Sukkubus. Tobias Bachmann

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Название Sukkubus
Автор произведения Tobias Bachmann
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783942602631



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habe ich nicht den geringsten Anhaltspunkt.«

      Sie reichte ihm die Cola. »Es gibt da einen Laden für BDSM. Geschäftsinhaber ist Jörg Meister. Der hat mal ein Buch geschrieben über Sexualmagie und solche Sachen. Vielleicht weiß der was.«

      »Sexualmagie?« Er gab Olga die Cola zurück und zwängte sich in seine Socken.

      »Ja. Das fängt bei Liebeszauber an und endet bei Praxistipps zur Durchführung okkulter Orgien. Eine Kollegin von mir hat mal davon geschwärmt.«

      »Okkulte Orgien, aha.« Harmann zog die Schuhe an und stand auf. »Wo finde ich den Laden?«

      »In der Schwanthaler Straße. Hausnummer weiß ich nicht. Eher in Richtung Bahnhof.«

      »Ein Versuch ist es wert.« Harmann knöpfte sein Hemd zu und stand auf. Er war schon viel zu lange hier.

      »Kämm dir die Haare«, sagte Olga und stand auch schon mit einer Haarbürste vor ihm, um die Sache für ihn in Ordnung zu bringen. Harmann ließ es über sich ergehen. Gleichzeitig kramte er in seinem Geldbeutel nach dem Geldschein, den er ihr auf die Kommode legte.

      »So, jetzt siehst du wieder hübsch aus«, sagte sie.

      »Das siehst du immer«, sagte er und wurde rot.

      Olga schmunzelte. »Wann beehren Sie mich wieder, Herr Kommissar?«

      Er nahm sie an der Hand und ging zur Tür. »Ich denke, wir machen es so, wie immer. Ich ruf dich an, wenn ich dich brauche.«

      »Und wenn ich dich brauche?« Sie strich ihm neckisch über die Wange.

      »Dann rufst du mich an, denke ich«, sagte er und gab ihr einen Kuss auf den linken Mundwinkel.

      »Nutten küsst man nicht«, sagte sie und grinste.

      »Du bist doch keine Nutte, Olga. Du bist eine Geschäftsfrau und du verkaufst etwas Wunderschönes.« Er küsste sie noch mal. Diesmal direkt auf den Mund und sie erwiderte den Kuss.

      Sein Herz schlug bis in den Magen hinab. Irritiert blickte er sie an.

      »Mach’s gut«, sagte sie.

      Er versuchte ein Lächeln. »Du auch. Und pass auf dich auf.«

      »Mach ich.« Sie öffnete ihm die Tür und Harmann trat auf den Gang hinaus. Nach zwei Schritten hielt er inne, drehte sich zu ihr um und wollte etwas sagen. Eine Einladung zum Essen oder so etwas. Doch die Worte kamen nicht über seine Lippen. »Tschüss«, sagte er daher nochmal, drehte sich um und ging geschäftigen Schrittes zum Treppenhaus.

      Olga stand noch immer nackt in der Tür und blickte ihm nach.

      Vier

      Alvin folgte der geheimnisvollen Frau aus der Buchhandlung schon eine gute halbe Stunde. Nun stand er an der Theresienstraße an der Ampel und blickte ihr auf der anderen Straßenseite hinterher. Lärmend drängten die Autos an ihm vorbei und ließen keine Möglichkeit, schnell über die Straße zu huschen.

      Jetzt sah Alvin, wie die Fremde um eine Ecke bog. Oder doch nicht? Ein Omnibus hielt direkt vor seiner Nase. Er konnte sie nicht mehr sehen. Er rannte zur Seite, damit er am Bus vorbeiblicken konnte, doch in diesem Moment fuhr dieser weiter, und als er endlich vorüber war, war die Schönheit verschwunden.

      »Scheiße«, sagte er und sprang nervös hin und her, da die Ampel noch immer rot für ihn zeigte und der Verkehr dicht an dicht drängte.

      Endlich hielten die Fahrzeuge an.

      Alvin wartete nicht darauf, dass die Ampel auf Grün schaltete. Er rannte los, auf die andere Seite und hin zu der Ecke, wo er die Unbekannte zuletzt gesehen hatte.

      Keine Spur.

      Er rannte weiter die Straße entlang, blickte ohne Erfolg in Seitenstraßen und Hinterhöfe.

      Enttäuscht blieb er endlich stehen und gab die Jagd auf.

      »Mein Gott«, sagte er lachend und keuchte. »Was mache ich hier eigentlich?« Er setzte sich auf eine Grundstücksmauer und wartete, bis er wieder zu Atem kam. Da war er doch tatsächlich einer wildfremden Frau zu Fuß von Schwabing bis nach Maxvorstadt gefolgt, ohne dass es dafür einen ersichtlichen Grund gab.

