Mitten im Steinschlag. Britta Kiehl

Читать онлайн.
Название Mitten im Steinschlag
Автор произведения Britta Kiehl
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783991077152



Скачать книгу

grinste verlegen.

      „Die hier muss jedenfalls schnellstens von hier weg und in die Waagerechte“, erwiderte Daniel besorgt auf seinen Schützling blickend.

      Das halb bewusstlose Mädchen wurde in Daniels Zimmer gebracht und von Susan ins Bett gelegt. Hilflos ließ sie alles mit sich geschehen.

      „Die Kleine hat eine ordentliche Gehirnerschütterung, ansonsten hat sie nur ein paar blaue Flecken“, meinte Susan unvermittelt.

      „Was zum Teufel habt ihr mit ihr angestellt?“

      Mit gefährlich blitzenden Augen sah sie Philip und Daniel an.

      „Wir erstmal überhaupt nichts“, antwortete Philip leicht pikiert.

      „Das Pferd ist mit ihr durchgegangen, nachdem vier üble Kerle sie und eine andere Lady bedrängten. Nach dem Horn auf ihrer Stirn zu urteilen, muss sie in vollem Galopp gegen einen tiefhängenden Ast gerauscht sein.“

      Susan schnitt energisch das Gemüse für das Mittagessen klein.

      „Die Kleine braucht mindestens zwei Tage Bettruhe“, sagte sie bestimmt.

      „Wisst ihr, wer sie ist?“ Philip antwortete mit einem entschiedenen: „Nein!“

      „Doch“, sagte Daniel ernst.

      „Ich brauche etwas zum Schreiben und einen absolut verlässlichen Botenjungen.“

      Mit diesen kurzen Worten nahm er sich, was er brauchte, setzte sich an den Tisch und schrieb. Susan und Philip sahen sich verblüfft an, fragten aber nicht weiter, da es ihnen im Moment zwecklos erschien.

      Der Botenjunge war schnell geholt. Das versiegelte Schriftstück wurde ihm ausgehändigt, dazu ein angemessener Lohn, welcher sich verdoppeln sollte, wenn der Auftrag zufriedenstellend ausgeführt war. Das Schreiben musste umgehend zu Lenox Castle gebracht werden.

      „Kannst du uns jetzt mal aufklären?“, fragte Philip etwas ungehalten. Er hasste es, den Unwissenden abgeben zu müssen.

      „Ich habe eine Nachricht an Lenox Castle geschrieben, um denen mitzuteilen, dass Prinzessin Lizzy leicht verletzt, aber in Sicherheit ist und bla, bla, bla.“

      „Wer bitte ist die Kleine?“, Susan sah erschrocken auf.

      „Woher weißt du das?“, fragte Philip erschrocken.

      Daniel seufzte schwer.

      „Ich habe das andere Mädchen erkannt und da diese hier mit Lizzy angeredet wurde, kann das ja dann wohl nur die jüngere Schwester sein.“

      Philip hatte sich wieder gefasst. „Hoffentlich erfährt niemand, dass die Kleine unter unserem Dach ist. Deine Sippe würde sich alle zehn Finger ablecken, wenn sie die Prinzessin in ihre Hände bekämen.“

      „Warum sollten sie. Ich tobe doch hier auch lustig durchs Haus!“

      „Habe ich ganz vergessen in der Aufregung.“

      „Vernünftig“, kam es von Daniel lässig zurück.

      „Ich fürchte nur, wir müssen nun noch einmal los, denn Ahornholz haben wir immer noch nicht.“ Philip seufzte, bevor er erneut sein Pferd bestieg, um mit Daniel auszureiten.

      Müde öffnete die Patientin die Augen. Mit hilflosem und scheuem Blick sah sie um sich. Sie konnte sich weder daran erinnern, was geschehen war, noch wo sie sich befand. Ängstlich starrte sie den jungen Mann an, der auf der Bettkante saß und sie besorgt ansah. Noch nie hatte sie in so ein wundervolles, gutaussehendes Gesicht eines Mannes gesehen. Sie errötete verlegen.

      „Wo bin ich? Wie komme ich hierher? Was ist passiert?“, sprudelte es aus ihr verzweifelt heraus. Gleichzeitig versuchte sie sich aufzurichten, doch pochende Schmerzen ließen ihren Kopf unter leisem Stöhnen wieder in die Kissen sinken.

      Kurz und knapp berichtete Daniel über die vorangegangenen Ereignisse des Vormittages.

      Unvermittelt wurde das Mädchen erneut von Angst ergriffen.

