Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis. Walter G. Pfaus

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Название Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis
Автор произведения Walter G. Pfaus
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745214024



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Mein Mann ist reich, aber ich liebe ihn nicht. Wenn ich es mir leisten könnte, würde ich ihn noch heute verlassen. Er ist auf seine Weise ein sanfter Tyrann. Er bindet mich mit Geschenken an sich, mit Luxus und scheinbarer Toleranz. Es gibt Momente, wo ich ihn mag, aber häufiger sind die Augenblicke, wo ich ihn verachte. In dieser Situation tritt also plötzlich ein fremder Mann an mich heran und ist allen Ernstes bereit, mir sein Vermögen zu vererben. Wäre ich da nicht verrückt gewesen, wenn ich das Angebot ausgeschlagen hätte?“

      „Wann war er hier?“

      „Vor drei Tagen. Zusammen mit den anderen, die nach jeder Vorstellung meine Garderobe stürmen. Er wartete, bis ich sie hinauskomplimentiert hatte, dann sagte er, worum es ihm ging. Ich war wie vor den Kopf geschlagen, spürte jedoch, dass er es ernst meinte. Ich bat mir Bedenkzeit aus. Er rief mich zwischendurch an. Gestern ging ich zu ihm, in die Wohnung. Ich wünschte, ich hätte die Finger davon gelassen. Wenn jetzt sein Testament verlesen wird und es stellt sich heraus, dass es erst vor wenigen Stunden zu meinen Gunsten geändert wurde, wird man mir unterstellen, ich hätte seinen Tod inszeniert.“

      „Diese Befürchtung halte ich für unbegründet. So rasch wird er sein Testament nicht geändert haben“, meinte Bount. „Aber selbst wenn es geschehen sein sollte, wäre es töricht, Sie des Verbrechens zu verdächtigen. Sie verdienen gut und haben einen reichen Mann.“

      „Viele wissen, dass ich frei sein möchte. Das will ich wirklich. Ich sah in Mister Darks überraschender Offerte einen Weg, mein Ziel zu erreichen.“

      „Das ist ein Punkt, den ich nicht recht verstehe. Dark hätte gut und gern noch zwanzig Jahre leben können.“

      „Er behauptete mir gegenüber, krank zu sein. Er meinte, mit ihm würde es bald zu Ende gehen.“ „Nannte er die Krankheit beim Namen?“

      „Nein. Wissen Sie, hinter mir sind viele Männer her. Zu viele, wie ich finde. Es passiert immer wieder, dass man mich mit den fantastischsten Versprechungen zu ködern versucht. Das meiste davon ist frei erfunden. Ich durchschaue das sofort, aber bei Dark war es anders. Ich fühlte, dass er es ehrlich meinte. Er war ein älterer, sanfter Mann, der ein letztes, großes Erlebnis haben wollte. Mit mir. Er hat es bekommen. Es liegt an Ihnen, mich zu richten und das Ganze als Prostitution einzustufen. So, wie die Dinge liegen, werde ich wahrscheinlich keinen Cent von Dark bekommen. Es macht mir nichts aus. Er war kein schlechter Liebhaber. Zufrieden?“

      „Danke, ja“, sagte Bount und ging.

      Er setzte sich in die Portiersloge. Der Portier, ein rüstiger Endfünfziger mit schütterem, dunklem Haar und einer dicken Brille, zeigte sich aufmerksam und beflissen. Die Zehndollarnote hatte ihn beeindruckt. Möglicherweise spekulierte er auf ein oder zwei weitere Scheinchen.

      „Was wissen Sie über Missis Banter?“, fragte Bount.

      „Kommen Sie im Auftrag ihres Mannes?“

      „Ich? Nein.“

      „Es wäre möglich gewesen. Er lässt sie bespitzeln, wissen Sie. Er ist schrecklich eifersüchtig.“

      Bount lehnte sich zurück. Noch ein Tatverdächtiger, dachte er, ließ den Gedanken aber rasch wieder fallen. Selbst wenn Lorraine Banters Mann erfahren haben sollte, dass seine junge, schöne Frau mit Derek Dark intim geworden war, und selbst wenn man unterstellen wollte, dass diese Erkenntnis Banter in rasenden Zorn versetzt und zu einem Amokläufer gemacht hatte, war es nahezu unmöglich, ihm Darks Tod anzulasten, denn der, das stand fest, war nun mal mit Hilfe eines elektrischen Stuhles erfolgt. Den aber konnten nur Leute benutzt haben, die das Verbrechen über einen längeren Zeitraum hinweg geplant und später in die Tat umgesetzt hatten.

