Название | Das Herz des Zauberers |
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Автор произведения | Betty Kay |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783960895077 |
Steigt der gute Mann bereits auf die Maschine? Wenn ihm etwas passiert, würde ich mir das niemals verzeihen. Wenn er etwas tut, das uns beide in Gefahr bringt, weil er mir helfen will, ist das genauso schlimm.
»Bleibt unten!«, befehle ich. »Mir ist wohler dabei, wenn ich nur auf mich selbst aufpassen muss. Wartet einfach, was passiert.«
»Wir brauchen Euch«, gibt der Mann zurück. »Ihr seid wichtiger als ich es bin. Also seid nicht so uneinsichtig.«
Verblüfft lache ich auf. Wagt er es tatsächlich, mich zu tadeln? »Es ist zu gefährlich. Ich habe gerade versehentlich einen Abwehrmechanismus ausgelöst. Wenn ich nicht auf dem Bauch gelegen hätte, wäre ich von vier Pfeilen getroffen worden. Ich übernehme die Aufgabe also allein.«
Zur Sicherheit spreche ich noch einen Zauber, der ihn daran hindert, die Plattform zu erreichen und ihn sicher auf den Boden zurückbringt. Ich kann nicht sehen, ob mein Spruch funktioniert hat. Nach dem Gemurmel der anderen Männer unten zu schließen, das zu mir dringt, habe ich mich allerdings nicht ganz ungeschickt angestellt. Mit einer Sekunde Verspätung beginnt auch der grauhaarige Soldat, sich zu beschweren. Ich ignoriere seine Einwürfe.
Das Loch wartet immer noch wenig einladend auf meine Entscheidung. Ich entschließe mich, den Abstieg zu wagen. Noch niemals habe ich so viele Zauber gleichzeitig an einer Person angewendet. Das ist einer der Gründe, weshalb ich meinen fleißigen Helfer nicht mitnehmen möchte. Wenn ich die Sprüche verwende, könnte das bereits dafür sorgen, dass ich diese Maschine nicht mehr lebend verlasse.
Der Unsichtbarkeitszauber ist der erste Schritt. Mein Körper zeigt keine Reaktion. Also fahre ich mit dem Zauber fort, der meine Temperatur absenkt, bis meine Körperwärme keine Veränderungen in der Atmosphäre im Inneren verursacht. Zum Glück ist es nicht so kalt, dass ich Erfrierungen befürchten müsste. Dennoch fühlt es sich unangenehm an. Ich kann spüren, wie die Energie in ihr brodelt und nach einer Möglichkeit sucht, meinen Körper zu verlassen. Bleibt noch ein letzter Spruch. Mit dem sorge ich dafür, durch das Gewicht meines Körpers auf dem Boden keine Druckplatten auszulösen. Jeder meiner Schritte wird nun leichter als eine Feder sein, während sich für mich nichts ändert. Ich hoffe, diese Vorkehrungen reichen aus, um mich zu schützen.
Sobald die letzten Silben über meine Lippen gekommen sind, erzittert mein Körper. Die Magie in mir vibriert, wird zu einem Sturm, der sich gegen die übermäßige Anwendung der Sprüche wehrt. In den ersten Sekunden befürchte ich, das sei das Ende. Der Wirbel in mir wird schmerzhaft intensiv. Meine Eingeweide drehen sich um, werden zusammengepresst und gleichzeitig auseinandergezogen. Eine übermenschliche Kraft will sie aus meinem Körper reißen.
Die Angst lähmt mich. Habe ich mich jetzt endgültig übernommen? Habe ich meine Fähigkeiten überschätzt? Möglicherweise hat mein Großvater recht mit seiner Einschätzung, ich sei nicht zu einem guten Zauberer geeignet. Das Selbstvertrauen, das ich mir eingeredet habe, zeigt mir jetzt ganz deutlich, dass es nicht echt ist. Wer bin ich denn schon? Was kann ich denn schon? Wie kann ich denn glauben, die Magie beherrschen zu können?
Panik flutet all meine Sinne. Ich drohe ohnmächtig zu werden, weil ich einfach nicht genug Luft bekomme. Der Schmerz in meinem Inneren überwältigt mich. Obwohl ich weiß, dass ich mich davon nicht beeinflussen lassen darf und alles nur noch schlimmer mache, atme ich hastig ein und aus. Ich befinde mich mitten in einer Spirale, aus der ich mich scheinbar nicht allein befreien kann. Wenn doch nur Elevander bei mir wäre. Er würde die richtigen Worte finden. Wenn Umock bloß nicht verschwunden wäre. Er wüsste, was zu tun ist. Wenn die Verbindung zu Oremazz nur nicht abgerissen wäre. Sein Tadel würde mir die Kraft geben, gegen die Angst anzukämpfen.
