Название | Amsterdam |
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Автор произведения | Uwe Hammer |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742715234 |
Doch plötzliches ging etwas Unerwartetes in ihm vor, denn zum ersten Mal wurde er nicht vom Selbstmitleid zerfressen, sondern es kam etwas in ihm auf, dass er bisher nicht kannte. Trotz, er wollte sich nicht mehr zum Fußabtreter machen lassen, weder von seinen Kollegen und Kolleginnen oder seinem Chef noch von seiner Frau. Zum ersten Mal musste er sich eingestehen, der er seine Frau nicht nur nicht liebte, sie wahrscheinlich auch niemals geliebt hatte, sondern dass er sie verabscheute, vielleicht sogar hasste. Sie die ihn dazu gebracht hat sich über Jahre selbst zu verleugnen, sich über Jahre zum Trottel zu machen, indem er Dinge tat, die er nicht wollte, es wenn er ehrlich war auch nicht konnte. Ich werde es euch allen zeigen, dachte Dieter bei sich, ihr werdet mich kennenlernen, so wie ihr mich noch nie erlebt habt, und ihr werdet euch wünschen, dass ihr es nie hättet erleben müssen. Dieters finsterer Blick wurde unerwartet von einem Lächeln durchkreuzt, als dieser eher zufällig auf den Wagen von Sören fiel. Es war kein freundliches Lächeln, ehre ein hämisches, ein Lächeln der Schadenfreund, aber für Dieter war es ein befreiendes Lächeln, ein Lächeln der inneren Stärke.
„Und mit Dir fange ich an“, sprach Dieter laut in Richtung des Autos.
Er begab sich in seine Garage um den Werkzeugkoffer zu hohen. Nachdem er eine Weile gekramt hatte, kam er mit einen Hammer und einem großen Nagel in der Hand aus der Garage, begab sich auf die Fahrerseite des völlig herunter gekommen Autos und begann durch kräftige Schläge mit dem Nagel große Löcher in die Fahrertür von Sörens Wagen zu treiben, um gleich darauf an der hinteren Tür mit seiner Arbeit fort zu fahren. Fast ärgerte es Dieter, dass der Wagen so alt und verkommen war, bei einem neuen Wagen hätte es sicherlich noch mehr Spaß gemacht. Aber auch so erfüllte ihn seine Tätigkeit mit großer Genugtuung. Nach wenigen Minuten hatte er sein Werk vollbracht. Er trat einige Schritte zurück, um sein Werk von einer etwas größeren Entfernung besser betrachten zu können. In vollster Zufriedenheit stellt er fest, dass man das Wort Aschloch, dass er in die beiden Türen der Fahrerseite gelocht hatte, sehr gut lesen konnte.
Dass er in seinem Eifer das „R“ vergessen hatte störte ihn unterdessen nicht sonderlich, zumal er sicher war, dass dies Sören gar nicht auffallen werde. Der Erfolg seiner Arbeit schaffte ihm jedoch nur relativ kurze Zeit eine innerliche Befriedigung, zumal schnell die Frage aufkam, wo er jetzt hin gehen sollte. Nach Hause zu seiner Frau konnte und wollte er nicht. Genaugenommen hatte er nicht viel Auswahl, eigentlich kam sogar nur Matthias sein alter Freund den er noch aus Kindheitstagen kannte in Frage. Wie lange kannte er Matthias schon? Fast 30 Jahre eine unglaublich lange Zeit. Sie waren nie so etwas wie dicke Kumpel gewesen, die abends loszogen um Frauen aufzureißen, was ohnehin erfolglos geblieben wäre, da beide zum Einen Frauen gegenüber sehr schüchtern waren und zum Anderen nicht gerade das waren was man einen Frauenschwarm nannte.
Heute würde man sie wohl als „Nerd“ bezeichnen, ein Begriff der zu ihrer Zeit aber noch nicht gebräuchlich war, so wurden sie in der Regel mit dem ebenfalls aus den englischen entliehenen Begriff „looser“ tituliert, was ihre Chancen bei den Frauen aber nicht wirklich erhöhte.
Matthias
Stattdessen trafen sie sich meist in der Werkstatt von Matthias die zu diesem Zeitpunkt zwar noch dessen Vater gehörte, dieser allerdings bereits schwer erkrankt war, und daher nicht mehr in die Werkstatt kommen konnte. Bereits als Matthias16 Jahre alt war verstarb sein Vater und lies ihn mit einer alkoholsüchtigen Mutter und der Werkstatt zurück, in die sich Matthias mehr und mehr zurückzog, bis er schließlich darin wohnte und das direkt danebenstehend Haus in welchem seine Mutter vor sich hin vegetierte quasi nicht mehr betrat. So kam es auch, dass sich seine Mutter in besagtem Haus tot soff, Matthias dies aber erst merkte, als ihn der Wirt der benachbarten Kneipe darauf hinwies, dass seine Mutter seit einigen Tagen nicht mehr bei ihm war.