      „Hat sie viele Liebhaber?“, fragte Bount.

      Der Portier zuckte mit den Schultern.

      „Sie hat jedenfalls viele Verehrer. Das Stück taugt nicht viel, aber Missis Banter sorgt dafür, dass weiterhin fast alle Vorstellungen ausverkauft sind.“

      „Ist ihr Mann häufig im Theater?“

      „Er war zur Premiere hier, seitdem ist er nicht mehr gesehen worden.“

      „Gibt es dafür eine Erklärung?“

      „Er kennt Lorraine. Soll er sich ihretwegen abendlich ein ziemlich schwachsinniges Stück ansehen?“, spottete der Portier.

      „Er könnte sie in der Garderobe vor dem Ansturm ihrer Verehrer bewahren.“

      „Er hat keine Lust, sich lächerlich zu machen, nehme ich an. Der Autogrammrummel gehört nun mal zu Missis Banters Job.“

      „Was treibt Mister Banter beruflich?“

      „Er ist Makler, glaube ich. Er handelt mit Immobilien. Soviel ich hörte, macht er Millionenumsätze. Er fährt einen Rolls Royce, besitzt eine Penthouse-Wohnung an der Fünften Avenue, und mehrere Häuser in Long Island.“

      Bount stellte noch ein paar Fragen, dann verabschiedete er sich und ging. Er fuhr ins Plaza, wo Mister Preston abgestiegen war, aber der Gesuchte war nicht zu erreichen. Er hatte das Hotel verlassen, ohne eine Nachricht zu hinterlassen.

      Bount fuhr nach Hause.

      Als er das Fernsehgerät anstellte und sich in einen Sessel fallen ließ, klingelte das Telefon.

      Toby Rogers war am Apparat.

      „Ich habe gerade einen Anruf bekommen. Er wird dich interessieren“, sagte er. „Dwyer ist tot.“

      Bounts Augen wurden schmal.

      „Wann ist es passiert?“

      „Das weiß ich noch nicht genau, aber ich kann mir vorstellen, was er falsch gemacht hat. Ich bin noch in Darks Wohnung, breche aber gleich in die Vierzehnte Straße auf, dort hat man Dwyer gefunden, in seiner Bleibe.“

      „Wer hat ihn entdeckt?“

      „Ein Nachbar. Er wunderte sich über die offen stehende Wohnungstür, ging hinein und fand Dwyer im Wohnzimmer, in einer Blutlache liegend. Ein paar Messerstiche haben seinem Leben ein Ende gesetzt.“

      „Er war auf Erpressung spezialisiert. Das ist ihm offenbar zum Verhängnis geworden.“

      „Kann schon sein. In diesem Zusammenhang halte ich es für denkbar, dass es ihn erwischte, als er Darks Mörder auszunehmen versuchte“, meinte der Captain.

      „Du glaubst, Dark könnte gewusst haben, wer die Männer waren?“, fragte Bount.

      „Diese Vermutung liegt doch nahe. Dwyer hat Dark beobachtet. Das bedeutet, dass Dwyer gewusst haben dürfte, wer Dark aus dem Haus brachte oder zu wem Dark ging.“

      „Mir gegenüber hat er bestritten, heute Vor- und Nachmittag auf seinem Posten gewesen zu sein.“

      „Das war möglicherweise eine Schutzbehauptung. Als er von Darks Tod hörte, muss ihm ein Seifensieder aufgegangen sein. Dich hat er mit der Lorraine-Banter-Story abgespeist. während er selbst daran ging, den fetten Happen in Angriff zu nehmen. Er ist ihm im Hals steckengeblieben.“

      „Eine interessante Theorie, aber sie muss nicht stimmen“, erklärte Bount.

      „Das weiß ich selbst“, meinte der Captain und hängte auf.

      7

      Leo Conroy betrat die Terrasse und kurbelte die knallgelbe Markise herunter. Die Mechanik quietschte, sie war schwergängig. Conroy legte eine Pause ein. Er schwitzte.

      Manchmal machte es ihm Angst, wie rasch er erschöpft war. Seit etwa einem Jahr fiel ihm jede körperliche Betätigung schwer. Zum Glück war er nicht darauf angewiesen, seinen Lebensunterhalt mit physischen Leistungen zu bestreiten.

      Er betrieb in Hammond ein kleines, gut gehendes Ingenieurbüro, das sich im Wesentlichen mit Rationalisierungsfragen der Landwirtschaft befasste.

      Er setzte sich in den