Название | Geisel des Piraten |
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Автор произведения | Keira Andrews |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783960894810 |
Susanna hatte anscheinend den gleichen Gedanken gehabt. »Die Koffer sind nicht schwer genug. Außerdem wird es sie nur in Rage versetzen. Es hat keinen Zweck.«
»Stell dich hinter mich.« Er drängte sie in den hinteren Bereich der Kabine, der kaum breiter war als sein ausgestreckter Arm.
»Pass auf, was du sagst«, warnte sie ihn. »Du weißt, dass deine Gedanken manchmal direkt aus deinem Kopf auf deine Zunge springen, bevor du sie noch einmal abwägst.«
Er schnaubte. »Worüber genau soll ich deiner Meinung nach mit Piraten sprechen?«
»Pst!« Sie schlug ihm auf die Schulter.
Sie warteten, lauschten. Noch mehr donnernde Fußtritte und Rufe, die eine unwiderlegbar barbarische Qualität hatten. Nathaniel standen die Haare zu Berge. Sein Mund wurde trocken. Vielleicht würden die Piraten an ihrer Kabine vorbeigehen. Vielleicht würden sie nur die Fracht plündern und sich damit zufriedengeben. Vielleicht …
Die Tür wurde aufgerissen und flog fast aus den Angeln. Nur mit Mühe konnte Nathaniel einen Schrei unterdrücken. Sein Herz klopfte so laut, dass die beiden Eindringlinge es sicher ebenfalls hören mussten. Einer der beiden strich sich sein struppiges Haar aus den Augen. Beide sahen abgerissen aus; sie trugen schmutzstarrende Hosen, die genauso sackartig wie ihre Hemden an ihnen herunterhingen, und ihre Stiefel waren abgenutzt.
Der langhaarige Mann ließ seine Knopfaugen an ihnen auf und ab wandern. Er fragte seinen gedrungenen Kumpanen: »Hast du schon mal 'ne Hündin mit 'nem Welpen drin gefickt?«
Nathaniel drehte sich der Magen um. Woher wussten sie das? Susanna versteckte sich hinter ihm. Er hob das Kinn und versuchte krampfhaft, mit kräftiger Stimme zu sprechen. »Ihr werdet meine Schwester mit euren schmutzigen Fingern nicht einmal anrühren!«
Der Gedrungene ignorierte ihn. Er lächelte anzüglich und entblößte dabei abgebrochene gelbe Zähne. »Süß und saftig, ich sag's dir.«
Hinter ihm grub Susanna ihre Finger in Nathaniels Schulter. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Er zog seinen Dolch aus dem Hosenbund und schwang ihn in Richtung der Piraten. »Bleibt zurück!«
Die beiden blinzelten Nathaniel verdutzt an, dann brachen sie gleichzeitig in raues Gelächter aus. Der langhaarige Mann schnappte nach Luft und keuchte: »Oh nein, wir sind geliefert, Deeks!«
Schwere Tritte erklangen im Korridor, unverschämt und gebieterisch. Die beiden Männer strafften die Schultern und traten beiseite, als ein Mann in der Tür erschien. Seine Schultern berührten fast den Türrahmen. Er war groß genug, um sich beim Eintreten leicht bücken zu müssen. Sein scharfer Blick wanderte durch die Kabine, die noch nie so klein erschienen war.
Er trug Schwarz vom Kopf bis zu den goldenen Stiefelspitzen, ein Hemd mit offenem Kragen, eine Hose, die in die kniehohen Stiefel gestopft war, und einen langen Ledermantel, der sich hinter ihm bauschte. Eine Pistole steckte in seinem breiten Gürtel und ein Entermesser blitzte an seiner Hüfte. Die Gürtelschnalle war aus funkelndem Gold. Sie passte zu dem kleinen quadratischen Ohrring in seinem linken Ohr, den Ringen an seinen Fingern und den Spitzen dieser schwarzen Stiefel. Die Enden einer roten Schärpe hingen von seiner Hüfte herab. Abgesehen vom Gold, war das der einzige Farbtupfer an ihm. Er musste doppelt so alt sein wie Nathaniel. Sein Gesicht war wettergegerbt und eine Narbe zog sich über seine linke Schläfe. Sein dunkles Haar war ziemlich kurz geschnitten – das war überraschend, denn Nathaniel hätte eigentlich erwartet, dass alle Piraten lange, ungepflegte Haare hatten wie die Tiere, die sie nun mal waren.
Sein sorgfältig getrimmter Bart beschattete seinen ausgeprägten Kiefer. In dem gedämpften Licht konnte Nathaniel die Farbe seiner zusammen gekniffenen Augen nicht erkennen, und er stellte sich vor, dass sie so schwarz sein mussten wie die Seele des Piraten. Vielleicht war er sogar der Teufel höchstselbst.
