Название | Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang |
---|---|
Автор произведения | Johann Gottfried Herder |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 4064066398903 |
*
Man kann von keinem Gelehrten verlangen (daß er) sich in Gesellschaften überall als Gelehrter zeige, allein der ganze Tenor muß den Denker verraten, man muß immer von ihm lernen, seine Art zu urteilen muß auch in den kleinsten Dingen von der Beschaffenheit sein, daß man sehen kann was daraus werden wird wenn nun der Mann mit Ruhe und in sich gesammelt wissenschaftlichen Gebrauch von dieser Kraft macht.
*
Solche Leute schützen eigentlich das Christentum nicht, sie lassen sich aber dadurch schützen.
*
Anderer Leute Wein auf Bouteillen ziehn, und sich dabei ein bißchen benebeln daß man glaubt er gehöre ihm. So etwas tun die meisten deutschen Schriftsteller.
*
Er hatte von seiner Frau ein Kind, welches einige für apokryphisch halten wollten.
*
Der Liebe und Mode Beflissene.
*
Den Gradum der Menschheit annehmen.
*
Man kann würklich nicht wissen ob man nicht jetzt im Tollhaus sitzt.
*
Die meisten Glaubens-Lehrer verteidigen ihre Sätze, nicht weil sie von der Wahrheit derselben überzeugt sind, sondern weil sie die Wahrheit derselben einmal behauptet haben.
*
Von dem Ruhme der berühmtesten Menschen gehört immer etwas der Blödsichtigkeit der Bewunderer zu, und ich bin überzeugt, daß solche Menschen das Bewußtsein, daß sie von einigen, die weniger Ruhm aber mehr Geist haben, durchgesehen werden, ihren ganzen Ruhm vergällt. Eigentlicher ruhiger Genuß des Lebens kann nur bei Wahrheit bestehn. Newton, Franklin, das waren Menschen, die beneidenswert sind.
*
Die Deutschen schreiben die Bücher, aber die Ausländer machen, daß sie sie schreiben können.
*
Die Ideen in meinem Kopf des Nachts gehen mehr wie Ratzen und Mäuse umher, ich mußte mich erst an sie gewöhnen ehe ich einschlafen konnte. Dieses könnte eine Einleitung werden. Ich füttere zwar keine Schweine wie Pellison oder Ratzen wie de Latude in der Bastille (Cahiers de lecture XI et XII Cahier 1790. p. 380.), allein ich habe doch zuweilen solche Ideen, die ich nach und nach an mich gewöhne, und nun könnte eine Abhandlung von dem Firnis über die Erde kommen, das Kien-Ruß-Flöz, ein Tropfen Wasser fiel darauf, wie hoch war er? er riß einen Astronomen mit sich fort.
*
Das ist ein närrischer Einfall, sagt man von einer gewissen Art Einfälle, die nicht weniger als unklug sind, auch das Ding ist doch närrisch. Gewiß hat der erste Mann, der die Redensart brauchte, etwas dabei gedacht. Es kann das Unerwartete und das Seltsame in der Verbindung der Ideen bezeichnen, das Überspringende, dergleichen man bei närrischen Leuten vieles findet.
*
Ob mich ein paar alte Weiber tod sagen, deswegen sterbe ich noch nicht.
*
In meiner Krankheit im Januar und Februar 1790 betrachtete ich oft den Himmel meiner Bettlade, der aus einem kleingeblümten Zitz war. Jedes Blümchen lag in dem gemeinschaftlichen Punkt zweier sich unter einem Winkel von etwa 6o° durchkreuzenden Linien. Dadurch entstunden denn eine Menge von Rhombis, so wie ich nur einen Rhombus von etwa einem Quadratzolle, oder von 4 oder von 9 usw. Quadratzollen recht deutlich ins Auge faßte, so verwandelte sich für mein Auge sogleich die ganze Fläche in solche Rhombos, alle von der Größe des angenommenen. Auch dieses ging noch wenn ich, statt der Rhomben, Rhomboiden versuchte. Dieses waren also Muster, die aus objektiven und subjektiven Anlagen zugleich entstunden. Wenn ich ein Neues versuchte, so hielt es immer anfangs etwas schwer, war es aber im Gange, so war auf einmal das Ganze wie plötzlich kristallisiert. Ich glaube die Sache könnte auf höhere Dinge angewendet werden. In einer Menge gleichförmig verteilter Punkte könnte ich allerlei Zeichnungen sehen und allerlei Muster, die an einem Ende der Fläche erst gehörig gefaßt sich bald auch im übrigen finden würden. So ließe sich in der größten Unordnung Ordnung sehn, so wie Bilder in den Wolken und auf bunten Steinen.
