Amsterdam. Uwe Hammer

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Название Amsterdam
Автор произведения Uwe Hammer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742715234



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wenig Zeit für Matthias gehabt, zumal es Claudette nicht sonderlich schätze wenn er bei ihm in der Werkstatt war, Bier trank und sich einfach nur mit ihm unterhielt oder besser gesagt ihm Dinge aus seinem Leben erzähle, denn eine Unterhaltung setz ja voraus, dass mindestens zwei beteiligte Personen zumindest hin und wieder ein Wort sprachen. Bei Matthias konnte es allerdings sein, dass er eine Stunde lang kein Wort sagte. Und falls doch dann etwas in die Richtung

      „Gib mir mal bitte den 15er Gabelschlüssen“, was in der Regel wenig mit dem zu tun hatte was Dieter ihm zuvor erzählt hatte.

      „Du stinkst wieder nach Benzin und Motoröl, warst wohl wieder bei Matthias diesem Spinner“, pflegte Claudette dann immer zu sagen.

      Genau, das wird er jetzt machen, er wird zu Matthias gehen diesem Spinner der er zweifelsohne war, was ihn aber in Dieters Augen nicht zu einem schlechten Menschen machte, ganz im Gegenteil. Dieter mochte Spinner vielleicht weil er selbst gerne ein Spinner wäre und es sich einfach nicht traute das zu tun was er gerne möchte, sein Leben zu leben wie er es sich vorstellte, sich nicht darum zu kümmern was die Anderen über in dachten, nein dazu hatte er nie den Mut aufgebracht. Er wird mit Matthias jede Menge Bier trinken und gemeinsam mit ihm nach Motoröl und Benzin oder Diesel oder was auch immer stinken. Matthias wird ihn schon aufnehmen, da war er sich absolut sicher.

      Denn auch wenn er mit Menschen nichts anfangen konnte, so war er doch ein herzensguter Mensch, den das Leid anderer berührte. Er spendete viel für alle möglichen soziale Zwecke, denn er verdiente mit seiner Werkstatt gutes Geld. Er war einfach ein technisches Genie und so kamen Kunden aus ganz Deutschland manchmal sogar aus dem umliegenden Ausland, um bei ihm ihre Oldtimer restaurieren zu lassen und die zahlten ihm jede Menge Geld dafür. Außer für neue Maschinen und Werkzeug brauchte er kaum Geld. Luxus war etwas mit dem Matthias genauso wenig anfangen konnte wie mit Menschen. Es reichte ihm, wenn er ausreichend kühles Bier im Kühlschrank hatte und ein paar Tiefkühlpizzas im Gefrierschrank. An Tagen an denen er es sich mal so richtig gut gehen lassen wollte bestellt er auch mal eine Pizza beim Pizzaservice. Zum Essen in ein Restaurant ging er nur sehr selten. Aber es machte ihm Freude den reichen Schnöseln mit ihren teuren Autos das Geld aus den Taschen zu ziehen und es an die Armen weiterzugeben. Er war quasi eine Art moderner Robin Hood, auch wenn er das Geld nicht wirklich stahl, was einige Kunden gelegentlich allerdings anders sahen. Er spendete immer anonym, damit niemand auf die Idee kam sich bei ihm zu bedanken, denn er hasste es, wenn sich jemand bei ihm bedankte.

      Einmal hat ihn Dieter darauf angesprochen, denn aus seiner Sicht ist es absolut in Ordnung, wenn man sich zu seinen guten Taten bekennt. Frei nach dem Motto tue Gutes und rede darüber. Matthias aber reagierte wie so oft völlig anders wie er erwartet hatte.

      „Schon in der Bibel steht in Matthäus 6 Vers 3 Wenn du jemanden etwas Gutes tust, so soll die rechte Hand nicht wissen was die Linke tut. Oder heißt es die linke Hand soll nicht wissen was die rechte tut? Naja, ist ja auch egal jedenfalls geht es weiter. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird dich dafür belohnen“. Zitierter Matthias aus der Bibel.

      „Seit wann liest Du in der Bibel“, fragte Dieter überrascht.

      “Tue ich nicht, einmal hat mir ein junges Mädchen einen Spendenaufruf in die Hand gedrückt, und darauf stand dieser Spruch, irgendwie hat er mir gefallen und deshalb habe ich ihn mir gemerkt“, gab Matthias sichtlich stolz ob seiner Bibelkenntnis zurück.

