Название | Varius |
---|---|
Автор произведения | Adina Wohlfarth |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991072430 |
Die Dunkelhaarige sah sie aus schmalen Augen an, das helle Grün hatte sich verfinstert. Sie nahm das Kind wieder an sich und betrachtete es eine Weile.
Sie sog scharf die Luft ein.
Mit zitternden Fingern gab sie der Mutter ihr Kind zurück.
„Warum gibst du ihm keinen Segen?“, fragte diese ängstlich, obwohl sie es längst wusste.
Ozeas Blick war flüchtig. „Es sind die Augen deines Kindes. Sie sind nicht so, wie sie sein sollten, und das weißt du. Sie werden es jagen und sie werden es bekommen. Auch wenn du es beschützen willst, du wirst es niemals wie ein normales Kind behandeln können.“
Ozea zog die schwarzen Brauen zusammen. „Hüte es, solange du kannst. Liebe es, so sehr du nur kannst, denn eure gemeinsame Zeit ist begrenzt, das weißt du so gut wie ich. Sie werden es herausfinden, früher oder später finden sie jeden.“
1
Nell
15 Jahre später
Ich erwachte durch ein Klopfen an meiner Zimmertür.
Müde wälzte ich mich auf die andere Seite und blinzelte vorsichtig. Die Sonne schien zwischen den dünnen Vorhängen hindurch.
Ich kaute einen Moment lang auf meiner Unterlippe, dann legte sich in mir ein Schalter um. Ich schlug die Decke zurück, rannte zur Tür und öffnete sie schwungvoll.
Ozea machte einen Schritt zurück und musterte mich von oben bis unten.
„Du bist ja noch gar nicht umgezogen!“, tadelte sie und trat ein. Ich hastete zu meinem Schreibtischstuhl, auf dem das Kleid für den heutigen Tag schon darauf wartete, getragen zu werden. Dann verschwand ich ins Badezimmer, zog mich um und ließ mir von Ozea die Haare machen.
„Wie stellst du dir den kommenden Tag vor?“, fragte sie, während sie einzelne Strähnen aus meinem Zopf fummelte.
„Du meinst meinen Geburtstag?“, hakte ich nach und konnte kaum stillsitzen. „Nun ja, ich werde ganz viele Geschenke bekommen. Die Familie wird zusammen sein und wir werden Kuchen essen!“
Ozea lachte, dann ließ sie von mir ab. „Fertig!“
Ich drehte mich ein paar Mal vor meinem Spiegel, dann atmete ich tief durch.
„Genieß den Tag“, sagte Ozea und ihre Stimme klang ungewohnt fest. Ich nickte und lächelte ihr entgegen.
Ihre einst vollkommen schwarzen Haare waren von einzelnen, grauen Strähnen durchzogen. Ihre grünen Augen waren von einem dunklen Wimpernkranz umringt und ihr dünner Körper steckte in einem weißen Kleid.
Wir gingen zusammen nach unten, durchquerten einige Räume des großen Schlosses und kamen schließlich ins Esszimmer. Es war ein langer Raum mit hohen Fenstern und hellen Wänden.
Meine Mom stand neben dem Tisch und diskutierte leise mit einem hochgewachsenen, muskulösen Mann. Es war Lenn Ivy, der Anführer der Green Eyes und zufällig mein Vater. Ich schnappte einzelne Wortfetzen auf.
,,… Es ist ihr Geburtstag! …“
,,… Sie hat ein Recht darauf, es zu erfahren! …“
Ich fluchte innerlich. Nicht schon wieder dieses Thema.
Seit einiger Zeit verhielten sich Mom, Dad und auch Ozea immer merkwürdiger. Sprachen andauernd von diesem Thema und wenn ich sie darauf ansprach, machten sie dicht.
Ich hatte die Nase gestrichen voll von dieser Geheimnistuerei und eilte auf sie zu. „Können wir endlich essen?“
Mom zuckte zusammen und wandte sich lächelnd zu mir um. „Natürlich, mein Schatz, alles Gute zum Geburtstag!“
Dad wünschte mir das Gleiche und wir setzten uns.
Ozea hatte alles Mögliche vorbereitet. Es gab Süßes, Deftiges, Saures, allerlei Getränke und Obst. Ich machte mich über das Essen her und übersah die Blicke meiner Eltern dabei nicht. Irgendetwas war hier faul.
