Название | DAS DING AUS DEM SEE |
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Автор произведения | Greig Beck |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783958355361 |
Das Treffen war offenbar vorbei.
***
»Was?«
Marcus starrte ihn mit offenem Mund an und seine Stirn war so sehr gerunzelt, dass es aussah, als hätte sie jemand mit der Axt zerfurcht.
Er warf aufgebracht die Hände in die Luft, als er aufstand. »Wir müssen das jemandem sagen!« Er tigerte auf und ab. »Der Polizei oder dem Geheimdienst, oder was ist denn das Äquivalent zum FBI hier drüben?«
»Der FSB, der Föderale Dienst für Sicherheit der Russischen Föderation«, sagte Yuri bedrückt.
Marcus wirbelte herum und zeigte mit dem Finger auf ihn. »Diese Typen dürfen nicht damit durchkommen. Wir haben uns immer ganz genau an die Vorschriften gehalten und deshalb haben wir die Regierung auch auf unserer Seite.«
»Marcus.« Yuri seufzte lange und tief, und seine Schultern sackten herunter. »Wir sind hier nicht in Amerika. In Russland läuft alles sehr langsam ab. Wenn, und das ist ein sehr großes Wenn, der FSB der Sache tatsächlich nachgehen würde, würde es Monate dauern, bis sich überhaupt etwas in Bewegung setzt.«
»Monate?« Marcus fuhr sich mit den Händen aufgebracht durch die Haare. »Wir müssen diesen Dieben aber nächste Woche schon antworten. Das ist eine verdammte Erpressung … ein Verbrechen!« Er fing wieder an, auf und ab zu marschieren. »Wir müssen sie irgendwie hinhalten. Ich kann ihnen doch vielleicht sagen, dass ich die Dokumente zuerst von einem Anwalt überprüfen lassen muss, und dann bombardieren wir sie mit einem Haufen juristischer Fragen.«
»Die haben ebenfalls Anwälte. Viele Anwälte.« Yuri zuckte mit den Achseln. »Korrupte Anwälte.«
Marcus drehte sich um und Yuri sprach weiter: »Außerdem Ärzte, Polizisten, Politiker und so ziemlich jeden, den sie sonst noch brauchen können. In Russland sind sie eine Art Regierung.«
»Das kommt aber nicht in die Tüte … nichts zu machen.« Marcus verschränkte die Arme vor der Brust. »Dann müssen wir eben unsere guten Verbindungen in die oberste Etage der Föderalen Behörde für Fischerei und Bestandserhaltung nutzen. Die haben doch bestimmt einen direkten Draht zum Kreml.« Marcus rieb sich über das Kinn. »Ich kann aber nicht von hier aus anrufen, weil ich sonst riskiere, dass die verdammte Verbindung mittendrin abbricht. Ich muss also selbst hinfahren und meinen Fall persönlich dort vorbringen.« Er warf einen Blick auf seine Uhr.
»Uns bleiben noch genau sieben Tage, bis wir uns mit ihnen treffen müssen. Ich kann in nur wenigen Tagen in Moskau und pünktlich zum Termin wieder zurück sein.« Marcus rieb sich noch einen Moment lang das Kinn, bevor er wieder zu dem großen Russen herumwirbelte. »Ich kann es schaffen, wenn ich sofort aufbreche. Du musst mich nach Listvyanka bringen und von dort aus nehme ich den Zug.«
Yuri verzog das Gesicht. »Das ist eine sehr schlechte Idee. Vielleicht beobachten sie die Bahnhöfe und Flughäfen. Diese Männer sind deshalb so gefährlich, weil sie absolut skrupellos, aber auch klug sind. Wir müssen zuerst in Ruhe darüber nachdenken, bitte, Marcus.«
Doch es war ihm momentan absolut unmöglich, klar zu denken. Außerdem war er gerade wütender als jemals zuvor in seinem Leben. Diese Arschlöcher kamen einfach aus dem Nichts und bedrohten seine gesamte Lebensgrundlage, seinen Betrieb, sein Leben und noch dazu das seiner Familie. Ganz bestimmt nicht, dachte er außer sich vor Wut.
Ihm blieb nun mal nichts anderes übrig, denn das war eine ausweglose Situation, der er mit einem Frontalangriff begegnen musste, ehe sie ihm vollständig aus der Hand glitt.
