Название | Mitten im Steinschlag |
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Автор произведения | Britta Kiehl |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991077152 |
„Du sollst nicht doof sagen, Lily. Wie oft soll ich dir das noch sagen?“ Susan sah die Kleine böse an. Lily zog eine Schippe, dann kuschelte sie sich verschwörerisch blickend an Lizzy.
„Tante Lizzy hilft dir auch nicht, wenn ich mit dir schimpfen muss.“
Die Kleine ließ sich nicht beeindrucken. Stattdessen fragte sie Lizzy:
„Spielst du mit mir?“
Lizzy lachte herzlich auf.
„Ich habe erst noch etwas sehr Wichtiges zu erledigen, dann vielleicht.“
Damit löste sich Lizzy von der Umarmung Lilys, um aufzustehen. Susan lächelte sie zuversichtlich an, als Lizzy mit gemischten Gefühlen, aber entschlossen die Küche verließ.
Übermütig war Lizzy forschen Schrittes in die Tischlerei gegangen. Philip kurz grüßend schnappte sie sich energisch Daniels Arm, um ihn wortlos in den Garten zu zerren. Das Fluchen Philips, den Daniels aus der Hand gefallener Zirkel nur um Zentimeter verfehlte, hörten sie nicht mehr. Der völlig überrumpelte Daniel sah Lizzy irritiert und ungläubig an.
„Glaube nicht, dass du mir so einfach entkommst“, sagte sie keck und legte ihre Hände auf seine Brust. Durch sein dünnes Hemd fühlte sie jeden einzelnen Muskel.
„Ich liebe dich nun mal und alles andere ist mir doch sowas von egal …“ In ihren großen Augen sah er ein neckisches Funkeln.
Ohne auch nur zu einer Gegenreaktion fähig zu sein, musste er es sich gefallen lassen, dass Lissy ihn plötzlich fest an sich zog und ihn stürmisch küsste. Nachdem er sich recht umständlich aus ihrem Klammergriff befreit hatte, fragte er nach Worten ringend:
„Bist du dir ganz sicher?“
„Ganz sicher“, hauchte sie ihm liebevoll ins Ohr, „Ich habe mich in dich verliebt und in keinen Namen.“
5. Kapitel
Vor Wut schnaubend suchte Sarah in den Besitzurkunden für die Ländereien von Castle Lenox. Mit brachialer Gewalt hatte sie sämtliche Schubladen aus der Kommode gerissen und den Inhalt wild auf dem Parkettfußboden verteilt.
Seit einer Stunde schon suchte sie den Nachweis, dass Lord Bradley außerhalb seiner Grundstücksgrenzen das ihn umgebene Land widerrechtlich und dreist für seine Zwecke nutzte.
Ungehalten öffnete Sarah nun bereits die achtzehnte Urkundenrolle, als sie ins Stutzen kam. Das vor ihr liegende Dokument regelte die abgetretenen Besitzverhältnisse einer kleinen Landfläche, angekauft vor fünf Jahren von Castle Corlens. Die markante Handschrift auf der Urkunde kam ihr seltsam bekannt vor. Stirnrunzelnd legte sie die Rolle beiseite, um sich weiter im Chaos der Papierwelt durchzuarbeiten. Nach weiteren unendlich langen Minuten hatte sie gefunden, wonach sie gesucht hatte.
„Wurde auch Zeit“, dachte sie aufatmend.
In hohem Bogen flog die gesuchte Rolle zielsicher auf den Schreibtisch, wo sie haarscharf an der Schreibtischkante zum Liegen kam. Beim Wiedereinräumen der Schubladen ließ sie ihr ganzes, ungestümes Temperament walten.
In wenigen Minuten waren die ramponierten Schubladen wieder an ihrem Platz und die Rollen vom Boden aufgesammelt. Nur eine Rolle hielt sie zurück. Eine, welche ihr Kopfzerbrechen bereitete. Irgendetwas war hier nicht richtig, nicht mit der Urkunde selbst, nein, vielmehr mit der Handschrift. Sarah marterte sich das Gehirn. Noch einmal besah sie sich das Papier.
Die Urkunde war vom Kronprinzen der Corlens aufgesetzt, unterzeichnet und von ihrem Vater gegengezeichnet. Nichts Ungewöhnliches wie sie fand.
Dann fiel ihr ein, dass sie die Schrift erst vor Kurzem auf einem anderen Schriftstück schon einmal gesehen hatte. Die Neugier packte sie. Stöbernd machte sie sich an dem Schreibtisch ihres Vaters zu schaffen. Nach eingehender Suche, zwischen abgelegten, erledigten Korrespondenzen, Notizen und Rechnungen fand sie einen Kurzbrief mit der gesuchten Handschrift.
