Название | Validation als Lebensphilosophie |
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Автор произведения | Wilfried Feurstein |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991076858 |
Dynamik Verluste – Selbstwertgefühl, E. Feurstein
Wenn Verluste größer werden, nimmt das Selbstwertgefühl ab.
Pensionsvorbereitung, E. Feurstein
1.4 Selbstbestimmung im Alter
Brauchen alte Menschen ein Selbstbestimmungsrecht?
Ob ein Mensch die Selbstbestimmung benötigt oder nicht, resultiert aus seiner Lebensgeschichte. Es stellt sich die Frage: Wie hat dieser Mensch seine Selbstbestimmung bis jetzt gelebt und hat oder will er diese Art beibehalten oder will er sich im hohen Alter noch verändern?
Geschichte
Eine Mutter hat einen Sohn. Sie liebt ihn über alles und versucht ihn vor all dem Bösen auf der Welt zu schützen. So geht sie in den Kindergarten, um mit dem kleinen Jungen, der gestern ihrem Sohn den Bagger aus der Hand gerissen hat, zu schimpfen. Sie beschimpft auch die Kindergartenpädagogin und erklärt dieser, dass sie besser auf die Kinder aufpassen solle. Ähnliches macht sie später in der Schule mit den Lehrern, mit den Lehrherren ihres Sohnes und an dessen späterer Arbeitsstelle. Als der Junge eine Freundin findet, muss er sich entweder für die Mutter oder für die Freundin entscheiden, denn beide wollen ihn beschützen, aber keine will, dass die andere mitredet. Der Sohn entscheidet sich für die Freundin. Wie geht es wohl der Mutter jetzt?
Der Sohn heiratet die Freundin. Die Ehefrau macht sich zur Aufgabe, ihren Mann vor allem Bösen dieser Welt zu beschützen. Als der Mann an seinem Arbeitsplatz um eine Gehaltserhöhung fragt, die abgelehnt wird, sucht sie dessen Chef auf und erklärt ausführlich, warum ihr Mann die Gehaltserhöhung verdient …
Reflexion zur Geschichte
Was glaubst du: Wünscht dieser Mann im Alter Selbstbestimmung, wenn Mutter und Ehefrau gestorben sind?
Antwort
Trotz der eindeutigen Geschichte kann man diese Frage nicht eindeutig beantworten. Vielleicht will er jetzt Verantwortung für sich übernehmen und sein Selbstbestimmungsrecht nachholen oder er verhält sich nach seinem alten Muster und ist mit der Möglichkeit zur Selbstbestimmung überfordert.
Ein anderer Mann, der schon früh von seiner Mutter zur Selbstständigkeit erzogen wurde und auch in seiner Familie selbstverständlich alle Entscheidungen getroffen hat, erkrankt an Demenz. Was glaubst du? Will er, dass ihm eine Pflegerin ständig nachläuft und ihm sagt, was gut für ihn sei, was er zu tun habe?
Auch hier kommt es ganz darauf an, wofür er sich in seiner neuen Situation entscheidet. Vielleicht bringt er in der Demenz den Wunsch nach passivem Versorgtwerden hervor oder er möchte sich, wie gewohnt, von keinem eine Entscheidung abnehmen lassen und reagiert mit Abwehr, wenn Pflegende ihn unterstützen wollen.
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Alzheimer-Demenz
Wo liegt der Unterschied?
Demenz lässt sich übersetzen mit der Geist geht weg oder ohne Geist, und bedeutet, dass der Mensch nicht mehr abstrakt denken kann.
Jeder von uns kennt die Redewendung „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ und weiß, was damit gemeint ist. Ein Mensch mit Demenz versteht zwar, was er hört, kann aber den Sinn dieser Aussage nicht erkennen, er kann nicht mehr abstrakt denken. Das Gehörte bedeutet für ihn: Der Apfel ist vom Baum gefallen und liegt nun neben dem Stamm.
Im weiteren Verlauf von Demenz kann er sogar sein Selbstbild verlieren. Er weiß dann nicht mehr, wer er ist, und erkennt sein eigenes Spiegelbild nicht mehr.
Alzheimer und Demenz beziehen sich aufeinander wie ein Apfel zum Obst (ein Apfel ist Obst, aber nicht alles Obst ist ein Apfel). Demenz ist der Überbegriff für verschiedene Arten von Demenz wie Alzheimer, vaskuläre Demenz, Multiinfarktdemenz, Lewy-Body-Demenz und viele mehr.
Gliederung der Demenz, selbst erstellt
2.1 Definition aus medizinischer Sicht
Unter Demenz versteht man eine erworbene Hirnleistungsschwäche. Es kommt zu fortschreitenden Ausfällen von
Gedächtnis und Merkfähigkeit,
Orientierung und
Kritik- und Urteilsfähigkeit.
Dabei verändert sich auch die Persönlichkeit und das führt zu Störungen in den zwischenmenschlichen Beziehungen, so dass eine Demenz immer auch als Erkrankung der Angehörigen zu sehen ist.
Nach längerem Krankheitsverlauf
zerfallen praktische Fähigkeiten wie Ankleiden, Gehen, Essen, Lesen, Sprechen,
kommt es zum Verlust der Autonomie,
folgt eine völlige Abhängigkeit von Betreuungs- und Pflegepersonen,
tritt der Tod ein.
Im letzten Stadium der Erkrankung
liegt der Patient reglos im Bett,
ist er unfähig zu verbalen Äußerungen,
ist er inkontinent,
ist er völlig auf fremde Hilfe angewiesen.
Der Verlauf einer Demenz ist
chronisch fortschreitend,
kann durch medizinische Maßnahmen nicht rückgängig gemacht werden
und endet meist innerhalb von fünf bis zehn Jahren tödlich.
Todesursachen sind häufig Pneumonien (Lungenentzündungen) nach Aspiration (Verschlucken) und Kachexie (Abmagerung, Auszehrung) bei Nahrungs- und Flüssigkeitsverweigerung oder Herz-Kreislaufversagen.
Die Betreuung Dementierender ist aufgrund der Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen oft sehr nervenaufreibend und schwierig. Das Fortschreiten ist trotz intensiver pflegerischer und therapeutischer Bemühungen seelisch sehr belastend und führt gerade bei pflegenden Angehörigen nicht selten zur Dekompensation. (Vgl. Bellinger 2002, S. 54ff.)
Während der Körper im Laufe des Lebens mehr oder weniger abgenutzt, sklerotisch und gebrechlich wird und der Geist langsam schwindet, bleibt die Seele, die Kindheitspsyche, in der Demenz erhalten. So knüpfen wir in der Validation an die unversehrt gebliebenen seelischen Kräfte an und kümmern uns darum, möglichst lange mit ihnen in Beziehung – in Verbindung – zu bleiben.
Körper, Geist und Seele, E. Feurstein
2.2 Vier Dimensionen der Desorientierung
2.2.1 Räumliche Desorientierung
Der Dementierende
kann seinen Geburtsort nicht benennen,
kann keine zutreffenden Aussagen über seinen derzeitigen Aufenthaltsort oder Wohnort machen,
kann die Postanschrift seiner Wohnung nicht nennen,
weiß nicht, wo sich seine Arbeitsstelle befindet,
kann auch keine Wegbeschreibungen zu ihm bekannten Orten angeben,
nimmt seine Umgebung als fremd wahr,
findet Gegenstände nicht, versteckt sie, fühlt sich bestohlen (glaubt, man stehle ihm das Denken),