Durchgeknallt. Wolfgang Breuer

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Название Durchgeknallt
Автор произведения Wolfgang Breuer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783961360024



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essen?“

      „Ach ’ne Currywurst und ’ne Cola reichen mir auch. Ich hab‘ nicht so den großen Hunger. Der kommt sicher erst am späten Nachmittag. Hab‘ ja noch Dienst bis abends um sieben.“

      Klaus schaute sie wohl etwas dämlich fragend an. „Ja, ja, Doppelschicht heute. Freiwillig. Guck nicht so, Mann. Ich wollte sehen, wie das hier weiter geht. Und vor allem wollte ich wissen, wie´s Dir geht. Ich hatte gestern Abend am Telefon meine liebe Not, Ute gefühlsmäßig ein bisschen aufzufangen.“

      Die durchaus attraktive Kollegin machte sich also Gedanken um ihn, den Mann ihrer besten Freundin. Wow. War da vielleicht etwas, was er nicht bemerkt hatte? ‚Ach, Blödsinn‘, dachte Klaus‚ ‚so ist das eben unter Kollegen. Extra-Dienst hätte ich wegen ihr auch gemacht. Außerdem ist Corinna in festen Händen.’

      Simon hieß er. Simon Klingbeil, Oberleutnant der Luftwaffe und nebenbei ein recht erfolgreicher Fußballer in Erndtebrück. Ein richtig netter Bursche. Und intelligent obendrein. Klaus und Ute hatten ihn erst vor ein paar Wochen mit Corinna zusammen bei einem Konzert auf dem Berleburger Marktplatz erlebt und so ein wenig kennen gelernt. „The Natives“ hatten gespielt, eine richtig gute Coverband. Hatte Spaß gemacht, auch dem jungen Offizier und Regionalliga-Fußballer. Der war nur deshalb mal zu diesem für ihn sonst seltenen Genuss gekommen, weil er an Krücken ging. „Irgendwas mit dem linken Innenband“ zwang ihn zu Spielund Trainingspause. „Während der Saison und in der Vorbereitung kannst du solche Events normal knicken“, hatte Simon fast bedauernd gesagt. Leistungssport und schönes Leben – irgendwie passt das nicht zusammen.

      „Also gut, wohin denn nun, mein Guter?“ Corinna war schon mal bis vor zur Kreuzung mit Südstraße und Hinterstöppel gefahren, um in Richtung Berleburg umdrehen zu können. Die vom Regen nasse Straße dampfte jetzt richtig unter der warmen Mittagssonne. Da rief Ute zurück. Nein, Zeit für ein gemeinsames Essen habe sie nicht, aber eine interessante Info. Die könne vielleicht hilfreich sein. Ein Kollege habe aus der Zeitung von der Mönkemann-Entführung gelesen und behaupte nun steif und fest, den Mönkemann schon häufiger mal in Wittgenstein gesehen zu haben. Meist auf Schützenfesten. Immer zusammen mit derselben Frau. Knapp über 30 Jahre alt, groß, schlank, dunkelhaarig mit Pferdeschwanz und richtig hübsch. Eine, die einem Mann sofort auffalle. Daher habe er sich auch den Typen bei ihr so gut merken können. Und in der Zeitung sofort wieder erkannt.

      „Ja hat er denn eine Ahnung, wer diese Frau ist und wo sie wohnt?“, wollte Klaus wissen.

      „Nee, da hapert‘s bei ihm“, gab Ute zurück. „Aber wenn Du willst, kannst du Dich ja mal persönlich mit ihm unterhalten. Ich geb‘ Dir seine Handynummer.“

      Klaus klemmte das Smartphone zwischen Ohr und Schulter, pulte einen Kuli aus dem Inneren seine Jacketts und friemelte einen post-it-Block von der Mittelkonsole los. „Gut, bin schreibbereit. Und gib mir bitte noch seinen kompletten Namen und seine Privatadresse, falls Du sie kennst.“

      Er begann eifrig zu schreiben, nuschelte noch ein paar liebe Worte in den Apparat und beendete das Gespräch.

      „Grüße von Ute. Ich glaube, wir sind einen Schritt weiter, was die ominöse junge Frau betrifft.“ Und dann erzählte er Corinna von den Beobachtungen des Klinik-Mitarbeiters.

      „Okay“, sagte sie. „Aber wir haben keine Ahnung, wo sie wohnt. Dass das hier in Raumland ist, das scheint mir eher fraglich. Denn Herr Schneider hat sie noch nie zuvor gesehen. Und er beobachtet mit Sicherheit mehr da draußen vor der Tür, als er zugeben will.“

      „Klar, wir wissen nicht, wo sie wohnt. Aber wir wissen, dass es einen Mönkemann-Bezug zu unserer Ecke gibt. Und dem sollten wir unbedingt nachgehen.“

      Minuten später hatte Klaiser SOKO-Leiter Jörg Gabriel und seinen Dienststellenleiter darüber informiert und bereits Kontakt zu Utes Kollege aufgenommen. Sie hatten vereinbart, sich bei Ruggero im Alten Bahnhof zum Essen zu treffen. Bernhard Trefz wollte um 13 Uhr dort sein.