      „Mein Vater, meine Schwester, sie werden sich unendlich sorgen und mich suchen. Ich muss weg …!“

      Daniel hielt es für angebrachter, die leicht Verängstigte mit einem vertrauensvollen „Du“, statt mit der schicklichen Anrede anzusprechen.

      „Ich habe sie umgehend informiert. Du hast im Schlaf deinen Namen gesagt“, log er der Not gehorchend.

      Sie wurde etwas ruhiger. „Du musst dich nicht sorgen, du bist hier in Sicherheit. Es ist wichtig, dass du dich ausruhst, dein Kopf hat ein bisschen was abbekommen. In etwa drei Tagen werden wir dich nach Hause bringen können.“

      Daniel lächelte sie sanft an.

      „Oje“, ging es Lizzy durch den Kopf. Ihr Herz würde bei diesem umwerfenden Lächeln stehen bleiben. Was war nur los mit ihr. „Der Kopf, es ist nur der Kopf“, dachte sie verstört. Das wird es sein.

      Daniel nahm kurz ihre Hand in die seine.

      „Du solltest versuchen zu schlafen.“

      Gehorsam schloss sie die müden Augen. Erst als ihr Atem ruhig und gleichmäßig ging, ließ er ihre zarte Hand los. Während sie schlief, betrachtete er sie eingehend. Lizzy war bei weitem nicht so hübsch anzusehen, wie ihre energische Schwester. Doch ihr zartes, sanftmütiges und liebreizendes Wesen strahlte eine Natürlichkeit aus, die Daniel unwillkürlich fesselte und sein Herz aus dem Takt brachte.

      Sein harter Verstand siegte über sein Herz. Abrupt löste er sich von ihrem Anblick.

      Minuten später war er tief in die aufwendigen Intarsienarbeiten eines Nähschränkchens für Lord Murrays extrovertierte Frau versunken.

      Lily spurtete laut vor sich her singend in die Werkstatt.

      „Dad soll in die Küche kommen, ganz fix hat Mum gesagt.“

      „Sag ihr, ich kann jetzt nicht.“

      „Mum hat aber gesagt, jetzt.“

      Philip sah die lustig vor sich hin trällernde Lily gereizt an.

      „Noch mal. Ich habe jetzt keine Zeit!“

      Daniel sagte beschwichtigend:

      „Lass nur. Der Fischleim muss sowieso erst aushärten, bevor ich weiter machen kann. Ich gehe schon.“ Philip nickte erleichtert, während sich Lily kopfüber und lauthals kreischend in die mit Hobelspänen gefüllte Abfallkiste plumpsen ließ.

      „Wieso hat mein Gatte schon wieder keine Zeit? Er hat mir versprochen, das abgeerntete Erbsenbeet umzugraben. Die Erde ist dort fest wie Stein. Da soll ich mich doch wohl nicht mit herumquälen. Wozu habe ich einen Mann, frage ich dich? Wird das etwa wieder nichts oder was!“ Aufgebracht warf sie ein Holzscheit in den Herd. Daniel fingerte eine der Himbeeren vom frisch belegten Tortenboden, während Susan wütend in der halbfertigen Kartoffelsuppe rührte. Ungerührt sich die klebrigen Finger ableckend sagte Daniel:

      „Dein Gatte trägt mehrschichtig Schellack auf, da ist nichts mit zwischendurch Beete umgraben. Ich habe gerade Zeit, also grabe ich, wenn es der Dame des Hauses recht ist.“

      Susan knurrte irgendetwas unverständliches, als Daniel munter die Küche verließ, um sich in den Garten zu trollen.

      Susan sah oft nach ihrem hochrangigen Gast. Jedes Mal, wenn sie das Zimmer betrat, fragte Lizzy nach Daniel, der so oft seine Zeit es zuließ, ihr Gesellschaft leistete.

      Lizzy fühlte sich mehr und mehr zu ihm hingezogen. Er strahlte trotz seines ernsten und überlegten Gesichtsausdrucks eine vertraute Wärme aus, die sie in seinen Bann zog.

      Unendlich war sie ihm dankbar, dass er die Nacht in dem alten, abgenutzten und recht unbequemen Sessel unter dem Fenster verbrachte und sie nicht in dem fremden Zimmer allein ließ. Sicher schickte sich so etwas nicht, aber Lizzy fühlte sich unendlich einsam und verlassen, wenn er nicht in ihrer Nähe war.

      Ihrem Kopf ging es allmählich besser. Die Beule auf