Red House. Andreas Bahlmann

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Название Red House
Автор произведения Andreas Bahlmann
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783862870752



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es ein schneidendes Gitarren-Intro sein, ein Eingangs-Riff zu einem Song, welches mir den Atem verschlug.

      Es war »up arround the bend« von Creedence Clearwater Revival, 1970 komponiert von John Fogerty. »Up arround the bend« stieß meine durch »Red House« geöffnete Bluestür ganz weit auf und es war, als ob mich ein ganzer Schwall dieser großartigen Musik durchflutete. Klar klopften immer mal wieder musikalische »Irrgänger« oder »Verfolger« an meine Herzens-Tür an, aber dann schloss ich energisch meine Blues-Tür oder warf diese Fehlgänger wieder raus.

      Für mich sollte es kein »musikalisches Zurück« mehr geben, ich wollte und konnte es auch gar nicht mehr. Ich geriet in musikalische Sicherheit, in so eine Art Lebens-Sicherheit, was ich allerdings erst viel, viel später richtig begreifen und auch wertschätzen sollte.

      Jimi Hendrix war für mich überwiegend ein Meister der Intros, er leitete seine Songs oft genial ein, nicht nur »Red House« oder »Hey Joe«. Seine Gitarren-Soli sind einzigartig und ich verehre sein charismatisches Spiel, andererseits aber waren mir viele seiner Stücke insgesamt zu psychedelisch, zu kompliziert.

      Das meiner Meinung nach eines der komplettesten Stücke hat Jimi kurz vor seinem Tod auf einer akustischen, zwölf-saitigen Gitarre eingespielt:

      »Hear my train coming« – für mich eines der schönsten Blues-Stücke überhaupt. Jimi spielt bei dieser Aufnahme auf einem Hocker sitzend so intensiv, als ob er seinen Frieden gefunden hat, so, als ob er nach langer musikalischer Suche wieder da angekommen war, wo er angefangen hatte – beim Blues.

      Irgendwie führt einen das Leben musikalisch immer wieder zum Ursprung zurück, dorthin, wo das Herz zum ersten Mal die Leidenschaft fühlen durfte.

      »Up arround the bend« ging nicht so tief in mich hinein wie der Blues, wie »Red House«, das war auch gar nicht möglich. Es war eigentlich vielmehr der Auslöser eines ganz tiefen Bedürfnisses nach Bewegung und erweckte eine neue Neugier in mir.

      Diese Neugier war eine ganz andere Art der Neugier, die ich bisher kannte. Es war Sehnsucht und Fernweh, die Neugier auf Weite und Wege in den Horizont hinein und darüber hinweg …

      »Up arround the bend« eröffnet bezeichnenderweise auch mit einem genialen Gitarren-Intro von John Fogerty, es klingt beinahe wie eine Sirene.

      Erlag nicht auch Odysseus auf seinen Reisen beinahe dem Lockruf der Sirenen?

      Nur das Angebundensein an den Schiffsmast und die verstopften Ohren seiner treuen Begleiter schützten ihn. Als ich John Fogerty's Gitarren-Sirene hörte, war ich weder angebunden, noch waren meine Ohren gegen die Verdammnis verstopft – alles konnte ungefiltert in mein Herz eindringen und ich erlag dem Lockruf des Country-Blues. Eine Reise ohne Wiederkehr, eine Einbahnstraße ohne jede Reue.

      Auf John Fogerty's schneidendes Gitarren-Intro folgt der hämmernde, raue Einsatz der Band und trägt John Fogerty's leidenschaftlichen, hellstimmig – kratzigen Gesang. Dieses Stück sprüht vor Lebensgier und treibt nur nach vorne, voll unablässiger und hämmernder Leidenschaft. Es hüpft, man könnte einfach laufen, die Arme schlenkern ausgelassen und kraftvoll ausladend beim Gehen mit, man grinst, atmet frei und tief durch, freut sich des Lebens und ist gespannt, was hinter der Biegung und den nächsten Biegungen noch so kommen mag. »Up arround the bend« hat kein Ende, es geht weiter und weiter und wird ausgeblendet, mit einem »dub dub duda« auf den lachenden Lippen der Wanderschaft.

      Selbst wenn man stehenbleibt, zurückbleibt, läuft die Melodie weiter und sie verschwindet in der Ferne, hinter dem Hügel, -up arround the bend.

      Ist man selbst der Wandernde, der Reisende, begleitet einen die Melodie, sie trägt, man entdeckt weiter und ist gespannt auf die nächste Biegung. Gehe ich heute mit meinem Hund in der Natur oder am Deich entlang, so will ich immer wissen, was sich hinter der nächsten Biegung verbirgt und es geht immer weiter …

      Besser kann Swamp-Rock oder Country-Blues eigentlich gar nicht gespielt werden. Die Straße trägt einen immer weiter und weiter und die Schritte sind leicht, fröhlich-neugierig, angstfrei und beschwingt.

