Название | Amsterdam |
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Автор произведения | Uwe Hammer |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742715234 |
Als sein Rechner nach 10 Minuten endlich arbeitsbereit war, und Dieter die entsprechende Datei öffnete, stellte er fest, dass deren Zustand noch erbärmlicher war als er es in Erinnerung hatte. Für eine kurzen Moment verfiel er in eine Arte Schockstarre. Gerade in diesem Moment kam Renate an seinem Platz und musterte ihn breit grinsend.
„Oh das sieht aber gar nicht gut aus“, sagte sie mit einem durchaus ernstzunehmenden Ausdruck von Mitleid in ihrer Stimme.
„Es geht schon, ich habe ein ganz anders Problem.“
„Du meinst die Präsentation nachher. Ich finde es auch nicht gut, dass der Alte versucht dir alles in die Schuhe zu schieben, schließlich haben wir uns alle nicht mit Ruhm bekleckert.“
Dieter sah zu Renate auf, die sich direkt neben ihn gestellt hat und lächelt zu ihr hoch, zumindest versuchte er, dass, war sich aber nicht sicher, ob man seinen verkrampften Gesichtsausdruck tatsächlich als Lächeln interpretieren konnte.
„Das ist lieb von Dir, aber sei mir nicht böse, ich muss versuchen wenigstens halbwegs so etwas wie eine Präsentation hinzubekommen.“
Renate entfernte sich mit einem verständnisvollen Nicken und ließ ihn mit seinen Problemen allein zurück. Dieter entschlosst sich kurzerhand, das Nervenkostüm von Herrn Müllerstein zu schonen, indem er diesen nicht durch die Aufzählung der Dinge, welche nicht ganz nach dessen Vorstellung gelaufen sind, unnötig in Stress versetzte und so Gefahr lief, dessen Lebenserwartung erheblich zu reduzieren. Viel mehr ließ er das Erscheinungsbild der geleisteten Arbeit durch eine geringfügige Manipulation, der Terminvorgabe und der Budgetvorgabe in einem etwas positiveren Licht erscheinen zumal er sicher war, dass Herr Müllerstein ohnehin keinen blassen Schimmer darüber hatte, wie die Vorgaben ursprünglich waren.
Einzig das geringfügige Qualitätsdefizit bereitet ihn noch Sorge was ihn zu dem Entschluss brachte, dieses Thema gar nicht anzusprechen, um Herrn Müllerstein nicht mit für die Geschäftsleitung unwichtigen Detailinformationen zu überfrachten. Als Dieter den Besprechungsraum betrat, war der Raum schon mit Schaulustigen gefüllt. Herr Bachmüller begrüßte ihn mit dem ihm eigenen grimmigen Blick, während der Entwicklungsleiter Herr Müllerstein vorerst gar keine Notiz von ihm nahm. Nervös setze sich Dieter auf dem an der Stirnseite befindlichen Stuhl, der extra für ihn freigehalten wurde.
Unter anderen Umständen wäre dies hier der Ehrenplatz, freigehalten für den ranghöchsten Mitarbeiter, heute ist seltsamerweise keiner scharf darauf hier zu sitzen. Er stellt umständlich seinen Laptop ab, der sich durch sein voluminöses Äußeres von dem der Kollegen und Kolleginnen, die ihren Rechner bereits aufgeklappt vor sich stehen hat, deutlich unterschied.
Ohnehin schien es einen Zusammenhang zwischen der Größe des Notebooks und der Hierarchieebene des Besitzers zu geben, und zwar in der Form, dass das Notebook mit ansteigender Hierarchieebene immer kleiner wird. Dem entsprechend war das Notebook von Herrn Müllerstein nur unwesentlich größer als dessen Handy. Nachdem Dieter endlich das Kabel für dem Beamer gefunden hatte um es umständlich in die Buchse seines Laptop zu stecken, eröffnet Herr Bachmüller die Besprechung mit der kurzen Aufzählung der Agenda um dann direkt das Wort an Dieter zu übergeben, der sich höflich dafür bedankt, nicht ohne Herrn Bachmüller innerlich die Pest an den Hals zu wünschen.
