Название | Varius |
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Автор произведения | Adina Wohlfarth |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991072430 |
„Die Gray Eyes hat er fast besiegt, mit den Blue Eyes haben wir doch jetzt einen Austausch – da stehen die Chancen gut – und gegen die Red Eyes führt so gut wie jedes Volk Krieg“, versuchte ich, vielmehr mich selbst als sie zu überzeugen.
Ozea schüttelte den Kopf. „Dein Vater wird den Krieg nicht gewinnen. Lenn Ivy wird versagen!“
Ich zuckte zurück. Ihre Stimme war plötzlich laut geworden und ihre Augen funkelten wie tödliches Efeu. Der Schmerz saß tief. Wenn selbst Ozea, unsere Seherin, nicht an den Sieg glaubte, wer tat es dann?
„Ich möchte nicht, dass du es jemandem erzählst“, stellte sie klar. Ich nickte, ohne nachzudenken. Die dunkle Vorhersage würde nur Unruhe verbreiten und die Leute in Angst versetzen.
„Und jetzt geh und genieße den Tag, solange du die Möglichkeit dazu hast“, murmelte sie und verschwand mit eiligen Schritten.
Wie benebelt machte ich mich auf den Weg aus dem Schloss. Ozeas Worte zogen tiefe Furchen in meinem Kopf und hackten meine klaren Gedanken wie Staubkörner beiseite. Dein Vater wird den Krieg nicht gewinnen. Lenn Ivy wird versagen!
Ozea hatte Angst, große Angst, und das verhieß nichts Gutes. Auch ich hatte Angst. Angst um meine Familie, meinen Vater, dem ich nichts erzählen durfte. Wenn er wüsste, dass er keine Chance hatte, könnte er sich wenigstens noch geschlagen geben, aber das Wort einer Seherin war Befehl und stand in diesem Fall auch über dem des Anführers.
Als ich auf den großen Vorplatz des Schlosses trat, empfingen mich einige meiner Freunde. Sie wünschten mir alles Gute und wir alberten eine Weile herum. Aber ich war mit meinen Gedanken nicht vollkommen bei der Sache. Mit den Augen suchte ich den Platz ab, doch Ozea war nicht da. Wahrscheinlich hatte sie sich zurückgezogen und war beschäftigt.
Jemand stieß mir seinen Ellenbogen in die Seite und ich fuhr herum.
„Bist du dabei?“, lachte Liam und sah mich fragend an.
„B… bei was nochmal?“ Ich kam mir ein wenig blöd vor.
„Wir wollen nachher noch mit dem Neuen in den Wald gehen und ihm unsere Kräfte zeigen. Vielleicht können wir danach auch noch ein bisschen trainieren“, sagte er und hob dabei eine Braue. Seine hellgrünen Augen funkelten. Ich nickte zustimmend.
„Habt ihr ihn schon gesehen? Den Neuen, meine ich?“, fragte ich meinen besten Freund. Liam sah gut aus. Er hatte dunkle Haare, einzelne Sommersprossen auf der Nase und seine hellgrünen Augen waren ausdrucksstark. Aber zwischen uns war nichts – nicht mehr als tiefe Freundschaft jedenfalls.
Liam wurde ernst. „Wie kann man den denn übersehen?“
Er konnte ihn offensichtlich nicht leiden. Das fing ja gut an.
Doch er machte eine Bewegung mit dem Kinn und deutete so die Richtung an. Ich hauchte Liam einen Kuss auf die Wange und suchte mir einen Weg durch die vielen Menschen, die sich inzwischen vor dem Schloss versammelt hatten. Ich erspähte meinen Vater, er war gut einen Kopf größer als die übrigen Leute und stand neben meiner Mom. Als ich die beiden erreicht hatte, trat auch der Junge in mein Blickfeld, der bei ihnen war. Er war größer als Liam, allgemein größer als die meisten Jungs in seinem Alter, hatte dunkelblondes Haar, war muskulös gebaut und seine vollen Lippen hatten sich zu einem breiten Grinsen verzogen. Ich warf einen kurzen Blick auf seine Augen. Sie waren blau, natürlich, er kam ja auch von den Blue Eyes. Aber es war kein gewöhnliches Blau. Die Tiefe dieser dunklen Farbe sog mich förmlich auf und für einen kurzen Moment vergaß ich alles andere um mich herum.
„Ah, da ist ja meine kleine Prinzessin!“, rief Dad und ich wäre am liebsten im Erdboden versunken. Meine Wangen fingen an zu glühen und meine Finger wurden schwitzig. Als ich Moms misstrauischen Blick sah, der auf meinem weiten T-Shirt lag, wurde mir übel.