»Ich habe darüber nachgedacht.« Er sah seinen Freund wieder an. »Doch wir haben keine Wahl, es steht einfach zu viel auf dem Spiel.«
Yuri nickte langsam. »Ja, es stimmt, es steht viel auf dem Spiel, aber …«
»Dann ist es beschlossene Sache.« Mit der Absicht, eine Tasche mit Kleidern und Hygieneartikeln zu packen, ging Marcus auf das Haus zu. Während er den Hügel hinaufrannte, warf er einen Blick über die Schulter und rief: »Es steht nicht nur viel auf dem Spiel, alles steht auf dem Spiel.«
KAPITEL 09
15 Kilometer außerhalb von Listvyanka
»Geschafft.« Marcus beendete sein Telefonat. Wie er gehofft hatte, gab es in Listvyanka kaum Probleme mit dem Empfang, ganz anders als im Mühlenkomplex. Es war ihm gelungen, ein frühes Treffen mit Mikhail Ivanov von der Föderalen Behörde für Fischerei und Bestandserhaltung zu vereinbaren.
Allein schon den Termin mit dem ranghohen Moskauer Bürokraten zu bekommen, verbesserte seine Laune aus irgendeinem Grund immens. Zur Abwechslung lief endlich mal etwas richtig. Das wird aber auch Zeit, dachte er.
Marcus machte es sich auf seinem Sitz gemütlich. Er hatte den Waggon, der leise ratterte und bedenklich wackelte, während er auf sein Ziel zuraste, momentan ganz für sie allein. Draußen vor dem Fenster war es pechschwarz und als er seinen Kopf dagegen lehnte, konnte er nichts außer seinem eigenen Spiegelbild sehen – er wirkte müde und auch ein bisschen besorgt.
Die Zugfahrt würde noch viele weitere Stunden dauern und das rhythmische Schaukeln und das Klappern der Stahlräder auf den Eisenschienen machte ihn ungeachtet des Rüttelns immer schläfriger.
Seine Augenlider wurden jetzt unfassbar schwer und er begann, einzuschlafen. Er lächelte, als er Sara in seinem Traum vor sich sah. Dieser handelte wieder von dem Mal, als sich der kleine grüne Vogel, der ganz benommen gewesen war, nachdem er gegen eines ihrer Fenster geflogen war, in ihre Hände geschmiegt hatte. Er sah hinab, als sie ihre gewölbten Hände öffnete und ihm das kleine Tier zeigte, das dort saß und zu ihm aufschaute. Das Tier schüttelte sich kurz und machte es sich dann wieder gemütlich. Es schien instinktiv zu spüren, dass es in ihren Händen sicher war.
Der Zug wurde jetzt langsamer und hielt schließlich an. Marcus schreckte hoch, runzelte die Stirn und sah verwirrt aus dem Fenster. Sie waren nicht in der Nähe eines Bahnhofs, daher schätzte er, dass gerade irgendjemand ein- oder ausstieg.
Seltsam, dachte er. »Sibirien halt.« Er schnaubte. Lächelnd richtete er sich auf und dachte: Sei doch kein Idiot, verschwende nicht den kostbaren Empfang und pfeif auf die Kosten. Er wählte die Nummer seines Zuhauses und wartete dann ungeduldig, während es endlos lang klingelte.
»Hallo?«
Er stieß den angehaltenen Atem aus. Allein schon ihre Stimme zu hören, ließ ihn warm ums Herz werden. »Hallo meine Schönheit.«
»Marcus!« Sie schrie beinahe ins Telefon. »Wie läuft es in der Mühle? Wie ist das Wetter? Wie geht es dir?«
Er lächelte und schloss die Augen, während er sich mit hochgezogenen Schultern vorbeugte, um leise zu sprechen, obwohl er allein im Waggon war. »Ach, weißt du, ein paar Kinderkrankheiten, aber nichts, was eine Woche auf einer tropischen Insel nicht kurieren könnte.«
»Ich kann gar nicht erwarten, zu sehen, was du schon alles gemacht hast.« Sie sprach jetzt sehr schnell. »Ich habe in der Zwischenzeit ein paar tolle neue Techniken für die Zuchtprogramme entwickelt, und außerdem ein synthetisiertes Futter, das das Wachstum fördern wird. Bald habe ich hier alles geregelt, also komme ich in Kürze.«
»Du bist meine Heldin, und ich vermisse dich so sehr.« Er lachte leise. »Aber vielleicht solltest du noch ein paar Wochen warten. Nur solange, bis ich ein paar kurzfristig aufgetretene Wogen geglättet habe.«
»Was? Nein! Ich kann dir doch helfen.« Ihr Tonfall wurde nun ernst. »Um was geht es denn? Was ist los?«
Als er hörte, wie die hintere Tür des Waggons aufgeschoben wurde, hob er den Kopf. Dann erklang das Geräusch von Schritten, als ein Mann mit einem Handy am Ohr vorbeiging, ihm einen flüchtigen Blick zuwarf, weiterlief, und durch die Tür in den nächsten Waggon ging. Marcus dachte sich nichts dabei und drehte sich wieder in Richtung Fenster.