Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis. Walter G. Pfaus

Читать онлайн.
Название Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis
Автор произведения Walter G. Pfaus
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745214024



Скачать книгу

verrückt nach Mary. Es gab mal eine Zeit, wo ich glaubte, dass sie meine Gefühle erwidert, aber seit einiger Zeit bezweifle ich, ob das zutrifft. Okay, sie ist nett zu mir, sie verwehrt mir kaum etwas, worum ich sie bitte und dennoch wäre sie vermutlich niemals bereit, mich zu heiraten.“

      „Weiß Dick, was zwischen Ihnen und seiner Frau läuft?“

      „Um Himmels willen, nein“, sagte Dexter Hugh und sah erschrocken aus.

      „Mary hat bestritten, mit Ihnen befreundet zu sein. Sie gab vor, dass der Mann, mit dem sie Dick betrügt, verheiratet sei. Offenbar war das eine Schutzbehauptung, die nur dem Zweck dient, Sie nicht in Verdacht geraten zu lassen.“

      „Wundert Sie das? Zunächst einmal kann Mary und mir nicht daran gelegen sein, dass die Sache herauskommt“, meinte Dexter Hugh, „und eine doppelte Katastrophe wäre es, wenn Dick erführe, dass ausgerechnet ich ...“ Er führte den Satz nicht zu Ende und senkte den Kopf.

      „Wie ist es passiert?“, fragte Bount ruhig.

      „Mann, wie denn wohl! Sie haben mich oft eingeladen. Dick hat es getan, um ehrlich zu sein. Natürlich bin ich gern zu den Myers gegangen, aus zweierlei Gründen. Ich bin Junggeselle und schätze ein gutes Essen, und außerdem gefiel mir Mary. Ich hatte niemals vor, mich mit ihr einzulassen. Das hielt ich lange Zeit für ein Tabu. Als ich begriff, wie unglücklich sie in ihrer Ehe war, kam ich auf die Idee, sie zu trösten ... und daraus entwickelte sich fast zwangsläufig das andere, unser Verhältnis, meine ich.“

      „Mary hat mir gesagt, sie liebe ihren Mann. War das auch eine Schutzbehauptung?“

      „Was soll ich darauf antworten? Sie hat eine Schwäche für ihn. Die haben fast alle, die ihn kennen. Dick ist okay. Ein heller Kopf. Er hat nur einen Fehler. Er ist ein Arbeitsfanatiker. Er kennt nur seinen Job, sonst nichts. Er hat Mary vernachlässigt. Im Grunde darf er sich nicht wundern, dass es so gekommen ist.“

      „Sie begreifen hoffentlich, dass Sie in der Patsche sitzen“, sagte Bount ruhig.

      „He, wie soll ich das verstehen?“, fragte Dexter Hugh stirnrunzelnd.

      „Myers ist verschwunden. Alles deutet daraufhin, dass es im Zusammenhang mit dem Brandanschlag geschah, aber es kann natürlich auch andere Ursachen haben. Wenn die Polizei erfährt, dass Sie mit Mary Myers liiert sind, wird man sich fragen, ob es nicht am Ende Sie waren, der Myers aus dem Verkehr zog. Dafür gibt es immerhin gleich zwei gute Gründe.“

      „Die müssen Sie mir nennen, da bin ich aber wirklich neugierig“, murmelte Dexter Hugh.

      „Als guter Detektiv müssten Sie eigentlich von selbst darauf kommen.“

      „Lassen Sie mich raten. Zwei Gründe? Klar, jetzt fällt bei mir der Groschen! Grund Nummer eins: Ich bin scharf auf Dicks Job. Ich möchte die Nummer eins im Hause sein. Sehe ich das richtig mit Ihren Augen, meine ich?“ Bount nickte. „Grund zwei“, fuhr Dexter Hugh fort, „er steht mir auch im Wege, was Mary angeht. Wenn ich sie heiraten will, muss er verschwinden, stimmt's?“

      „Sie haben’s erfasst“, sagte Bount.

      „Gut. Mag sein, dass diese Punkte gegen mich sprechen, aber sie sind leichter zu widerlegen.“

      „Sie machen mich neugierig.“

      „Zu Grund eins: Ich weiß zufällig, dass Dick monatlich ganze hundertfünfzig Dollar mehr verdient als ich. Lausige hundertfünfzig Dollar! Würden Sie mir - oder irgendeinem anderen - es zutrauen, wegen einer so lächerlichen Summe zum Verbrecher zu werden?“

      „Der Punkt geht an Sie“, sagte Bount.

