G.F. Barner 1 – Western. G.F. Barner

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Название G.F. Barner 1 – Western
Автор произведения G.F. Barner
Жанр Языкознание
Серия G.F. Barner
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740956240



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in der Dunkelheit pfeift jemand schrill auf zwei Fingern. Der Pfiff bricht sich an den Häusern. Links gehen eine Lady und ein Mister Arm in Arm über den Gehsteig und bleiben vor einem erleuchteten Fenster stehen, in dem Lee einen Ladyhut erkennen kann. »Ach, Jimmy, ist der Hut nicht süß?«

      Lee grinst und betrachtet einen Augenblick das rötliche Haar der Frau. Eine flüchtige Erinnerung an Rosy steigt in ihm auf. Der Teufel mag wissen, wo sie jetzt ist. Diese Sorte Ladies wechselt die Städte wie andere ihre Hemden.

      Rechts liegt ein Store. Zwei Männer kommen heraus und schleppen einen Sack, den sie auf einen Wagen werfen. Ein kleiner, dürrer Mann tritt in die Tür des Stores und redet mit ihnen. Vor dem Saloon sind etwa ein Dutzend Pferde angebunden, einige Männer lehnen auf dem Vorbau und sehen einer Lady nach, die mit einem Stockschirm über die ausgefahrene Straße stolpert.

      Nun erkennt Lee das Schild über dem Zaun und dem offenen Tor und sieht einen krummbeinigen Mann mit einer Laterne und einer Stange ankommen.

      »Wann endlich wirst du nicht vergessen, abends die Laterne aufzuhängen, Noel«, sagt jemand aus dem hellen Rechteck der Haustür zum Hof nörgelnd. »Wie soll man genug Pferde für den Stall bekommen, wenn das Schild nicht beleuchtet ist. Hast du wieder zuviel getrunken, Mensch?«

      »Fa… fast gar nichts, Boß«, lallt der krummbeinige Mister leiernd und verschluckt sich dreimal rülpsend. »Ich mu… mußte doch die Pfe… Pferde striegeln!«

      »Mensch, du stinkst ja bis hierher nach Pferdewhisky! Damit sollst du die Gäule einreiben, aber nicht von ihm trinken. Sollte mich nicht wundern, wenn du nächstens nur noch Spiritus in deine Gurgel rinnen läßt. Vergiß es nicht wieder, sonst fliegst du raus, Noel!«

      »Ja – aa, Mr. Lewis.«

      »Kerl, du bringst mich noch um meinen Verstand!«

      Die Tür donnert zu. Lee ist im Hof und an der Seite des Mannes, der sich vergeblich bemüht, die Laterne an den Haken zu hängen, der am Schild angebracht ist. Sein Stock, an dem die Laterne baumelt, zielt regelmäßig am Haken vorbei.

      Lee greift schweigend zu, nimmt dem rülpsenden Mr. Noel die Stange einfach weg und sieht den Mann sich krampfhaft am Sattel seines Braunen anlehnen. Dann hängt die Laterne oben, und Noel stolpert neben dem Braunen her in den Hof. Er muß sich drei Liter Whisky über die Jacke gegossen haben, denn er stinkt abscheulich nach gemeinem Fusel.

      »He, du, laß meinen Gaul los, der wird noch von deinem Fuselgestank besoffen«, sagt Lee rauh. »Hast du ’ne Box für mein Pferd?«

      »Lauter Boxen, rechts sind vierundzwanzig und links noch mal soviel, Freund. Hast du ’n Dollar?«

      »Wozu denn den?«

      »Für Whisky, auf Ehre, hast du nicht einen?«

      »Nein, ich will nicht an deinem Begräbnis schuld sein«, brummt Lee und steigt ab. »Da hinein?«

      Er sieht den Stall, führt sein Pferd hinein und kann nur zwölf Boxen auf jeder Seite ausmachen.

      »Dies sind aber keine vierundzwanzig an einer Seite, Mann.«

      »Sind nicht? Sind doch. Eins, zwei…«

      Noels Hand fuchtelt durch die Luft. Er schwankt schlimm und muß doppelt sehen. Auf einmal macht er den Deckel der Futterkiste auf, die ziemlich groß ist, setzt sich auf die Kante und langt tief in Hächsel und Spreu.

      »Wenn du mir keinen Dollar geben willst«, sagt er leiernd, »dann muß ich mir den Rest aus dieser Flasche nehmen. Tut mir leid um die Flasche, wirklich, mag keine leeren Flaschen. Prost Mann!«

      »He, wohin…«

      Er trinkt, rutscht nach hinten und verschwindet in der Kiste, ist einfach weg. Lee geht hin, rüttelt ihn, bekommt aber nur einige grunzende Laute zur Antwort.

