf. Aber der bärbeißige, stets schlecht gelaunte Mann, der sie mit Drillsergeant Cobaine während der letzten Wochen durch ihre persönliche Hölle geschickt hatte, wusste um die geistige Verfassung seiner Rekruten. Zum ersten Mal sah er über die Vorschriften hinweg, die striktes Alkoholverbot vor Kampfeinsätzen beinhalteten. Stattdessen richtete er das Wort an seine Männer: »Sie haben uns mehr als einmal in den Arsch getreten. Aber wir stehen immer wieder auf und schlagen zurück. Wir sind die letzte Verteidigungslinie. Das einzige Bollwerk, das sie hindert, unseren Planeten zu überfallen und alles menschliche Leben auszulöschen.«

      »Feindkontakt in vierundvierzig Minuten.« Krastinov zuckte zusammen.

      Derek ließ den unvermeidlichen Retinascan über sich ergehen und wartete auf das leise Zischen der sich öffnenden Tür. Dann betrat er das verwaiste Vorzimmer seiner Hitec-Welt. Hier herrschte jenes kreative Chaos, mit dem die führenden Kapazitäten der Waffenforschung die sterile Welt hinter der nächsten Schleusentür vermenschlichten.

      Er lächelte beim Anblick des heillosen Durcheinanders, das seine Mitarbeiter hier angerichtet hatten: überladene Regale, überfüllte Schreibtische und beklebte Monitore, die dem riesigen Raum eine familiäre Note gaben. Kinderzeichnungen, Kaffeebecher mit respektlosen Sprüchen oder Kunstwerke aus Epoxit, deren Bedeutung ihm ein ewiges Rätsel bleiben würden.

      Derek sank müde auf seinen Schreibtischstuhl und rieb sich die Augen. Die Euphorie der letzten Tage war verflogen. Die Bedenken seines Vaters hatten ihn desillusioniert. Er fragte sich, wie er das seinen Mitarbeitern verständlich beibringen sollte. Die Rettung der Menschheit lag in den Händen von Bürokraten.

      Er zweifelte nicht, dass sein Vater Erfolg haben würde – dessen Einfluss reichte, um Welten aus ihrer Umlaufbahn zu werfen. Aber selbst ein Guy Colwell benötigte Zeit. Zeit, die noch viele Soldaten ihr Leben kosten würde.

      Wie automatisch glitt seine Hand über die Computertastatur, um den Monitor einzuschalten. Die von ihnen entwickelte Wunderwaffe im benachbarten Labor zu betrachten, würde ihn vielleicht ein wenig beruhigen. Der Bildschirm erhellte sich und fast gleichzeitig erkannte er, dass da etwas nicht stimmte. Am Rumpf des Gewehrs befand sich etwas Kleines, Schwarzes, das dort nicht hingehörte.

      Ein Fremdkörper.

      Derek sprang alarmiert auf.

      Dann erfolgte eine gewaltige Detonation. Seine Hitec-Welt stürzte ein.

      Die Nacht war voller Albträume. Feuer, Explosionen. Sein Rücken schmerzte und sein Mund war völlig ausgetrocknet, als er erwachte. Dann die Erkenntnis: Feuer und Explosion waren keine Traumbilder.

      »Er