      Matthias war schon ein seltsamer Vogel dachte Dieter, während er zur Garage ging, sich in Claudettes Auto setze, den Zündschlüssel umdrehte, der wie fast immer noch im Zündschloss steckte, und den Wagen in Bewegung setzte. Aus dem Augenwinkel konnte er gerade noch erkennen, wie Claudette mit vor Schreck aufgerissenen Augen aus dem Fenster starrte. Die braucht ihr Auto in nächster Zeit sicher nicht, sie kann ja das von Sören benutzen dachte Dieter mit einem leichten Anflug von Schadenfreude. Schade, ich hätte auf die andere Seite noch das Wort Hure lochen sollen, da hätte ich beide mit jeweils nur einem Wort charakterisiert. Matthias hatte seine Werkstatt etwas außerhalb von Miesbach genauer gesagt in Wall, einem verschlafenen Ort, den aber die Oldtimerliebhaber aus halb Europa kannten. Dieter bog mit Claudettes Wagen auf den kleinen ungeteerten Platz vor Matthias Werkstatt. Matthias ließ den Platz bewusst nicht befestigen, denn es mache ihm Freude zu zusehen, wie seine meist reiche Kundschaft, mit ihren hunderte von Euro teuren Schuhen über den in der Regel schlammigen Vorplatz in seine Werkstatt stolzierten.

      Meist blieben die besonders vornehmen reichen Damen gleich im Auto sitzen, weil sie sich weigerten durch den Schlamm in die ebenso schmuddelige Werkstatt zu gehen. Auch dieses Verhalten war von Matthias bewusst provoziert, denn konnte er mit Menschen im Allgemeinen nicht viel anfangen, so konnte er mit Frauen noch weniger anfangen. Hochnäsige, wohlhabende Frauen die naserümpfend in seine Werkstatt kamen und sich verächtlich umschauten konnte er jedoch absolut nicht leiden. So vermied er es, einen ordentlichen und sauberen Eindruck zu hinterlassen, um auf diesem Weg zu verhindern, dass derartige menschliche Geschöpfe seine Werkstatt betraten. Gelegentlich kam es aber auch vor, dass sich Frauen zu ihm verirrten, die sich nicht am schlammigen Vorplatz und an der schmuddeligen Werkstatt störten, sondern wie selbstverständlich seine Werkstatt betrat.

      Einmal kam eine Frau, die sogar richtig Ahnung von Autos hatte, und die Matthias Fähigkeiten aufrichtig bewunderte. Beinah hätte er sich in diese Frau verliebt, bis ihm klar wurde, dass er einfach keine Zeit für eine Frau hatte, und so ließ er es lieber mit dem Verlieben. Dieter stieg aus den Waagen und lief durch den Schlamm in Richtung Eingang, der wie meist weit offenstand. Schon von draußen stieg ihm der Geruch von Motoröl und Benzin in die Nase und er merkte wie sehr ihm dieser Geruch gefehlt hatte, auch wenn er was Autos anging überhaupt keine Ahnung hatte und sie ihn ehrlich gesagt auch nicht im Geringsten interessierte. Etwas zögernd betrat er die Werkstatt, da plötzlich Scham in ihm aufkam, dass er sich schon so lange nicht mehr hatte sehen lassen und jetzt wo er nicht wusste wo er hin sollte wieder auf der Matte stand.

      Er ließ seinen Blick durch die Werkstatt wandern. die sich wie erwartet nicht viel verändert hatte. Matthias mochte keine Veränderungen und so versuchte er sie zu vermeiden. Allerdings war seiner Werkstatt was Maschinen anging immer auf dem neusten Stand der Technik und so entdeckte Dieter eine nagelneue Fräsmaschine.

      „Ein tolles Teil nicht war“, hörte er unverhofft Matthias hinter sich.

      Dieter drehte sich um und blickte in Matthias freundliches Gesicht, dass die ehrliche Freude Dieter wieder zu sehen widerspiegelte.

      „Freut mich, dich endlich mal wiederzusehen.“

      „Ich freue mich auch, und es tut mir wirklich leid, dass ich mich so lange nicht mehr habe blicken lassen“, gab Dieter entschuldigend zurück.

      „Mach Dir nichts draus, ich habe dich ja auch nicht besucht, wie kann ich mich dann beschweren, wenn Du dich nicht bei mir sehen lässt. Jetzt bist Du da und darüber freue ich mich.“

      Matthias streckte Dieter die wie immer schmutzige Hand entgegen und Dieter legte seine wie immer sauber, weiche Hand in dessen kräftige Pranke. Matthias drückte wie immer zu fest zu, so dass Dieter ebenfalls wie immer Angst hatte, er würde ihm seine Finger brechen.

      „Was ist denn mit deinem Gesicht passiert? sieht ja übel aus“

      „Ist halb so wild, ich habe nur einen Baum zu genau untersucht.“

      „Wie sieht es aus, willst Du ein Bier? Ich wollte sowieso gerade Feierabend machen, für heute reicht es mir.“

      „Gerne.“

      Dieter hielt Ausschau nach seinem alten Sessel konnte ihn aber nirgends sehen.

      „Wo ist denn der alte Sessel?“ fragte er Matthias.

      Den habe ich schon vor einigen Monaten weggeworfen, das alte Ding.“

      „Schade ich mochte ihn“, erwiderte Dieter, traurig darüber, dass sein alter Freund ihn anscheinend so schnell vergessen hatte“.

      “Ich weiß. Du hast einige Stunden darin verbracht, deshalb habe ich ihn auch nicht schon längst weggeworfen. Aber sieh mal, hier was ich hier habe.“

      Matthias zog eine Plan von einem Gegenstand der versteckt in einem der