Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig Bechstein

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Название Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen
Автор произведения Ludwig Bechstein
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742749215



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alle Schachte zusammen und erschlugen

       die ganze Knappschaft; die Schachte ersoffen,

       die Stollen wurden unfahrbar, und das Wasser,

       das an einer Stelle aus dem Geklüft eines verschütteten

       Stollens hervordrang, war rot vom Blute der Erschlagenen,

       und immer noch quillt es, und immer

       noch ist dessen Farbe rot wie Blut.

       106. Die letzte Saat

       Bei Mülheim, nahe dem Rhein, lag vorzeiten ein Kloster

       namens Dünnwald, das war in Streit geraten über

       hundert Morgen Ackerlandes mit einem nachbarlichen

       Edeln, Junker Hall von Schleebusch. Das Kloster wie

       der Junker sprachen dieses große Grundstück als Eigentum

       an, doch hatte es der Junker im Besitz, aber

       alle Nutzung verzehrten die Kosten des vor Gericht

       geführten Rechtsstreites, die Anwälte, die Fürsprecher,

       die Richter, die Schöffen, die Schreiber. Da bot

       endlich der Junker Hall von Schleebusch gütlichen

       Vergleich an und sprach zu den frommen Vätern des

       Klosters Dünnwald: Fromme Väter, ich bin des langen

       Haders müde, der uns beiderseits nicht frommt.

       Die hundert Morgen sollen fürder und künftig für alle

       Zeiten des Klosters Eigen sein, nur eins bedinge ich:

       noch einmal eine, und zwar die letzte Aussaat. Ist die

       zur Ernte reif und gediehen und eingebracht, so begebe

       ich mich jedes Anspruchs an die hundert Morgen.

       – Der Himmel stärke Euch, edler Junker, in solch

       frommem Entschluß, sprach der Abt, doch seid Ihr

       wohl so gnädig, dieses Versprechen uns schriftlich zu

       geben. – Darauf wurde ein Brief auf Pergament doppelt

       geschrieben und ausgefertigt, und der Junker hing

       sein Siegel in Wachs daran, und der Abt des Klosters

       das seine, und das große Konventsiegel kam auch

       noch hinzu, und das des Priors, und noch zwölf Siegel

       erbetener ritterlicher Zeugen, und war ein sehr schöner

       Brief, diese Schenkungsurkunde auf ewige Zeiten

       nach der Ernte der letzten Aussaat, die noch des Junkers

       sein sollte. Junker Hall von Schleebusch ließ nun

       seinen Acker bestellen und die hundert Morgen besäen,

       das geschah im Herbst, und im Frühjahr ging die

       Saat auf, wollte aber gar nicht recht in die Höhe

       schießen wie andere Saat. Da nun das Fest der Hagelfeier

       kam, wo man mit Prozessionen und Fahnen die

       Felder umgeht und für sie betet, da sahen die Mönche

       nach der Saat auf dem künftigen Klostererbe – aber

       was sahen sie? – Eine Saat von Eicheln. – Betrug!

       Betrug! schrien Abt und Prior und Konvent – aber es

       half nichts, denn im Briefe stand: vnde bewilligen

       ihme deme edeln junkherrn Hall vom Sleehenbosche

       die letzte Vssaat sinder widerrede unde sinder alle geferde.

       deßez czo gezügen han wir erbeten etc. Lange

       noch freute Junker Hall von Schleebusch sich seines

       schönen herrlich gedeihenden jungen Eichenwaldes,

       er jagte noch Hasen und Hühner darin – die Bäume

       wuchsen, und Abt und Prior und der ganze damalige

       Konvent gingen einer nach dem andern zur ewigen

       Ruhe der Saat, von Gott gesäet – und immer noch

       wuchsen die Eichen, und im Archive der schöne Brief

       wurde grau, und die Siegel wurden voll Staub, und es

       dachte niemand mehr an ihn – und immer noch wuchsen

       die Eichen, und das Kloster versank in Schutt und

       Trümmer, und das neue Geschlecht, das gekommen

       war, konnte die Schrift des alten Briefes nicht mehr

       lesen.

       107. Der Alte-Berg

       Hoch und herrlich stand, landbeherrschend, das stolze

       Grafenschloß Berg überm Tal der Dhüne und gab der

       ganzen Grafschaft Berg den Namen, die hinter Jülich

       und Cleve in so vielen Titeln deutscher Fürstenhäuser

       unsterblich fortgeführt wird. An der Wupper wohnte

       ein Vogt, Eberhard, aus dem Hause Teißerbant, der

       hatte einen lieben Bruder, Adolf mit Namen, beide

       besaßen die Schlösser Berg und Altena. Adolf vermählte

       sich, und Eberhard minnte ein schönes Fräulein

       auf Burg Odinthal, aber dieses starb in seiner Jugendblüte.

       Graf Eberhard von Berg suchte seinen tiefen

       Schmerz durch Waffenlärm zu übertäuben, und da

       der Herzog Gottfried von Brabant dem Ritter von

       Limburg und den Grafen von Berg Fehde bot, so

       führte Eberhard die Scharen an und erfocht einen vollständigen

       Sieg, ward aber verwundet und kam von

       den Seinen hinweg, die ihn tot glauben mußten. Graf

       Eberhard trat eine große Wallfahrt gen Rom an, wie

       auch gen Compostell, dann kam er auf seinem Pilgergange

       nach Thüringen zum Schlosse Käfernburg, wo

       ein Verwandter von ihm namens Sizzo, nach andern

       Sieghard, wohnte. Dieser Sizzo war es, welcher unter

       der St. Johanniskirche auf dem Altenberge, wo der

       heilige Bonifazius den Thüringern zuerst das Evange-

       lium predigte, noch eine Kirche in des heiligen Georgs

       Ehre erbaute, hernach im Tale das Kloster Asolverod

       gründete, zu welcher Gründung Graf Eberhard

       riet, und vom Kirchlein auf dem Georgenberge das

       Kloster nun Georgenthal nannte. Und da wurde Graf

       Eberhard von Berg und von der Mark der erste Abt.

       Allein der demütige und fromme Sinn dieses Grafen

       litt nicht lange diesen hohen Rang; er wollte dienen,

       nicht herrschen, legte daher die Abtwürde zu Georgenthal

       in Thüringen freiwillig nieder und zog als ein

       büßender Pilgrim weiter. Da kam er zu dem Kloster

       Morimund (Morimont) in der Champagne und bat daselbst

       um den geringsten Dienst. Dort ließ man ihn

       um Knechteslohn die Schweine hüten, und dies trieb

       er unerkannt lange Jahre. Sein Bruder Adolf und nicht

       minder der Bruder seiner verstorbenen Braut trugen

       großes Sehnen nach dem Verlorenen, und der letztere