Ich schließe die Augen, drücke meine Wange an die glatte Oberfläche des Holzes unter mir. Einatmen. Ausatmen. Konzentrieren. Entspannungsübungen haben bei solchen Anfängen in meiner Jugend geholfen. Nachdem meine Eltern gestorben sind, habe ich oft Panik empfunden. Ich habe sie vermisst, die Wärme, die Geborgenheit, die sie mir geschenkt haben. An der Seite meines Großvaters habe ich mich nicht sicher gefühlt. Als ich zu Elevanders Eltern gekommen bin, habe ich endlich einen sicheren Hafen gefunden. Elevanders Mutter hat mir geholfen, mich zu fokussieren, wenn die Traurigkeit mich verschluckt hat. Allein an sie zu denken, lindert den Schmerz in mir.
Die Magie kommt langsam zur Ruhe. Meine Eingeweide werden nicht mehr durch die Mangel gedreht. Ich kann wieder frei atmen. Die Angst lähmt mich nicht mehr. Dennoch warte ich ein paar Augenblicke, bis ich bereit bin, meine Mission zu beginnen.
Langsam schiebe ich mich näher zu der Öffnung heran und werfe einen Blick in den schwarzen Schacht. Keine Stufen sind zu sehen. Als ich mich aber weiter vorbeuge, entdecke ich an einer Wand eine Leiter, die nach unten führt.
Vorsichtig bringe ich mich in die richtige Position, um hinunterklettern zu können. Ich setze einen Fuß auf die erste Sprosse und halte inne.
Nichts passiert.
Ich belaste das Metall mit meinem Gewicht, das nicht mehr existieren sollte und warte.
Nichts passiert.
Den zweiten Fuß ziehe ich langsam nach, befinde mich jetzt bis zur Hüfte in dem Durchgang.
Nichts passiert.
Um die Anspannung, die meinen Brustkorb in enger Umklammerung hält, loszuwerden, atme ich ein paar Mal tief durch. Dann erst beginne ich mit dem Abstieg.
Nach jeder Sprosse halte ich kurz inne und lausche. Mit jedem weiteren Schritt wird mein Herzschlag ruhiger. Ich sehe nach oben. Die Leiter muss bald enden. Die Höhe kann ich nur schätzen, aber ich sollte den Boden des Geräts demnächst erreichen. Aus Angst, mich durch ein Geräusch zu verraten, gehe ich ein anderes Risiko ein und spreche einen Zauber, der mich lautlos macht. Selbst wenn ich jetzt einen überraschten Schrei von mir geben würde, könnte ihn niemand hören.
Es ist so unglaublich still hier drinnen. Die Dunkelheit streckt ihre Finger nach mir aus. Ich bereue, keinen Lichtstein mitgenommen zu haben. Unter mir gähnt eine unheimliche Leere. Nicht einmal der Rand des Tunnels nach unten ist noch zu erkennen. Ich befinde mich mitten im Nichts.
Mein Fuß tastet nach der nächsten Sprosse. Je länger ich mich in diesem Abstieg befinde, desto mehr habe ich den Eindruck, die Wände rücken näher an mich heran. Möglicherweise wird es auch nur in meiner Brust eng. Ich steige noch einmal tiefer, merke, immer langsamer zu werden.
›Du bist kein Feigling‹, flüstere ich mir selbst zu. ›Benimm dich nicht wie einer.‹
Noch eine Sprosse, dann strecke ich den Fuß nach unten. Plötzlich spüre ich eine glatte Fläche unter meinen Schuhen. Ich bin am Boden der Maschine angelangt.
Ratlos bleibe ich stehen, nachdem ich mich umgedreht habe. Meine Augen gewöhnen sich nach und nach an die Dunkelheit. Dennoch kann ich nicht mehr als Schatten ausmachen. Befinde ich mich in einem großen Raum? Ist er leer oder befindet sich ganz in der Nähe die Mechanik, die die Magie absorbiert? Bin ich allein?
Ich strecke meine Arme aus und mache einen Schritt nach vorne, streife dabei mit den Füßen über den Boden, um nicht versehentlich über etwas zu stolpern. Währenddessen bewege ich meine Arme langsam von links nach rechts, um auch in dieser Höhe nichts zu verpassen. Schließlich muss ich den anderen Fuß nachziehen. Ich weiß nicht, ob ich froh sein soll, dass sich nichts in meinem Weg befindet.
Die Stille schmerzt in meinen Ohren. Ich kann keinen Laut mehr von draußen hören. Meine Schuhe streifen nur leicht über den Boden, erzeugen durch den Lautlosigkeitszauber kein wahrnehmbares Geräusch. Dennoch erwarte ich, jemand könnte aufschrecken, der sich hier drinnen befindet.
Hätte jemand, der sich hier drinnen versteckt, nicht ohnehin den Kampf bemerkt? Wäre er nicht nach draußen gekommen, um zu sehen, was vor sich geht? Hätte jemand im Inneren der Maschine gewartet, bis wir wieder verschwinden? Wäre ihm das Schicksal seiner Truppe egal? Wieso sollte überhaupt jemand hier drinnen sein? Um das Gerät zu warten? Um zu überprüfen, ob es funktioniert? Braucht es einen Menschen, um die Maschine zu überwachen, oder würde so eine Tätigkeit von etwas übernommen werden? Selbst wenn es sich um ein Ding statt