      „Grund zwei“, sagte Dexter Hugh. „Mary ist meine Geliebte, aber sie wäre niemals bereit, mich zu heiraten. Ich verdiene ihr zu wenig. Sie wirft auch Dick vor, dass er nicht genug Geld macht. Wenn sie schon bereit wäre, den Mann zu wechseln, dann nur für eine neue, materiell bessere Perspektive - aber die kann ich ihr nicht bieten.“

      „Das weiß ich nicht.“

      „Fragen Sie Elmer, was ich verdiene!“

      „Darum geht es nicht“, sagte Bount. „Es könnte ja immerhin sein, dass Sie eine neue Einkommensquelle aufgetan haben.“

      „Welche denn?“

      „Keine Ahnung, aber ich könnte mir vorstellen, dass Sie in Ihrer Eigenschaft als Hoteldetektiv Dinge aufspüren, die sich zu Geld machen lassen. In Hotels geschieht nun mal manches, was das Licht der Öffentlichkeit scheut ... und seien es nur Zusammentreffen Liebender, die gute Gründe haben, ihr Verhalten nicht publik werden zu lassen.“

      „Sie halten mich für einen Erpresser?“

      „Ich werde mich hüten, so etwas zu behaupten“, sagte Bount, „aber Sie können mir nicht verwehren, dass ich einige Hypothesen aufzustellen versuche, die das Geschehen erklären könnten. Die Polizei wird handeln wie ich. Wenn herauskommt, dass Sie und Mary intim geworden sind, geraten Sie zwangsläufig in den Verdacht, am Verschwinden Ihres Vorgesetzten, Konkurrenten und Nebenbuhlers die Schuld zu tragen.“

      „Das muss man mir erst einmal beweisen“, stieß Dexter Hugh hervor. Er war wütend. „Ich kann nach allem, was Sie mir servieren, Dicks Begeisterung für Sie nicht teilen. Sie sind aggressiv und unverschämt, auch wenn Ihre Stimme dabei gelassen und höflich bleibt.“

      „Kannten Sie Charly Leggins?“

      „Nein, zum Teufel!“

      „Mike Finch?“

      „Wer ist denn das?“

      „Ein Mann, der nach Virginia Leggins Tod um rund hunderttausend Dollar erleichtert wurde. Finch war mit Leggins befreundet. Ich frage mich, welche Zusammenhänge es da gibt.“

      „Ich habe im Radio gehört, was Virginia Leggins zugestoßen ist“, sagte Hugh Dexter. „Ich zermartere mir den Kopf über die Hintergründe der Verbrechen, aber ich tappe völlig im Dunkeln. Verdammt, ich würde mit der Lösung des Falles gern Furore machen, das dürfen Sie mir glauben, aber ich sehe im Moment keine Ansatzpunkte für eine solche Entwicklung.“

      „Darf ich mal Ihr Telefon benutzen?“, fragte Bount, stand auf und trat an das Telefon. Er wartete Hughs Antwort nicht ab und wählte die Nummer des Police Headquarters in Miami Beach. Er hatte Glück. Lieutenant Holm befand sich noch in seinem Dienstzimmer. „Reiniger“, sagte Bount. „Was ist mit Finch?“

      „Wir haben ihn aus den Augen verloren.“

      „Das darf nicht wahr sein“, meinte Bount.

      „Er muss gefühlt oder bemerkt haben, dass er beschattet wurde“, sagte Holm verdrossen, „jedenfalls ist es ihm mit einem Trick gelungen, seinen Bewacher abzuschütteln.“

      „Ist Finch mit dem Wagen unterwegs?“

      „Ja, mit einem kanariengelben Toyota Crown Saloon. Er besitzt den Wagen erst seit einer Woche. Offenbar hängt der Kauf damit zusammen, dass Finch über Nacht zu Geld gekommen ist“, erklärte Holm und gab Bount die Nummer des Wagens durch. Der notierte sie sich und legte auf.

      Bount verabschiedete sich von Hugh und ging. Er kehrte in das Hotel zurück und erkundigte sich in der Rezeption, ob er ein Einzelzimmer haben könne.

      „Ja, Sir“, erwiderte der Mann hinterm Tresen. „Haben Sie einen besonderen Wunsch hinsichtlich des Stockwerks?“

      „Neuntes“, sagte Bount. „Oder zehntes.“

      „Darf ich Ihre Papiere haben, bitte? Tausendzehn, bitte“, sagte der Uniformierte und überreichte Bount einen Schlüssel. Bount nahm ihn an sich, hinterlegte seinen Pass. Dann setzte er sich an den Tresen der kleinen Cafeteria, die zur Lounge gehörte, bestellte einen Espresso und grübelte vor sich hin, aber der erlösende, alles klärende Gedankenblitz wollte sich nicht einstellen. Er zahlte, ging hinaus auf den Parkplatz, um seinen Koffer aus dem Camaro zu holen, stoppte jedoch, noch ehe er den Wagen erreichte.