      »Verrückt«, brummt Lee und klappt den Deckel zu. »Ob der da immer schläft? Nun gut, der Deckel hat Ritzen genug. Stelle ich eben meinen Braunen allein unter.«

      Er stellt das Pferd in die zweite Box links, holt sich aus der einen Tonne Hafer und aus der anderen Wasser, füllt die Raufe, reibt den Braunen ab und wirft sich schließlich Sattel und Packen über den Rücken.

      In der Spreukiste schnarcht Noel so gewaltig, daß aus den Ritzen der Staub der Spreu herauswirbelt. Kopfschüttelnd geht Lee Dorlan los, dreht den Docht in der Wandlampe kleiner und erreicht die Tür. Er macht einen Schritt nach draußen, sieht aber zur selben Sekunde rechts einen Schatten und hört das scharfe Knirschen auf dem Hofsand, das ein Stiefel verursacht. Seine Augen erfassen das Tor, er weiß genug.

      Das Tor ist geschlossen, und der Mann rechts neben ihm sagt in derselben Sekunde ziemlich leise und zischend:

      »Keine Bwegung, Mister. Du bist gedeckt!«

      Lee Dorlan blickt blitzschnell nach rechts, dann nach links und zum Tor.

      Aus dem Schatten des Hauses treten nun zwei Männer, zwei weitere kommen von links und rechts auf ihn zu.

      Und sie alle tragen ihre Revolver auf eine verdammt lockere Art in den Händen.

      Der Mann rechts ist groß und wuchtig, sein Haar schon leicht grau. Er trägt keinen Hut, hat seinen Revolver tief an der Hüfte und hält mit dem Daumen den Hammer fest.

      »Spring nicht in den Stall zurück, Dorlan«, sagt der grauhaarige Mann warnend, nachdem er Lee Zeit gelassen hat, sich umzublicken. »Wir stehen nicht zum Spaß hier, Junge.«

      »Das merke ich«, erwidert Lee. Sein Mund ist mit einem Schlag trocken, die Zunge kratzt am Gaumen. »Und was, Freunde, soll das bedeuten? Woher kennt ihr mich überhaupt?«

      »Viele Fragen, Junge, viele Fragen. Mach zwei Schritte nach vorn und laß den Sattel und den Packen fallen. Behalte aber die rechte Hand oben und laß die Linke vom Eisen, es bekommt dir sonst schlecht.«

      Lee blickt nach links, die Männer haben ihn, es gibt keinen Ausweg, sie stehen zu gut.

      »Nun gut«, sagt er und bemüht sich, ruhig zu sprechen, obwohl er alles andere als ruhig ist. »Ich gehe zwei Schritte und werfe Packen und Sattel hin. Keine Angst, ich versuche keinen Trick.«

      »Einen so guten Trick, daß du hier herauskommst, kann dir auch Joe Simmons nicht beigebracht haben. Geh jetzt und versuche nichts.«

      Joe, denkt Lee erschrocken, was wissen sie von Joe und mir? Woher wissen sie überhaupt etwas von uns? Sollten sie einen Nachrichtendienst besitzen, der uns bereits gemeldet hat? Dann müssen sie auch wissen, wo Joe ist.

      Er macht die beiden Schritte und läßt zuerst langsam den Packen und dann den Sattel gleiten. Sein Gewehr schlägt dumpf auf den Boden, im Packen klappern die beiden Töpfe.

      »Gut«, sagt der Grauhaarige hinter ihm zufrieden, wenn auch sehr kühl und leicht grimmig. »Du bist vernünftiger als ich dachte. Nun zurück an die Wand links neben der Tür. Geh rückwärts schräg nach rechts, halte die Hände oben. Tust du es nicht, dann hast du dir die Folgen selber zuzuschreiben.«

      »Wer, zum Teufel, gibt euch das Recht, über mich herzufallen?« fragt Lee scharf. »Ich kenne euch nicht, ich habe euch nichts getan. Leute, wenn ich mit euch fertig bin, dann werdet ihr euch noch lange an mich erinnern.«

      Einer lacht leise und grimmig, der Bursche links von ihm grinst. Er geht rückwärts und stößt gleich darauf mit dem rechten Stiefel gegen die Wand des Stalles. Die Tür ist nun links von ihm.

      Nun kommen die beiden Männer vom Tor heran und treten links und rechts neben ihn. Der Grauhaarige sagt trocken und so grimmig, daß Lee irgendeine Absicht ahnt:

      »Halte deine Arme nach den Seiten und tritt nicht aus, es wird sonst noch rauher, Junge!«

      Dann tritt er einen Schritt vor, schiebt die Hand mit dem Revolver vorwärts und drückt die Mündung in Lees Magen.

      Lee Dorlan blickt nach unten, genau auf den Daumen des Grauhaarigen, der den Hammer immer noch festhält. Es ist ein Gefühl plötzlicher Übelkeit, das sich in