Die Skrupellose - Schweden-Krimi. Inger Frimansson

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Название Die Skrupellose - Schweden-Krimi
Автор произведения Inger Frimansson
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788726445015



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ganzen Abend bei der Polizei gesessen. Ich weiß nicht, wo sie ist! Magdalena! Hängst du da mit drin? Wenn du und Eva was ausgeheckt habt, um mir etwas anzuhängen, dann ... dann weiß ich nicht, was ich mit dir mache.«

      Sie antwortete nicht, hing wie eine Puppe in seinen Händen.

      Dann schlag mich doch, bring mich um, wenn du willst, ich war es doch, die für dein Kind verantwortlich war.

      Er ließ sie los und fuhr herum, ging in die Küche und steckte sich eine Zigarette an.

      »Kann ich dir etwas anbieten?«, flüsterte sie. »Einen Tee oder was anderes?«

      Er schüttelte gereizt den Kopf.

      »Ich möchte, dass du mir haargenau erzählst, was passiert ist. Ich will alles wissen, jedes kleinste Detail.«

      »Mach bitte das Licht aus«, bat sie ihn. »Man kann so gut hereinsehen, wenn es draußen dunkel ist. Man kann alles sehen.«

      Er tat, worum sie ihn gebeten hatte. Sie zog die Schuhe aus, ging ins Zimmer und legte sich angekleidet ins Bett.

      In der Dunkelheit fand sie die Worte.

      »Ich dachte, du wärst es gewesen«, flüsterte sie. »Ich habe mir eingeredet, dass du es warst, aber ich habe nichts gesagt, ich habe kein Wort gesagt, das schwöre ich dir, nicht ein Wort.«

      »Und warum nicht?«

      »Ich weiß nicht.«

      »Jedenfalls haben sie mich aufs Revier geholt. Und verhört!«

      Sie schluckte. Es pochte in ihren Schläfen.

      »Aber mich haben sie doch auch verhört ... und die Kinder.«

      Er hörte ihr gar nicht zu.

      »Als ob ich meine eigene Tochter kidnappen würde!«

      »So abwegig ist das nun auch wieder nicht«, sagte sie. »Ich meine, wenn man bedenkt, wie es zwischen dir und Eva zu stehen scheint.«

      »Weißt du, man löst keine Probleme, indem man sich wie ein Irrer benimmt.«

      »Nein, aber ... du hast doch mal gesagt, es sei ungerecht, dass deine Eltern Angelica nie treffen dürfen und so. Ich dachte, dass ...«

      Er stöhnte auf und sein Gesicht war angespannt und nackt.

      »Ich denke so viel an sie. Wo ist sie, Jesus Christus, wo ist sie?« Er erhob die Stimme, schrie die letzten Worte fast. »Wie konntest du sie nur aus den Augen lassen, Magdalena, wie konntest du das tun!«

      »Verzeih mir.«

      »Oh, hier geht es nicht um Verzeihung. Das hier ist etwas viel Größeres, hier geht es um Leben und Tod.«

      »Denkst du, das weiß ich nicht?! Aber es war doch nur für einen kurzen Moment, ich hatte sie in den Kinderwagen gelegt, sie lag auf dem Kissen und schlief, sie war doch krank, sie hatte sogar Fieber.«

      Sie hörte an seiner Art zu atmen, dass ihn das noch mehr aufbrachte, und bereute, es gesagt zu haben. Er ging im Zimmer auf und ab, konnte keine Sekunde still sitzen.

      »Bitte, Florian«, flüsterte sie. »Komm und leg dich ein wenig neben mich, ich werde dir genau erzählen, wie es war. Wir werden sie finden, natürlich werden wir sie finden. Aber leg dich zu mir, ruh dich ein wenig aus und halt mich fest, ich bin so schrecklich traurig.«

      Er zündete sich eine neue Zigarette an, sie sah die leuchtende Glut.

      »Ich kann nicht«, murmelte er. »Wie soll ich mich ausruhen können, wenn ich sie die ganze Zeit vor mir sehe? Wie sie ... es tut so weh, Magdalena. Sich vorzustellen, dass jemand einem Kind etwas antun will. All diese kranken Verrückten, die hinter Schloss und Riegel sitzen sollten, aber frei herumlaufen, weil diese Gesellschaft so schlaff ist, und alle anderen ... Pädophilen ... es gibt mittlerweile ja sogar Kinder, die andere Kinder umbringen.«

      Sie konnte nichts erwidern, nichts zu ihrer Verteidigung vorbringen. Angelica war verschwunden und sie war schuld, sie allein.