Nathaniels Hand schwitzte am Griff seines Dolchs und beschämt wurde ihm klar, dass sein ausgestreckter Arm zitterte. Sein Hals fühlte sich schmerzhaft trocken an, als er krächzte: »Wir … wir besitzen nichts von Wert. Kein Gold oder Juwelen, die Eure Mühe wert wären.«
Susanna fügte hinzu: »Selbst mein Ehering ist nur vergoldet.«
Tully, eines der jungen Crewmitglieder der Proud William, hatte die Kabine betreten. Der Mann – ohne Zweifel der Kapitän der Piraten – sah ihn fragend an. Tully nickte. »'s stimmt. Nur Kleidung un' Kinkerlitzchen in ihr'n Koffern.« Er schnüffelte missbilligend und schüttelte seinen roten zotteligen Haarschopf. »Nichts irgendwo versteckt hier drin. Konnten nix finden, seit wir London verlassen ham.«
Nathaniel hatte eigentlich besser von der Mannschaft gedacht, aber jetzt sah er, wie naiv er gewesen war. Es musste Tully gewesen sein, der die Piraten darüber informiert hatte, dass Susanna ein Kind erwartete. »Was für ein elender Feigling du bist, Tully.«
Er schnaubte. »Sobald ich die Flagge erkannt hab, wusste ich, dass wir erledigt sind. Jeder weiß, dass der Sea Hawk dich vom Vordersteven bis zum Heck ausweidet, wenn er dich ers'ma' in den Krallen hat. Ich werd' bestimmt nich' sterben für 'ne Fracht, die mir scheißegal is', und für 'nen Käpt'n, der uns wie Dreck behandelt.«
»Euer Ziel ist Primrose Isle?« Der Pirat, dieser Sea Hawk, sprach ruhig und gelassen.
»Ja«, antwortete Nathaniel. »Es ist eine neue Kolonie.«
Tully nickte. »Ihr Ehemann is' da. Wir sollen sie da bei ihrem Vater absetzen. Der alte Mann is' da Gouverneur oder so.«
In diesem Augenblick schien Sea Hawk zusammenzuzucken, aber eine Sekunde später war er wieder ganz ruhig, furchteinflößend und leidenschaftslos. Nathaniel hatte sich das Zucken wohl nur eingebildet. Dennoch glomm jetzt ein Funken in den teuflischen Augen auf und Angst durchströmte Nathaniel. Sea Hawk kam näher, bis er sich unmittelbar vor Nathaniel auftürmte. Dann verlangte er in der gleichen bedächtigen und dennoch gebieterischen Art wie zuvor zu wissen: »Dein Name, Junge.«
Mit hämmerndem Herzen brachte er nur ein »Äh …« hervor.
»Dieser hier wird Bainbridge genannt«, sagte Tully hilfsbereit.
»Bainbridge«, wiederholte der Captain, die Stimme jetzt ein kaum hörbares Flüstern. »Wie in Walter Bainbridge?«
Seine Finger am Dolch wurden taub, aber Nathaniel nickte. Morgen würde er dort blaue Flecken haben, wo Susanna sich an ihn klammerte. Er spürte ihre hektischen Atemzüge im Nacken. Es machte keinen Sinn, es zu leugnen. »Unser Vater.«
»Du bist der Sohn, für den Walter Bainbridge seine Frau getötet hat?« So unmittelbar im Interesse des Captains zu stehen, jagte Nathaniel eine Gänsehaut über den Rücken. Er konnte ein Zusammenzucken nicht verbergen und nickte. Seine Mutter hatte ihn nicht mal mehr in den Armen halten können, bevor sie ihr Blut ganz und gar vergossen hatte. Susanna war sechs Jahre alt gewesen und hatte durch das Schlüsselloch zugesehen. Sie hatte Nathaniel nach seiner endlosen Fragerei schließlich alles gestanden, als er noch ein kleiner Junge gewesen war. Sonderbar, dass er selbst nach über achtzehn Jahren noch immer den schmerzhaften Verlust einer Berührung spüren konnte, die er in Wahrheit nie erfahren hatte.
Die Augen des Captains leuchteten auf. Gütiger Gott, der Mann war ein Riese. Nathaniel war mit einem Meter siebzig selbst ziemlich groß, aber dieses Monster überragte ihn noch und maß mindestens einen Meter fünfundachtzig. Um sich zu behaupten, blieb Nathaniel nichts anderes übrig, als standhaft auf seinem Platz stehen zu blieben und nicht nach hinten zu Susanna zurückzuweichen. Die Spitze seines Dolches bebte in seiner Hand, nur Zentimeter