      »Doch, den gab es«, sagte er zu sich selbst. »Noch nie habe ich so ein hübsches Frauenzimmer gesehen. Noch nie! So was gibt es doch gar nicht. Das ist doch nicht normal.«

      Alvin fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Er verstand sein eigenes Denken und Handeln nicht.

      Noch immer hatte er den Geruch ihres Parfums in der Nase, das er wahrgenommen hatte, als sie die Buchhandlung verlassen und an ihm vorübergegangen war. Er schloss die Augen und sah sie vor sich laufen. Ihr dunkles, welliges Haar, das ihr bis zur Rückenmitte reichte und bei jedem Schritt schwungvoll wippte. Ihr dünnes Kleid, das sich eng an ihre weiblichen Kurven schmiegte. Alvin war sich sicher, dass sich kein Höschen unter dem dünnen Stoff abgezeichnet hatte. Er mochte es, wenn Frauen auf Unterwäsche verzichteten. Juliette tat dies auch hin und wieder und nutzte manchmal die Gelegenheit, ihn bei einem abendlichen Spaziergang damit zu überfallen. Doch bei einer wildfremden Frau dieses Kalibers hatte ihn das ganz schön durcheinandergebracht.

      Was auch immer er sich von dieser Verfolgungsjagd erhofft hatte, sie war fort und er würde sie wohl auch nicht mehr wiedersehen. Resignierend stand er auf und lief den Weg zurück, den er hierhergekommen war.

      Seine Füße schmerzten etwas nach diesem unüberlegten Fußmarsch. Kurz überlegte er, ob er die U-Bahn nehmen sollte, entschied sich aber dagegen. Die Geruchsausdünstungen einer Dönerbude lockten ihn und er betrat das Geschäft, um sich ein Exemplar der Sorte »mit alles und mit scharf« zu bestellen.

      Genüsslich mampfend lief er weiter und versuchte weiterhin zu ergründen, was denn nun das Besondere an der Unbekannten gewesen war. Schöne Frauen gab es viele. Er vertrat sogar die Ansicht, dass es genau genommen nur schöne Frauen gab. Naja, es gab auch welche, die ihm optisch weniger zusagten, doch das tat seiner Grundüberzeugung keinen Abbruch. Letztlich war es doch so, dass das eigentlich Schöne einer Frau aus ihrem Herzen strahlte.

      Juliette würde nun zu ihm sagen, er sei ein unverbesserlicher Romantiker. Nun, vielleicht war das so. Daran war nichts Schlechtes.

      Er blickte auf die Uhr seines Handys und wusste, dass Juliette in Kürze in München landen würde. Er freute sich auf heute Abend.

      Gleichzeitig überkamen Alvin Gewissensbisse. Seit er mit Juliette zusammen war, hatte er sich nicht wirklich für andere Frauen interessiert. Die triebgesteuerte Verfolgungsjagd von vorhin indes bewies das Gegenteil. Stimmte etwas nicht? War es an der Zeit, seine Gefühle Juliette gegenüber in Frage zu stellen?

      Dabei war sich Alvin sicher, dass seine Liebe zu Juliette ungebrochen war. Daran konnte auch eine dahergelaufene Schönheit nichts ändern.

      »Ach verdammt, war sie hinreißend gewesen.« Mit einer Serviette wischte er sich etwas von der tropfenden Joghurtsoße des Döners vom Mundwinkel.

      Abermals drängte sich ihm das Bild der verführerischen Fremden auf. Ihr strammer Po, der in ihrem enganliegenden Kleid beim Laufen aufreizend hin und her schwang. Alvin stellte sich vor, wie er das Kleid anhob, um die braungebrannten Pobacken freizulegen. Er spürte, wie es im Schritt seiner Hose eng wurde.

      »Verdammt noch mal, Alvin!«, ermahnte er sich, knüllte seinen Döner mitsamt dem Papier zusammen und warf ihn in einen Abfalleimer.

      Sein Handy vibrierte in seiner Hosentasche. Er zog es heraus, entsperrte es und besah sich die Nachricht, die von Juliette stammte. Eine Bildnachricht.

      »Ich freue mich auf dich«, hatte sie geschrieben. Er drückte auf den Button, der den Befehl gab, das Bild aus dem Netz zu laden, was keine fünf Sekunden dauerte.

      »Oh Gott, ich liebe meine Frau«, sagte er, als er das Bild ihrer Vagina betrachtete. Dem wenigen zufolge, was er von der Umgebung erkennen