Drachenwispern. Christian D'hein

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Название Drachenwispern
Автор произведения Christian D'hein
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783991075288



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die Antwort nicht verweigert.

      »Ob du nun in die Aufzeichnungen der Menschen, Elfen oder Zwerge studierst, sie alle sprechen nur von der Dunkelheit. Die Menschen und Zwerge nennen das Grauen von damals aus Furcht nicht beim Namen, die Elfen aus Scham. Denn gerade ihr Streben nach der perfekten, edlen Welt hat die Vernichtung mit sich gebracht. Aber ich sollte von vorne beginnen.« Sie machte eine kurze Pause und atmete einmal tief durch. »Zu Beginn war die Dunkelheit nichts weiter als eine Bedrohung durch Wesen der Finsternis. Drachen, Riesen und Schlimmeres trieben ihr Unwesen. Doch sie alle bluteten wie auch wir und so schlossen sich einige tapfere Seelen der freien Völker zusammen, um gegen sie in die Schlacht zu ziehen. Sie nannten sich die Aquain und fürchteten weder den Tod noch die Finsternis. Wahrscheinlich wären sie sogar siegreich gewesen, doch sie wurden alle verraten. Ein Elf, bekannt als ein ehrgeiziger Zauberer und beim Namen Panis gerufen, sah seine Chance gekommen, ein verbotenes Geheimnis der Magie zu ergründen. Die Unsterblichkeit. Er schloss einen Pakt mit den Kreaturen der Finsternis, auf dass sie unter seinem Namen die Welt ins Verderben stürzen sollten. Dafür nahm er die Dunkelheit tief in sein Herz auf und begann, mit ihr zu verschmelzen. Aber lange merkten die Aquain nichts von dem Verrat und als er in ihrem Rat darauf drang, dass sie endlich gegen die Kreaturen der Finsternis ziehen mussten, die sich plötzlich zu organisieren begannen, zweifelte keiner an seiner Loyalität. Doch mitten in der Schlacht verfinsterte Panis mit seiner verderbten Magie alles um sie herum und sie wurden niedergemetzelt. Nur wenige konnten fliehen und selbst sie wussten nicht, dass Panis ihren Untergang verschuldet hatte. Man nahm an, er wäre bei dem Massaker ums Leben gekommen. Bis er sich als dunkler Herrscher der Welt wieder offenbarte.«

      Ardun hing wie gebannt an ihren Lippen. Es war das erste Mal, dass er jemanden offen über die finstere Vergangenheit sprechen hörte.

      »Was passierte dann?«, fragte er begierig weiter. Lian sah ihn mit traurigen Augen an.

      »Er kehrte zu den Überlebenden der Aquain zurück und erzählte ihnen, dass sie die Auserwählten seien und mit ihm die Magie und die Welt beherrschen könnten, um ein neues Reich zu schaffen. Ein Reich, in dem die Niedertracht in den Herzen aller ausgerottet werden würde. Ein Reich, welches mit Blut erschaffen würde, denn um neue fruchtbare Erde zu erlangen, müsse zunächst das faulige Geschwür, welches bereits wucherte, verbrannt werden.«

      »Und wie haben die Aquain reagiert?«

      »Manche verfielen seiner Ideologie und schlossen sich ihm an. Sie wurden seine getreuen Diener und rechtfertigten alle ihre Schandtaten damit, dass sie für ein höheres Wohl kämpfen würden. Sie wurden Panis’ Leibwachen und nannten sich fortan den schwarzen Zirkel. Manch andere nahmen sich das Leben, da sie keinen Ausweg aus dem Schrecken sahen. Doch einige leisteten weiter Widerstand, weil sie den Wahnsinn des Elfs erkannten. Sie nannten sich die Aquiron. Wer sich ihm anschloss, der wurde von ihm berührt. So hat Panis die Dunkelheit in die Herzen gepflanzt, wodurch die Unterworfenen unwiderruflich an ihren Herrn gebunden wurden. In den folgenden Jahren wurden die Aquiron verfolgt und Panis’ Truppen plünderten und brandschatzten und nichts und niemand schien sie aufhalten zu können. Bis es Jahre später zu einer letzten Schlacht kam. Aber alle Aufzeichnungen über diesen Kampf sind verloren. Wir wissen nicht einmal, wer Panis bekämpfte. Aber der Tyrann verschwand oder wurde getötet und die Dunkelheit endete.«

      Enttäuscht runzelte Ardun die Stirn. Gerade das Wissen, welches ihn am meisten interessierte, war verloren. Dafür verstand er jetzt, wie weit der Kampf zurückreichte, in den er nun eingetaucht war. Denn der Zirkel, welcher ihn verfolgte, war derselbe wie damals und die Aquiron hatten offenbar noch nicht gewonnen. Aber das Grübeln über diese Dinge war nach einer Nacht ohne Schlaf zu anstrengend für ihn und als der Nachmittag begann, döste er im Sattel ein und hielt seine Wange an den Hals des Pferdes geschmiegt und träumte von wilden Schlachten und feuerspeienden Drachen.

