Falling Skye (Bd. 1). Lina Frisch

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Название Falling Skye (Bd. 1)
Автор произведения Lina Frisch
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783649636410



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uns ansehe. Und was ich dem Onlinetagebuch Tell Your Story anvertraue, obwohl ich schon seit Jahren behaupte, die App gelöscht zu haben. Langsam werde ich nervös. Dad wäre außer sich, wenn er wüsste, was in mir vorgeht! Laut meinem Vater ist es nie zu früh, sich Gedanken darüber zu machen, womit man sich seine Zukunft ruiniert. Ganz zu schweigen von dem Spießroutenlauf, zu dem Jasmine und ihr Gefolge mein Leben an der Serenity-Highschool machen würden, wenn sie von meiner geheimen Schwäche wüssten.

      Mit wachsender Unruhe laufe ich zurück in den Duschraum, doch auf den nassen Fliesen ist nichts zurückgeblieben. Panik macht sich in mir breit, während ich die Fächer absuche – aber dann stoße ich erleichtert den Atem aus und greife nach dem schwarzen Handy in der hintersten Ecke der Ablagen. Es muss aus meiner Tasche gerutscht sein, als ich sie in das Fach geschoben habe.

      Eine gelbe Servicemeldung ploppt auf und ich lösche sie vom Bildschirm, ohne die Nachricht zu lesen. Für nervige Updates habe ich jetzt wirklich keine Geduld mehr übrig. Langsam beginnt mein Puls, sich zu beruhigen. Es ist alles gerade noch einmal gut gegangen. Mein Geheimnis ist sicher.

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      Die grüne Linie ist wie immer zu voll, um noch einen Sitzplatz zu ergattern. Als wir den Lincoln Tunnel durchquert haben und der Bus viel zu schnell durch die engen Straßen von Upperlake braust, verliere ich das Gleichgewicht und stolpere gegen Elias.

      »Entschuldige.«

      Sein Gesicht ist keinen Zentimeter von meinem entfernt und ich halte den Atem an. Ich sollte nach einer der Stangen greifen, um mich festzuhalten, aber meine Arme haben aufgehört, meinem Gehirn zu gehorchen. Spürt er, was mit mir los ist?

      »Hier.« Elias schiebt mich ein Stück von sich und hebt meine zu Boden gefallene Tasche auf.

      Ich lächle und wende mich ab, als wäre nichts geschehen. Der Bus öffnet seine Türen und ich springe auf den Bürgersteig.

      Elias und ich sind Freunde, weise ich mich zurecht. Mehr als das, wir sind die besten Freunde. Meine verwirrenden Gefühle dürfen das nicht kaputt machen!

      »Mum und Dad wollen am Samstag im Central Park picknicken«, sagt Elias, während wir an den gepflegten Vorgärten unserer Straße entlanglaufen. »Zumindest, wenn das Wetter so schön bleibt.« Als ich nichts erwidere, fügt er hinzu: »Das war eine Einladung. Mum sagt, sie macht auch ihre Zitronenlimonade. Ich weiß doch, wie sehr du das künstliche Zeug von eatdaily hasst.«

      Er zwinkert mir zu und ich beschließe, den seltsamen Moment im Bus zu vergessen. Wahrscheinlich hat Elias mich noch nicht einmal mit Absicht von sich geschoben.

      »Wie sollte ich bei einer so herzlichen Bitte Nein sagen?«, lache ich.

      Elias räuspert sich und springt mir in den Weg. »Skye Anderson, würdest du mir die Ehre erweisen, mich auf einen unendlich langweiligen Familienausflug zu begleiten und damit meinen freien Tag zu retten?«

      »Solange es sich dabei nicht um eine Tarnung für eine Überraschungsparty handelt, gern.«

      Beim Anblick von Elias’ zerknirschtem Gesichtsausdruck stöhne ich auf. Jedes Jahr stelle ich klar, dass ich meinen Geburtstag nicht feiern will, und jedes Jahr sucht Elias nach einem Weg, um mich zu überreden.