      9. Kennet

      Ich will eine Tochter, Kennet. Und ich will, dass du mir dabei hilfst.«

      Ihre Worte waren nachdrücklich und hellwach.

      Er selber hatte noch halb geschlafen und versucht, das Zwitschern der Spatzen zu ignorieren, die draußen unter dem Dachfirst ein Heidenspektakel veranstalteten. Wie viel Uhr mochte es sein? Sechs?

      Er drehte sich auf den Bauch und blinzelte in der Dunkelheit in ihre Richtung. Sie lag auf der Seite, hatte die Decke von sich geworfen. Sie trug nur einen Slip, und ihre Brüste waren groß wie Melonen. Sie leuchteten und schimmerten ihm entgegen, und er wurde von der primitiven Lust erfasst, zu ihr zu kriechen, ihr Kind sein zu dürfen.

      Sie hatte schon des Öfteren davon gesprochen, hatte ihn gebeten: »Besorg mir ein kleines Mädchen, Kennet, ich bringe nur Jungen zur Welt, und wir brauchen frisches Blut.«

      Langsam robbte er sich in ihr Bett, umarmte sie und streichelte ihren sonnengebräunten Bauch. Vormittags lag sie immer auf dem Balkon. An ihrem Körper gab es nicht einen weißen Fleck, nicht einmal unter den Brüsten.

      Ihre Hände empfingen ihn sehnig und schnell, spielten auf seiner Haut, waren überall, liefen das Rückgrat hinab, waren hinter den Ohren und wölbten sich wie eine Hülle um seinen Hodensack. Es rauschte in seinen Ohren. Er hockte sich über sie, zog an ihren Beinen, damit sie die Beine anzog, er musste hinein. Aber ihre Schenkel waren unverrückbar.

      »Willst du nicht? Was ist mit dir?« Seine Stimme war fast ein Schluchzen, und sie packte ihn an den Hüften und hielt ihn fest.

      »Doch, Liebster, ich will. Aber erst musst du mir etwas versprechen, Kennet. Du musst versprechen, mir eine Tochter zu schenken!«

      Er hörte ihrer Stimme an, dass sie es diesmal ernst meinte, und nickte, alles was du willst, verspreche ich dir, ich bin dein Sklave, du bist meine Herrin.

      Da erschlaffte die stählerne Wand der Muskeln, und sie öffnete sich ihm und ließ ihn hinein.

      Sobald die letzten, herrlichen Zuckungen abgeklungen waren, bereute er es. Seine Lust wich nagendem Unbehagen. Sie war schon aufgestanden, und er hörte das Rauschen der Dusche. Dann kehrte sie nackt ins Schlafzimmer zurück, zog ihm die Decke weg, lachte und war zu Späßen aufgelegt.

      »Zeit zum Aufstehen, Schlafmütze!«

      Sie kochte Kaffee, und er wusste, dass er keine Chance hatte, noch einmal davonzukommen, dies war das letzte Mal. Wie sollte er ohne diese Frau leben können, ohne die Schwere ihrer Brüste in seinen Händen fühlen, nie mehr in ihre engen Öffnungen eindringen zu dürfen? Sie hatte ihn unter ihre Fittiche genommen. Sie hatte ihn wirklich gemacht. Ohne sie war er nur ein simpler Fahrkartenkontrolleur in einer schlecht sitzenden Uniform. Ohne Freunde, ohne ein eigenes Leben.

      Widerwillig zog er sich an, Jeans und Hemd, es sollte wieder ein heißer Tag werden. Er schaute auf die Dächer hinaus, sah eine Elster, die regungslos wie ein Pinguin dahockte. Wenn es regnete, sammelte sich Wasser in den kleinen Vertiefungen am Schornstein, es waren kleine Schalen, aus denen die Vögel trinken konnten. Er dachte an die Tochter, die sie so gerne haben wollte, stellte sich vor, dass er sie auf den Arm nahm und mit ihr aus dem Fenster schaute.

      »Siehst du die Elster da, sie frühstückt, sie trinkt ihren Kaffee, oh, hoppla, jetzt ist sie weggeflogen.«

      Doch. Natürlich wollte er eine Tochter haben. Die Jungen gehörten ja nur ihr. Sie waren nicht hier, sondern oben in Gällviken. Der Älteste war zehn Jahre alt. Sie waren von verschiedenen Vätern, aber das machte ihr anscheinend nichts aus, im Gegenteil, es schien vielmehr, als würde sie es geradezu als eine Ehre empfinden, so viele Männer wie möglich gekannt zu haben.

      Im Moment war er der Mann.

      Kennet.

      Woher sollte er nur die zum Leben nötige Kraft schöpfen, wenn er nicht bei ihr sein durfte?!

      Sie