      Gabriel musste auf der anderen Seite der Leitung einen Riesensatz gemacht haben. „Ich werd‘ verrückt. Irgendwas muss an Wittgenstein dran sein, dass sie alle ausgerechnet dort hin wollen. Jetzt haben wir wenigstens einen neuen Faden. Bitte tut mir den Gefallen und versucht, den so an unsere Geschichte anzubinden, dass endlich mal etwas dabei heraus kommt. Hier ergibt sich nämlich nüscht. Dreimal nichts. Niente! Nicht in der Mönkemann-Familie, nicht in der Firma, nicht mal am Siegener Leimbachstadion. So eine verdammte Scheiße. Man könnte meinen, der Fall hätte gar nicht stattgefunden. Ich könnte kotzen. Wenn absolut nichts voran geht, kommt man sich dermaßen überflüssig vor. Und trägt dann auch noch die Verantwortung für etwas, von dem man nicht mal die Spur einer Ahnung hat. Entschuldige bitte. Aber das musste jetzt einfach mal raus.“

      Der Mann saß im Café-Garten des Hotels und heulte Rotz und Wasser. Nur wenige Meter vom Ufer des Genfer Sees entfernt. Er konnte sich weder an diesem wundervollen Herbsttag ergötzen, noch an diesem herrlichen Ausblick. Matteo Rüeggli versuchte, sein Schluchzen zu unterdrücken. Denn die Leute an den Nachbartischen schauten bereits herüber. ‚Was für eine unglaubliche Scheiße‘, dachte er. ‚Schlimmer hätte es kaum mehr kommen können.’

      Dabei war alles glatt gelaufen heute Morgen. Bereits um 8.55 Uhr war er pünktlich auf dem Geneve Airoport gelandet und sofort mit dem Taxi zur Bank gefahren. Dort wurde er bereits erwartet. Und die Geld-Transaktion war ohne große Umstände abgelaufen. Die gesamte Summe von 6,5 Millionen Schweizer Franken hatte er sich, wie längst telefonisch avisiert, in bar auszahlen und in einen Pilotenkoffer packen lassen. Selbst wenn ihn jemand nach Verlassen des Geldhauses hätte überfallen wollen, wäre der wohl chancenlos geblieben. Denn Rüeggli war auf der gegenüberliegenden Straßenseite spornstreichs in die nächste Bank marschiert und hatte dort 3,5 Millionen auf ein neues Nummernkonto eingezahlt und drei Millionen auf die Cayman Islands überweisen lassen.

      Er war ein reicher Mann. Ohne Zweifel. Aber er war nicht glücklich. Das komplette Gegenteil hätte seinen Seelenzustand genauer beschrieben. Denn die Frau, die er so sehr geliebt hatte und die mit ihm zusammen leben wollte, war weg. Einfach abgehauen. Das gemeinsame Leben mit ihr … Asche. „Alles im Eimer“, flüsterte er vor sich hin. Immerhin noch so laut, dass eine ältere aufgeputzte Dame bei gedecktem Apfelkuchen und Schümli-Kaffee indigniert die Nase rümpfte und demonstrativ das erhobene Haupt herum riss und auf den See hinaus stierte. Alles, was er getan, was er geplant hatte, war sinnlos geworden. Und dann diese Überreaktion. Plötzlich, aus der Situation heraus. Hätte er sich doch nur nicht auf diesen Scheißplan eingelassen. Dann müsste er jetzt wenigstens keine Angst vor Polizei und Behörden haben.

      Als sie im Alten Bahnhof angekommen waren und Ruggero ihnen wortreich seinen letzten Tisch für vier Personen hinten im Eck angeboten hatte, fiel Klaus ein, dass er ja keine Ahnung hatte, wie dieser Bernhard Trefz überhaupt aussah. Doch das erübrigte sich in dem Moment, in dem der Mann auftauchte. „Ehre sei Gott in der Höhe und dreizwanzig in der Breite“ hätte sein Freund Abby gesagt. Ein braungebrannter, freundlich drein schauender Riese in Jeans und weißem T-Shirt betrat die Szenerie, machte Corinna und Klaus ruckzuck als seine Gesprächspartner aus und steuerte auf sie zu. Artig stellte er sich zunächst bei ihr, dann bei ihm vor. „Hallo, ich bin der Bernhard Trefz. Ohne Letzteres wär‘s mir allerdings bedeutend lieber. Also bitte, wenn´s Euch erlaubt ist: ‚Du’ und ‚Bernhard’.“

      „Klar ist das erlaubt“, lächelte Corinna, „oder?“ Etwas zweifelnd schaute sie nun zu Klaus. Immerhin könnte das ja ein wichtiger Zeuge sein, war ihr plötzlich eingefallen.

      „Natürlich, natürlich. … Ich bin Klaus, angenehm. Das ist übrigens Corinna“, grinste er. Denn er hatte festgestellt, dass seine Kollegin in ihrer offensichtlichen Bewunderung für diesen hypersportlichen netten Menschen ihren Namen ganz unterschlagen hatte.

      Corinnas Teint färbte sich zartrosa. Süß sah sie aus.

      Nachdem sie alle in die Speisekarte geschaut und Ruggero die Bestellung aufgenommen hatte, bat Klaus ihren Gast, doch einmal zu erzählen, wieso er sich so sicher sein konnte, dass er Bernd Mönkemann und diese dunkelhaarige Frau häufiger zusammen gesehen hat.

      „Also“, fing Bernhard an. „Ich