Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig Bechstein

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Название Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen
Автор произведения Ludwig Bechstein
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742749215



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des kleinen Gebirgs ist der

       Drachenfels, er ist mit Drachen- und Lindwurmsagen

       völlig umschuppt und umpanzert, es wäre mit ihnen

       allein leicht ein Buch zu füllen. Hier hat der hörnene,

       nicht der fälschlich so genannte gehörnte Siegfried

       des alten deutschen Volksbuchs den Drachen erlegt,

       gebraten und mit seinem Fett, das zu Horn erhärtete,

       sich überall die Haut bestrichen, daß sie unverwundbar

       ward. Nur zwischen die Achseln vermochte er

       nicht zu langen, eine kleine Stelle blieb unbestrichen,

       und das ward hernach die Ursache, daß der Kampfheld

       erlag, denn gerade, als Siegfried sich an einem

       Brunnen niederbückte und diese Stelle preisgab,

       schleuderte ein boshafter Feind eine Lanze auf ihn,

       die ihm tödlich ward.

       104. Rolandseck

       Es saß auf hoher Burg am Rhein hoch über dem

       Stromtal ein junger Rittersmann, Roland geheißen,

       manche sagen Roland von Angers, Neffe Karl des

       Großen, der liebte ein Burgfräulein, Hildegunde, die

       Tochter des Burggrafen Heribert, der auf dem nahen

       Schloß Drachenfels saß, und wurde wiederum auch

       von ihr geliebt. Da auch der alte Burggraf nichts

       gegen die Verbindung seiner Tochter mit Ritter Roland

       einzuwenden hatte, so verlobte er ihm seine geliebte

       Tochter herzlich gern. Da erscholl, noch bevor

       die Vermählung des Brautpaares erfolgen konnte, ein

       Aufgebot der Ritterschaft gegen Hunnen und Heidenscharen,

       die im Osten das Reich bedrohten, und dem

       Ritter Roland geboten Pflicht und Ehre, diesem Aufgebot

       zu folgen. Große Taten der Tapferkeit tat Roland

       gegen die Heidenschwärme, und seine tapfere

       Hand entschied den Kampf zugunsten des Christenheeres.

       Davon kam die erfreuliche Kunde bald an den

       Rhein und auf den Drachenfels und weckte dort große

       Freude. Dann aber ward wieder eine Zeitlang keine

       Kunde vom Ritter Roland vernommen. Endlich kam

       ein heimkehrender Ritter am Siebengebürge vorüber

       und sprach ein Nachtlager auf dem gastlichen Drachenfels

       an, der verkündete, ohne daß er wußte, wie

       schmerzlich für seine Wirte seine Kunde sei, daß Ritter

       Roland in einem der letzten Kämpfe an seiner

       Seite den Heldentod gefunden habe. Da entstand großes

       Leid und Wehklagen, und Hildegunde war so

       trauervoll, daß sie sogleich den Entschluß faßte, im

       Kloster Nonnenwerth den Schleier zu nehmen, und da

       der Bischof, der über dieses Kloster gebot, ihr Verwandter

       war, so willigte er in Hildegundens dringendes

       Verlangen, ihr das Probejahr zu erlassen, und ließ

       sie schon nach eines Monates Frist als Nonne einkleiden.

       Am folgenden Tage stieg ein Gast zum Drachenfels

       empor, ward eingelassen und sah auf allen Mienen

       nur Trauer. Mit Schreck und Freude erkannte Ritter

       Heribert in dem Fremden den geliebten Ritter Roland.

       Wohl war dieser für tot vom Schlachtfeld getragen

       worden, aber wieder genesen, wohl hatte er Botschaft

       gesendet, aber der Bote war nicht angelangt, und nun

       fragte er nach seiner Hildegund und vernahm das

       Donnerwort: Sie ist eine Nonne!

       Schrecklich war, was Roland empfand. Stumm vor

       Schmerz geht er vom Drachenfels herab, besteigt sein

       Roß, reitet nach Rolandseck hinauf, entläßt seine Diener,

       wählt sich droben einen Felsensitz, wo er herabschauen

       kann nach Nonnenwerth, und schaut herab

       nach der Geliebten, jeden Tag, und Mond um Mond,

       und Jahr um Jahr, lebt als Einsiedler und murmelt Ge-

       bete, wenn drunten im Tale die Klosterglocke klingt.

       Bisweilen erblickt er die Nonne Hildegund, die aus

       Trauer um ihn das ewig unlösbare Gelübde tat – bis

       er einst sie lange nicht mehr sieht, bis ein Leichenzug

       ihm sagt, daß sie geschieden aus dem irdischen Leben

       und zum ewigen Frieden eingegangen. Und bald danach

       ist Roland erblichen gefunden worden und ihr

       dahin nachgegangen, wo alle liebenden Seelen im

       Schoße der ewigen Liebe sich wieder einigen.

       105. Die Knappschaft im Lüderich

       Wie zum Bau des Kölner Domes der Drachenfels

       einen großen Teil seines Gesteins lieferte, so auch lieferte

       der Lüderich über Vollberg, der ein Eigentum

       des Domkapitels in Köln war, sein Gestein, aber ein

       edleres als der Drachenfels, zum großen Dombau, wie

       die Sage geht. Der Schoß des Lüderichs gebar unermeßliche

       Ausbeute seines Bergbaues, und auch früher,

       schon in den Heidenzeiten, daher ward auch die

       spätere christliche Knappschaft im Lüderich angesteckt

       von heidnischem Wesen und allerlei Frevel.

       Noch ist eine Stelle dort zu finden, welche der Heidenkeller

       heißt, und die Sage kündet und deutet darauf

       hin, daß der Bergbau im Lüderich Heidentum und

       Christentum wohl eine Zeitlang gegenseitig bekämpft

       habe, ehe es zusammenschmolz und das Christentum

       den völligen Sieg errang. So gottlos war die Knappschaft,

       daß sie die Räder an Karren und Göpeln aus

       holländischen Käsen machten, daß sie runde Weizenbrote

       den Berg hinabkollern ließen, denen etwa das

       Bild der heiligen Hostien aufgedrückt war, und hinterdrein

       riefen: Fall dich tot! Herrgott! fall dich tot!,

       dann Steine hinterdrein schickten und schrien: Teufel!

       lauf dem Herrgott nach! lauf dem Herrgott nach! –

       Über solche und zahllose andere Frevel erwachte end-

       lich der rächende Zorn des Himmels. Einem frommen

       Hirten, der auf sonniger Trift des Lüderichs seine

       Schafe weidete, erklang eine Stimme aus der Höhe:

       Hirte, treibe weg vom Lüderich! – Den Herren des

       Bergbaues erschien verlockend ein Jagdtier, dem sie

       nacheilten, es flüchtete in die Höhle des Heidenkellers,

       jene