Da wusste Matthias, dass seine Mutter ihren letzten Rausch erlebt hatte. Schon als Jugendlicher schraubte Matthias viel lieber an Autos als an Frauen, die verstand er zumindest, mit ihnen wusste er umzugehen. Frauen oder zu diesem Zeitpunkt wohl eher noch Mädchen verunsicherten ihn zu tiefst. Nur Dieter hoffte oder besser gesagt träumte, dass vielleicht eines Tages eine Frau oder zu diesem Zeitpunkt wohl eher noch ein Mädchen in der Werkstatt auftauchen würde, vielleicht sogar ein besonders hübsches, wobei er nicht in der Position war wählerisch zu sein, und sie um Hilfe bittet, da sie genau vor seiner Tür mit ihren Fahrzeug, was auch immer dies sein möge, liegen geblieben sei. Matthias könnte sich dann um das Fahrzeug kümmern, während er sich der Dame widmen könnte, die im Augenblick eh nichts Besseres zu tun hatte, als sich von ihm bequatschen zu lassen.
Dieter war nur in Sorge, dass ihm genau in diesem Augenblick nichts einfallen würde was er sagen könnte. Diese Sorge war indes nicht unbegründet, denn so erging es ihm grundsätzlich in der Gegenwart von Frauen. Zu diesem Zeitpunkt wusste er nicht, dass genau dieser unwahrscheinliche Fall eins Tages wenn auch viele Jahre später eintreffen würde, und er genau auf die von ihm erträumte Weise seine zukünftige Frau Claudette kennen lernen würde. Die sich unglücklicherweise im Laufe der Jahre allerdings nicht als seine Traumfrau entpuppen sollte. Hätte er das damals bereits geahnt wäre er wohl nicht so häufig auf Matthias altem Sessel gesessen und hätte immer denselben Traum geträumt. In Unkenntnis des ihm vorbehaltenen Schicksals saß er jedoch oft in jenem uralten verdreckten Sessel und sprach mit Matthias, der während dessen irgendetwas baute, oder reparierte, sägte oder schweißte, bohrte oder schraubte oder was er sonst noch alles tat. Matthias sagte selten etwas, aber er hörte zu, wenigstens ging Dieter davon aus, dass er das tat. Sicher konnte er sich nie sein, da Matthias selten zum Gesagten Stellung bezog. Wenn ihm Dieter sein Leid über sein schweres Leben klagte, sagte er oft nur:
„Weißt du Dieter, das Leben ist wie eine Schraube, manchmal geht sie ganz leicht auf, ein anderes Mal, musste Du kämpfen, um sie aufzubekommen, und manchmal reißt sie einfach ab.“
Dieter konnte mit dieser Lebensweisheit in der Regel nicht allzu viel anfangen, das sagte er Matthias aber nie. Und für Matthias, da passte diese Lebensweisheit, da sein Leben ohnehin fast nur aus Schrauben bestand. Dieter traute es sich nie Matthias von seinem Traum der in der Werkstatt auftauchenden hilfesuchenden Frau zu erzählen. Zum einen aus Angst Matthias könnte ihn auslachen, zum Anderen aufgrund der Befürchtung Matthias könnte mit seiner Rolle in diesem Traum nicht einverstanden sein, und wollte, statt das Fahrzeug zu reparieren viel lieber die Rolle als Bequatscher übernehmen. Wobei das doch recht unwahrscheinlich war, dazu würde es Matthias viel zu sehr reizen, das Fahrzeug wieder flott zu machen. Auch 30 Jahre späte verbrachte Matthias fast den gesamten Tag allein in seiner Werkstatt, wenn er schrauben konnte dann war er glücklich. Und am glücklichsten war er, wenn er ein altes, verrottetes Auto wieder auf Vordermann gebracht hatte, wenn es vor ihm stand, blinkend und blitzend, wenn sich der altersschwache Motor das erste Mal wieder aus eigener Kraft drehte, und es aus dem Auspuff so richtig stank, dann war er wahrscheinlich für einen kurzen Moment der glücklichste Mensch auf der Welt.
Mit Menschen konnte Matthias nie viel Anfangen, er verstand sie einfach nicht, und Smalltalk hasste er mehr wie einen abgerissene Schraube oder einen Kolbenfresser. Er hatte regelrecht Angst davor. So wie es ihm schwer fiel Menschen in die Augen zu schauen. Fast als hätte er Angst dort etwas schreckliches zu entdecken, oder war es die Angst, die Menschen könnten in seinen Augen etwas schreckliches Entdecken, ein düsteres Geheimnis, das er mit sich herumschleppte, dass er unter allen Umständen zu verheimlichen suchte. Matthias und ein schreckliches Geheimnis? das war ja nun wirklich lächerlich. Er der keiner Fliege etwas zu leide tun konnte, der es nicht einmal übers Herz brachte Mausefallen in seiner Werkstatt aufzustellen und sich stattdessen lieber einen Stahlschrank anschaffte in dem