*
Theosophie, Astrologie und eine gewisse Meteorologie haben nicht bloß das gemein, daß man bei ihrem Studio sowohl als ihrer Ausübung die Augen nach dem Himmel richtet, sondern auch daß ihre Verehrer immer mehr sehn wollen als andere.
*
Nach einem dreißigjährigen Krieg mit sich selbst kam es endlich zu einem Vergleich, aber die Zeit war verloren.
*
Mir tut es allemal weh wenn ein Mann von Talent stirbt, denn die Welt hat dergleichen nötiger als der Himmel.
*
Bei einer undeutlichen Hand lernt man Buchstaben kennen durch Erkennung der Worte. Eben so führt der Sinn auf die wahre Bedeutung der Worte in einer Periode und endlich der Sinn des Kapitels auf den von einzelnen Perioden.
*
Ich hätte nicht geglaubt, daß man mit Gänse-Federn so viel einfältiges Zeug machen könnte, wenigstens nicht ohne Dinte mit zu Hülfe zu nehmen.
*
Die Stadt-Uhr hat wieder rheumatische Zufälle.
*
Es ist kein tückischeres und boshafteres Geschöpf unter der Sonne als eine Hure, da (sie) sich Alters wegen genötigt sieht eine Betschwester zu werden.
*
Was mögen wohl die Huren in den alten Zeiten geworden sein? Ob es da wohl auch Betschwestern gab?
*
Das was man wahr empfindet auch wahr auszudrücken, das heißt mit jenen kleinen Beglaubigungszügen der Selbstempfindung, macht eigentlich den großen Schriftsteller, die gemeinen bedienen sich immer der Redensarten, die immer Kleider vom Trödelmarkt sind.
*
Schauer der Vorwelt.
*
Die schlechten Dichter und Romanschreiber überlassen manches dem Lauf der Natur und der Anordnung des Lesers was sie eigentlich erklären sollten. Sie geben die bloßen Erfahrungen, die der eigentliche Kenner des menschlichen Herzens erklärt.
*
Ach Gott wie manchen Gedanken habe ich gehabt, von dem ich überzeugt sein konnte, daß er den besten unter den Menschen gefallen würde, wenn sie ihn läsen, und den ich nicht anzubringen wußte, auch anzubringen nicht sonderlich begierig war, und dafür mußte ich mich von manchem seichten Literator und Kompilator oder irgend einem bloß empirischen Waghals oder einem Epigramme schreibenden Konfusionär über die Achsel ansehen lassen, und doch auch gestehen, daß, nach meinem Verhalten, die Leute so gar unrecht nicht hätten, denn wie konnten sie wissen, was meine Indolenz selbst vor meinem Schmierbuch verheimlichte. Wenn mir Deluc schrieb, ich schriebe ihm nie einen Brief, aus dem er nicht etwas lernte, so setzte mich dieses über alle Urteile der Welt weg, aber wieder nur bei mir selbst.
*
Auch die Bengelei hat ihre Genies, und wer will die Natur zur Verantwortung ziehen, daß sie dieser Gabe es verstattet sich ihrem Besitzer durch das schmeichelhafte Gefühl von Kraft und Überlegenheit und Behaglichkeit anzukündigen. Die Wege des Himmels sind finster und verwickelt, und ihre Tröstungen mannigfaltig.
*
Steckbriefe nachschicken, wo man mir einen Gedanken abborgte und sich zueignete.
*
Einer will in einem Wörterbuche etwas nachschlagen und sucht nach dem Namen seines Mädchens, seines Feindes, seines Abgotts pp. Es müßte ein chemisches Wörterbuch sein. Ein Zug.
*
Vortrefflich sagt von Thümmel: Ihr Herz besaß die Gabe