„Donnerwetter. Ich werde nicht wieder …“, brach es aus ihr heraus, als sie auf das Blatt stierte, wie eine Eule auf eine fette Maus. Der Brief, welchen sie in Händen hielt, stammte vom unbekannten Schreiber, der Lizzy gefunden hatte.
„Von wegen Tischler“, knurrte Sarah verächtlich, „habe ich dich!“
Umgehend hatte sie Liam instruiert, sechs der besten Gardemitglieder für einen Sondereinsatz bereit zu halten. Lizzy, die ihrer Schwester seit der Beichte um Daniel vertraute, erzählte ihr auf geschickte Anfrage arglos, wann sie Daniel wieder treffen würde.
Sarah war sich sicher, dass Lizzy nicht die beste Vorsicht walten lassen würde. Dieser Umstand würde die Sache für Sarah vereinfachen. Blieben nur noch die beiden Wachleute, die Lizzy stets zu begleiten pflegten.
Sarah verschwendete keine weiteren Gedanken an dieses kleine Problem. Es würde sich vor Ort lösen lassen. Bedauerlich fand sie, dass sie nie versucht hatte, die Wachen zu bestechen, damit sie den geheimen Treffpunkt der beiden preisgeben würden. Doch so viel Niedertracht hatte sie bisher nicht in Erwägung gezogen, es bestand kein Grund dafür. Die Situation hatte sich grundlegend geändert. Sie musste auf alles vorbereitet sein. Ihr Gegner war wendig wie ein Frettchen und galt mit Schwert und Degen als unbesiegbar.
Eine Niederlage durfte sie nicht riskieren.
Kurzzeitig meldeten sich Gewissensbisse, die sie schnell beiseite wischte. Lizzy würde ihr unendlich dankbar sein, wenn sie erfahren würde, welcher Lüge und Hinterhältigkeit sie sich ausgeliefert hatte.
Triumphierend rieb sich Sarah die Hände. Dieses war das letzte „Stelldichein“ für das ungleiche Paar, dessen war sie sich gewiss.
Ihr Plan ging auf. Lizzys Verfolger verstanden ihr Handwerk perfekt. Unsichtbar und geräuschlos hatten sie die am Treffpunkt wartenden Wachen überwältigt.
Obwohl Daniel, von einem unguten Gefühl getrieben, immer wieder die Umgebung wachsam im Auge behielt, bemerkte er keine Auffälligkeiten. Lizzy fühlte seine Unruhe und Nervosität, die sich immer mehr steigerten. Immer wieder misstrauisch das Umfeld taxierend, beschloss Daniel schließlich, Lizzy schnellstmöglich nach Hause zu schicken. Doch es war zu spät. Die blitzschnell, aus dem Nichts aufgetauchten Gardesoldaten ließen Daniel nicht die kleinste Möglichkeit auf Widerstand. Sechs geladene Schusswaffen waren auf ihn gerichtet, dazu Sarahs bedrohlich näherkommende Degenspitze an seinem Hals.
Lizzy war vor Entsetzen zu keiner rationalen Handlung fähig. Erst als man sie von Daniel wegzerrte, verstand sie was um sie herum vor sich ging. Ihr Herz setze einige Schläge aus, als sie mit weitaufgerissenen Augen Sarahs als Organisator dieser Farce ansichtig wurde.
Wutentbrannt schrie sie ihre Schwester an:
„Was soll das? Bist du wahnsinnig geworden? Missbrauchst du so mein Vertrauen?“ Tränen schossen ihr in die Augen.
„Du wirst mir noch auf Knien danken, glaub mir Schwesterchen. Es geschieht alles nur zu deinem Besten und zum Wohl unseres Landes.“ Mit verächtlichem, hasserfülltem Blick sah sie Daniel an, dem man die Arme recht unsanft auf den Rücken zusammengebunden hatte.
Der hielt Sarahs Blick gelassen und ungerührt stand.
„Abführen und zurück zum Schloss!“, herrschte sie die Soldaten an.
Sarah war fest davon überzeugt, dass ihre Handlungsweise die einzig Richtige war.
Zurück im Schloss erkundigte sie sich umgehend nach dem Aufenthaltsort ihres Vaters. Von einem Bediensteten erhielt sie die Auskunft, dass sich seine Majestät in seinem Büro aufhielt und nicht gestört zu werden wünschte.
Wie schon so oft, widersetzte sich Sarah dieser Anweisung ungeniert. Resolut marschierte sie in die angegebene Räumlichkeit ohne Anmeldung, ohne Klopfen, ohne Gruß.
Ihr Vater saß tief über einem Schreiben gebeugt, am penibel aufgeräumten