      Der Schlagzeuger von CCR spielt einfach und schnörkellos, aber unglaublich effektiv und ruppig gut. Der Bassist erledigt druckvoll pumpend den Rest und man erlebt die Fröhlichkeit der Straße, das Springen aus purer Freude, das befreite Durchatmen. Kaum ein anderes Stück transportiert die Fröhlichkeit der Straße, die unbestimmte, zielstrebige Neugier aufs Ungewisse so treffend wie »up arround the bend« von Creedence Clearwater Revival mit ihrem genialen Songwriter John Fogerty.

      Jedes Mal, wenn ich »up arround the bend« hörte, wuchs die Sehnsucht nach der Ferne und der Weite und der Straße immer ein Stückchen mehr in mir an. Ganz besonders blieb in mir eine Textzeile haften:

      »… always time for a good conversation …«, – immer Zeit für eine gute Unterhaltung – offener, freundlicher und auch interessierter kann man dem Leben doch eigentlich gar nicht begegnen.

      Country und Blues sind zwei ganz starke Lebens- und Atemspender, die sich geradezu ideal und kraftvoll ergänzen.

      John Fogerty verstand es, mit seiner Band »Creedence Clearwater Revival«, ebenso unbekümmert wie grandios intensiv, Folk, Country, Rockabilly und Blues zu vermischen. Seine Kompositionen für CCR basierten auf wenigen Akkorden und seine Songs klangen und klingen einfach, mit teilweise brillanten Melodien, ohne einfach zu sein und man hatte immer das Gefühl, die Musik bereits zu kennen, auch wenn sie brandneu waren. Sie haben so viel Blues, Liebe und Wärme in sich und sie sind absolut zeitlos. Auch durch ihre Lieder lernte ich für später für mich den mühelosen, musikalischen Spagat zwischen den verschiedenen Stilen, ohne mein Herz und meine Seele zu verleugnen. Es lag aber auch stark an der Art und Weise, wie Creedence Clearwater Revival auftraten: einfach, unspektakulär, freundlich und bescheiden, keine aufgestylte Rock'n'Roller-Attitüde oder exaltiertes Rockstar-Gehabe, keine aufwendige Garderobe. Sie liefen rum wie die meisten von uns: Jeans, T-Shirt, Flanellhemd.

      Ich durfte zwar noch keine Jeans tragen, aber T-Shirts und karierte Flanellhemden schon. Creedence Clearwater Revival präsentierte sich wie eine Band, deren Zuhause die Straße war. Sie wollten einfach nur spielen, sie tourten unablässig, das war ihnen wohl wirklich wichtig und genau das hört man aus Fogerty's Gesang und Stücken heraus. So eine Musik entsteht nicht mal eben so, das wird von ganz viel Tiefe getragen. Sie lebten so, wie es die Bluesmen früher vor ihnen auch taten, sie waren immer auf musikalischer Wanderschaft und spielten sich die Seele aus dem Leib, mit Lippen voller Glück.

      »Long as I can see the light« – auf dem Cosmo's Factory – Album von CCR besiegelte dann meinen endgültigen Liebes-Verfall …

      »Long as I can see the light« ist mit eine der schönsten und intensivsten Blues-Balladen, die ich jemals gehört und erlebt habe.

      War es bei »Red House« der einschneidende Klang des Gitarren-Intros, der meine Lebenstür aufriss, so war und ist es hier die einmalige Inbrunst dieser einzigartigen Country-Gospel-Blues-Perle. Fogerty gibt gesanglich einfach alles und da spricht etwas durch ihn, die Band spielt unglaublich und ist umgeben von einem ganz tiefen, zärtlichen und gleichzeitig rauen Spirit. Da sind wirklich alle Blues-Geister dabei gewesen, man hört und spürt diesen einzigartig großen, einmaligen Moment, der dieses Stück trägt.

      Ich hörte nach meinem musikalischen »Red House«-Erwachen sehr viel Musik von Creedence Clearwater Revival, beinahe schon zwangsläufig, denn sie brachten in zwei Jahren fünf(!) Alben heraus und glücklicherweise waren viele Hits dabei, die dann auch im Radio gespielt wurden, wenn ich mal die Möglichkeit hatte, Radio zu hören. Das war wirklich klasse.

      Ein Radio besaß ich noch nicht und das bei uns zu Hause in der Küche lief eigentlich nie, weil es meinen Vater nervös machte. Wenn dann doch gerade zufällig, in einem dieser seltenen Radiomomente, zu Hause ein gutes Lied gespielt wurde, hatte es kaum eine Chance, bis zum Ende durchlaufen zu können. Gestoppt durch den elterlichen Druck auf den »Ausknopf«.

      So kam es also oft vor, dass ich zu Hause mit meinen Brüdern oder Kindern aus der Nachbarschaft zusammen »Lok 1414« hörte und später am Tag bei meinem Cousin »Iron Man« von Black Sabbath …

      Der