„Luan, das ist meine Tochter Nellanyh!“, stellte Dad mich vor.
Ich warf ihm einen scharfen Blick zu. Warum nannte er vor Fremden immer meinen ganzen Namen? Ich hasste diese acht Buchstaben. Normalerweise nannten mich meine Eltern Nelly, höchstens mal Lanyh. Unter Freunden war ich einfach nur Nell – und so sollte es auch sein.
„Hi“, sagte Luan und reichte mir seine Hand. „Nellanyh, ein schöner Name. Selten, aber schön“, fügte er hinzu. Seine Stimme war angenehm und weich. Ich hätte mich wahrscheinlich hineingelegt, wenn ich gekonnt hätte.
Ich schüttelte den Kopf und atmete tief durch.
„Nelly …“, Mom beugte sich vor und machte eine vielsagende Geste zu Luan. Ich lächelte flüchtig und legte meine Hand in seine.
Als wir uns berührten, stoben tausend Gefühle in mir auseinander und hinterließen ein einziges Caos. Schüchtern zog ich meine Hand wieder zurück und senkte den Arm.
„Wie lange er hier bleibt, ist noch nicht ganz klar“, versuchte es Dad mit einem Gespräch, ,,aber es werden auf jeden Fall mindestens vier Wochen sein“.
Ich biss mir auf die Lippe. Vier Wochen also.
„Wir lassen euch dann mal allein“, lächelte Mom, ich nahm es ihr aber nicht ab. „Ach und- Liam hat mir gesagt, dass ihr später noch in den Wald gehen wollt, seid bitte zurück bevor es dunkel wird.“
Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Ich war fünfzehn, verdammt. Keine drei mehr.
„Das kenne ich“, sagte Luan plötzlich. Ich hob die Lider und blinzelte zu ihm auf.
„Wie alt bist du?“ Wow, das Erste, was ich zu ihm sagte und ich hatte keinen Sprachfehler ans Licht befördert. Ich war stolz auf mich.
Er grinste mich an und kleine Grübchen bildeten sich auf seinen gebräunten Wangen. „Sechzehn.“
„Ah“, war das Einzige, was mir dazu einfiel. Die Luft zwischen uns schien elektrisch aufgeladen und zum Explodieren gespannt. Mir war unglaublich heiß.
Plötzlich beugte sich Luan zu mir hinab. „Willst du mir das Schloss zeigen?“
„Auch draußen bleiben“, stammelte ich.
Er sog scharf die Luft ein und hob eine Braue. Erst jetzt wurde mir klar, was ich gerade von mir gegeben hatte. Mir war zum Heulen.
Dann grinste er auf einmal. „Klar, wir können auch draußen bleiben.“ Kurz darauf stieß er ein schnelles „Aahh“ aus und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Ich habe ganz vergessen – alles Gute zum Geburtstag!“
Ich wurde rot. „Danke.“
Bevor Luan noch etwas erwidern konnte, zwängte sich Liam zu uns durch.
„Liz will sofort aufbrechen, die anderen sind auch dafür“, verkündete er den Vorschlag seiner Zwillingsschwester. Keinen Augenblick später stand sie neben mir und fiel mir um den Hals. Sie sah exakt so aus wie ihr Bruder Liam, nur eben die weibliche Variante.
„Oh Nell, alles, alles Gute!“, rief sie und erwürgte mich dabei fast.
Ich lachte und schob sie sanft von mir. „Danke!“
Dann wandte ich mich an Liam. „Okay, von mir aus können wir sofort aufbrechen.“
Er nickte und verschwand in der Menge. Liz und ich folgten ihm, Luan bildete den Schluss.
Unterwegs wurde ich von einigen Bekannten und Freunden meiner Eltern angesprochen, die mir gratulierten, und schließlich trafen wir auf Peroll. Er war der General der Armee meines Vaters und die beiden waren auch privat gut befreundet. Peroll war oft im Schloss und verbrachte Zeit mit Ozea und mir. Ich mochte ihn. Er hatte eine Glatze und einen stets ordentlichen, grauen Oberlippenbart. Als er mich erkannte, fasste er mich an der Taille an und hob mich hoch, als wäre ich nicht schwerer als eine Feder, und lachte. „Da bist du schon fünfzehn!“, rief er und setzte mich wieder ab. Dann beugte er sich hinunter und flüsterte: „Und nachher habe ich auch noch eine Überraschung für meine kleine, große Enkelin!“
Er