Als ich fertig war, legte ich das Besteck ordentlich ab und heftete meinen Blick auf Mom. Sie spürte es sofort und versuchte mich anzulächeln, scheiterte aber kläglich. „Gibt es Probleme im Volk? Rebellen? Werden wir von den Blue Eyes bedrängt? Oder sind es vielleicht die Red Eyes?“, zählte ich die Möglichkeiten auf. Dad stieß ein tiefes Lachen aus und lehnte sich zurück.
„Du bist so erwachsen geworden, meine Kleine“, murmelte er gedankenverloren. Ich rümpfte die Nase. „Das beantwortet aber nicht meine Frage.“
„Es ist alles in allerbester Ordnung!“, warf Mom schnell ein und lächelte.
„Hört auf, mir etwas vorzuspielen! Ich bin jetzt fünfzehn, verdammt! Sagt mir endlich, was los ist!“, rief ich und ballte die Hände zu Fäusten.
Mom senkte den Blick, sie sah plötzlich sehr müde und verzweifelt aus.
„Tut mir leid …“, murmelte ich, meinte es aber nicht wirklich ernst. Dad atmete tief ein und wieder aus. „Du weißt ja, dass es acht Völker gibt: die Blue Eyes, die Gray Eyes, die Purple Eyes, die Black Eyes, die Yellow Eyes, die Brown Eyes, die Red Eyes und uns, die Green Eyes“, fing er an. „Mit manchen sind wir verfeindet, mit manchen befreundet. Ich führe im Moment Krieg gegen die Blue Eyes, Gray Eyes und mit den Red Eyes waren wir noch nie befreundet. Die Lage ist sehr angespannt und deshalb habe ich mir gedacht“, er tauschte einen kurzen Blick mit Mom,,,dass wir so eine Art Austausch mit den Blue Eyes machen. Das heißt, ein Junge – wir haben ihn bereits bestimmt und er ist gestern hier angekommen – wird bei uns einen Austausch machen. Und wir möchten ihn dir heute gerne vorstellen.“
Ich war mir fast sicher, dass das nicht der Grund war, warum er seit Tagen mit Mom stritt, aber mein Interesse war geweckt. „Er ist also schon im Schloss?“, fragte ich und versuchte meine Aufregung zu unterdrücken.
Dad nickte und lächelte, es sah ziemlich gezwungen aus, aber ich hatte keine Lust, mir an meinem Geburtstag Gedanken über sein unechtes Lächeln zu machen. Deshalb nickte ich ebenfalls und sah ihn fragend an.
„Du willst ihn gleich sehen?“, riet er zwinkernd. Ich errötete und senkte den Kopf. Oh mann, warum ließ mein Dad einen Austausch mit einem Jungen aus einem Volk zu, gegen das er Krieg führte?
„Na komm“, mischte sich Ozea ein und erhob sich. „Ich stell dich ihm vor.“
„Aber ich muss mich zuerst umziehen!“, warf ich ein und sprang auf.
„Du siehst blendend aus“, meinte Mom. Ich rollte die Augen.
„Das Grün deiner Augen passt perfekt zu weißer Spitze!“, fügte sie hinzu.
„Aber das Kleid ist so eng … und ich will mich ja bewegen können.“ Ich rauschte aus dem Raum, bevor Mom noch mehr Einsprüche hervorbringen konnte.
Nachdem ich mich in eine lockere Jeans und ein weites T-Shirt geschmissen hatte, beeilte ich mich, wieder nach unten zu kommen. Mom und Dad waren nicht mehr im Esszimmer, nur Ozea lehnte an einer der hellen Wände.
Als ich eintrat, stieß sie sich ab und kam auf mich zu. „Du bist so schnell groß geworden“, hauchte sie und legte beide Hände an meine Wangen.
Ich blinzelte sie verwirrt an. Ozea war immer wie eine zweite Mutter für mich gewesen. Wenn Mom oder Dad keine Zeit für mich hatten – sie war immer da gewesen und hatte mich in allem unterstützt. Ich liebte sie wie einen Teil der Familie und das war sie für mich vor Geburt an.
„Warum sagst du das?“, meine Stimme zitterte leicht.
Ozea seufzte und ließ die Hände sinken. „Ich mache mir Sorgen um dich.“
„Warum?“
„Schwierige Zeiten stehen bevor. Ich bin die Seherin deines Vaters, ich habe die kommenden Dinge