Wie in solchen Besprechungen üblich saßen die meisten Kollegen und Kolleginnen hinter ihrem Notebook versteckt, und zollten dem Vorgetragenen nur wenig Aufmerksamkeit. Mit Ausnahme von Herr Müllerstein, dessen Notebook ohnehin nicht die Möglichkeit bot sich dahinter zu verstecken. Dieser folgte mit höchster Aufmerksamkeit den Vortrag von Dieter, der nur hoffen konnte, dass Herrn Müllerstein die geringfügige Manipulation der Fakten zu dessen Besten nicht auffiel. Ebenfalls voll bei der Sache war Herr Bachmüller, der etwas ungläubig auf die Leinwand blickte und irgendwie das Gefühl hatte, dass die Präsentation von Dieter das tatsächliche Bild etwas verschönte, aber nicht dahinterkam, wie Herr Frei das gemacht hatte. Genaugenommen war ihm das auch völlig Wurst, er registrierte, dass Herr Müllerstein das Ganze mit einem gewissen Wohlwollen zur Kenntnis nahm, und war allein aus diesem Grund zufrieden. Nachdem Dieter seinen Vortrag beendet hatte, wollte Herr Müllerstein noch wissen warum er nichts bezüglich der Prozesse erwähnt hatte.
Dieter konnte ihm das an Hand seines lädierten Gesichtes und der daraus resultierenden Krankschreibung welche dazu geführt hat, dass er sich diesem Thema nicht mit der hierfür erforderliche Sorgfalt annehmen konnte, erläutern, und versicherte ihm zugleich, dass allein die stringente Einhaltung der Prozesse einen so positiven Verlauf des Projektes ermöglicht hätte. Daraufhin verabschiedet sich Herr Müllerstein sichtlich zufrieden mit sich und der Welt, hauptsächlich allerdings mit sich, und ging mit Herrn Bachmüller, der ausnahmsweise Dieter mit einem für seine Verhältnisse freundlichen Blick begutachtet in dessen Büro. Beim Hinausgehen kam Andreas an Dieters Seite.
„Sag mal spinnst Du, wenn das rauskommt, bekommst Du aber jede Menge Ärger. Herr Müllerstein ist doch nicht blöd, früher oder später wird er merken, dass Du ihn verarscht hast, und die ursprünglichen Vorgaben verfälscht hast, dann ist er mit Sicherheit stinksauer.“
„Glaube ich nicht, solange ich nicht den Fehler mache, die Präsentation zu verteilen, oder abzulegen, wird in ein paar Wochen keiner mehr wissen, was ich heute vorgestellt habe.“
„Aber der Alte wird wollen, dass Du sie ablegst so wie immer.“
„Das mache ich auch, aber ohne Inhalt, dann ist mir halt ein Fehler unterlaufen oder irgendein Idiot hat sie überschrieben, das kommt doch immer wieder vor. Nachsehen was drin steht wird er die nächste Zeit sowieso nicht, er ist zufrieden, dass Herr Müllerstein den Frosch geschluckt hat und erst einmal Ruhe gibt. Mehr interessiert den doch nicht. Du weißt doch, man ist immer nur so gut, für wie der Chef einen hält, das hat der Bachmüller doch längst begriffen. Wie der seinen Chef dazu bringt ihn für fähig zu halten ist ihm doch völlig Wurst.“
„Die Kröte, es heißt die Kröte geschluckt“, schiss Andreas klug.
„Von mir aus auch die Kröte, Hauptsache das Ding ist weg.“
„Mensch Dieter hätte dir gar nicht zugetraut, dass Du so ein abgebrühter Hund bist, wenn Du damit früher angefangen hättest wärst Du jetzt bestimmt schon Abteilungsleiter und nicht der Fußabtreter vom Alten“, äußert Andreas seinen Anflug von Hochachtung.
„Tja kennst mich ja, ich bin eben kein Karrieretyp, dazu fehlt mir die große Klappe.“
„Hey Dieter, das hast Du gerade noch so hingebogen, hoffentlich geht der Schuss nicht nach hinten los“, rief Markus Schmidt von hinten.
Dieter hob nur die Hand zum Gruß ohne näher auf das Gesagte einzugehen, zudem er Markus für einen arroganten Hund hält, der auf der einen Seite an absoluter Selbstüberschätzung litt, was sich derart äußert, dass er grundsätzlich der Meinung ist, etwas besser als alle anderen zu können oder doch zumindest genauso gut. Gleichzeitig litt er an Minderwertigkeitskomplexen, und fühlte sich von den anderen nicht in dem Maße respektiert wie er es seiner Meinung nach verdient hätte. Fakt ist, dass er von seiner Umgebung genau den Respekt erhielt, den er verdient hat, folglich