      Er erwachte erst wieder, als sein Pferd mit einem Ruck zum Stehen gebracht wurde, da Lian einen geeigneten Platz für das Nachtlager gefunden hatte. Eine flache Senke zwischen zwei Hügeln.

      Sie befreiten die Pferde von den Sätteln und Ardun machte sich daran, sie abzubürsten. Dann aßen sie schweigend, ehe Ardun abermals die Nachtwache übernahm. Er hockte sich mit einer Fackel in der Hand auf die Spitze des Hügels und sah in die dunkler werdende Ferne. Er fragte sich, ob der Beobachter von der vorigen Nacht wohl wieder in der Nähe war. Einer Eingebung folgend kehrte er kurz zu ihrer Lagerstätte zurück und nahm etwas Brot, welches er ein Stück von ihrem Lager entfernt, aber deutlich sichtbar deponierte. Wenn der nächtliche Besucher wiedergekehrt war, sah er sie auch jetzt schon und würde das Essen vielleicht als Zeichen dafür verstehen, dass sie ihm nicht Böses wollten und ihn somit davon abhalten, ihnen etwas anzutun.

      Die Nacht begann ruhig und ereignislos und diesmal ließ Ardun sich bereitwillig von Lian ablösen, als der helle Stern Luthian die Mitte der Nacht verkündete. Er wickelte sich fest in seine Decke und schlief alsbald ein.

      Als Ardun am kommenden Morgen erwachte, lag der Geruch von frischer Erde in der Luft, denn es hatte in der Nacht leichten Regen gegeben. Sogleich lief er zu der Stelle, an der er das Brot ausgelegt hatte. Es war verschwunden. Dafür befand sich im weichen Wiesengrund ein schmaler Fußabdruck. Ardun untersuchte ihn und stellte prüfend seinen eigenen Fuß daneben. Der Abdruck war ein ganzes Stück kleiner. Zufrieden lächelte er. Ihr Verfolger war eine Frau. Oder zumindest ein weibliches Wesen. Die Erkenntnis erleichterte ihn, denn er hatte schon den wütenden Bettler vermutet, dem Lian die Almosen verweigert hatte.

      Wer auch immer ihnen folgte, war ihnen also nicht direkt feindlich gesinnt. Aber dass er sich ihnen nicht offenbarte, machte ihn auch nicht zu einem Freund. Ardun beschloss, Lian vorerst nichts von seiner Entdeckung zu erzählen und er blieb wachsam, als sie ihren Ritt fortsetzten.

      21

      Prüfend beugte sie sich über den reglosen Körper des Mannes und fühlte seinen Puls. Beruhigt stellte sie fest, dass er tot war. Der Mann war ärmlich gekleidet und stank nach Urin und anderem, aber der Dolch in seiner Hand war feinste Schmiedearbeit. Elynia hatte ihn am Tage zuvor bemerkt, als er einige Wanderer verfolgte und ihr war klar, dass sich unter der zerschlissenen Kleidung ein kaltblütiger Mörder versteckte. Daher hatte sie ihm einen Pfeil in die Brust gejagt, bevor er zur Tat schreiten konnte. Nun zertrennte sie seine Kleidung an den Schultern, sodass sein Rücken entblößt wurde. Ihre Vermutung bewahrheitete sich. Auf der Haut prangte die schwarze Tätowierung eines gehörnten Drachen, der sich selbst verschlang. Das Zeichen des schwarzen Zirkels. Sie durchsuchte seine Taschen nach irgendetwas Nützlichem, doch alles, was sie fand, war ein gefaltetes Papier mit seltsamen Schriftzeichen darauf, die sie nicht verstand und ein Behälter, welcher eine gefüllte Phiole und ein kleines Döschen mit Salbe beinhaltete. Sorgfältig verstaute sie beides. Dann schleifte sie die Leiche fort vom Weg in die Büsche. Hier würden sich die Tiere über den Körper hermachen, doch weder empfand sie Mitleid mit dem toten Mörder, noch hatte sie die Zeit, ihn zu bestatten. Denn Mitglieder des Zirkels agierten nur selten allein. Sie musste sich also beeilen, sonst würde sie zu spät kommen. Zunächst aber entfernte sie sorgfältig den Pfeil aus der Leiche und säuberte ihn so gut wie möglich an der Kleidung des Mannes von Blut und Fleischbrocken, bevor sie ihn zurück in den Köcher zu ihren übrigen Geschossen steckte. Denn wer konnte schon wissen, wie viele Pfeile sie noch benötigen würde? Und hier fehlten ihr Material und Werkzeug, um Pfeile mit Eisenspitze herzustellen, daher wäre es eine frevelhafte Verschwendung einen Pfeil so leicht verloren zu geben. Kurz überlegte sie noch, ob sie auch den Dolch an sich nehmen sollte, aber dann entschied sie sich dagegen. Sie war mit ihren eigenen Waffen bestens ausgerüstet und eine Trophäe stand ihr nicht zu, da sie den Mann nicht in einem ehrenhaften Duell besiegt, sondern aus dem Hinterhalt erschossen hatte. Sie hielt sich weiter abseits der Wege und suchte nach Spuren, um die Wanderer ausfindig zu machen, vielleicht waren es ja jene, die sie suchte.

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