      »Wenigstens den sechzehnten, Skye.«

      Ich schüttle den Kopf. Das Lachen ist mir vergangen. »Ich glaube nicht, dass sich Dads Meinung zum Thema Geburtstagspartys geändert hat.«

      »Deshalb feiern wir ja auch bei mir!« Elias legt seine Hand auf meinen Arm und sagt leise: »Du kannst dich nicht bis in alle Ewigkeit für etwas bestrafen, das nicht deine Schuld ist.«

      Woher willst du wissen, dass es nicht meine Schuld war?, denke ich bitter.

      »Nächstes Jahr, okay?«, verhandele ich. »Außerdem klingt ein Picknick im Grünen viel mehr nach dem, was ich mir unter einem schönen Tag vorstelle, als eine bescheuerte Party.«

      Vor allem, wenn Jasmine auf der Gästeliste steht, füge ich in Gedanken hinzu.

      Elias gibt sich mit erhobenen Händen geschlagen. »Dann fange ich wohl besser an, Backen zu üben, damit ich auch etwas zum Picknick beisteuern kann.«

      »Dabei würde ich wirklich gern zusehen, aber heute muss ich zu Hause essen. Dad hat versprochen, ausnahmsweise pünktlich Feierabend zu machen.«

      Wir sind an der Hecke angekommen, die unser Grundstück und das von Elias’ Familie voneinander trennt.

      »Vielleicht lässt Samuel dich ja später noch rüberkommen«, meint Elias. »Colin, Jas und ein paar von den anderen kommen vorbei. Nichts Großes, wir wollen nach den Prüfungen nur ein bisschen entspannen.«

      Jas. Wie alle Jungen ist Elias blind, wenn es darum geht, Jasmines Fassade zu durchschauen.

      »Mal sehen. Ich bin ziemlich kaputt.«

      Meistens reiße ich mich bei solchen Treffen zusammen, lächle und unterhalte mich mit Kelly über den Unterschied zwischen Bronzer und Rouge, während ich Colins schneidende Kommentare und Jasmines falsche Freundlichkeit ignoriere. Aber nach dem seltsamen Training heute habe ich dafür einfach nicht mehr genügend Energie.

      »Dann sehen wir uns morgen. Kelly und Zahra werden dich vermissen.«

      Elias dreht sich um, und auf einmal wünsche ich mir, unseren Abschied noch ein paar Sekunden hinauszögern zu können.

      »Grüß die anderen von mir, ja?«, sage ich und winke ihm zu, bevor ich schweren Herzens die Stufen zur Veranda unseres Hauses hinaufeile.

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      Dreieinhalb Stunden und ein steifes Abendessen später schlüpfe ich in meinen Schlafanzug und trete ans Fenster. Draußen ist es dunkel geworden, und der Lichtkegel, der sich von Elias’ Haustür bis zur Straße erstreckt, zieht meinen Blick an wie Lampen eine Motte. Ich beobachte die kleine Traube von Leuten auf dem Gehweg. Elias verabschiedet sich von einem nach dem anderen per Handschlag, bis Colin ihm als Letztes gegen den Arm boxt und zu Jasmine ins Auto steigt. Keiner der beiden wohnt weiter als ein paar Querstraßen entfernt, aber Jasmine hat vor ein paar Monaten ihren Führerschein gemacht und lässt seitdem keine Gelegenheit aus, um ihr weißes Cabrio zu präsentieren.

      Bevor mich jemand entdeckt, trete ich vom Fenster zurück und lasse mich auf mein Bett fallen. Dads Schreibtischstuhl wird im Raum nebenan hin und her geschoben. Selbst für Dad ist es eigentlich zu spät, um noch zu arbeiten. Als ich ihm beim Essen von meiner Matheprüfung erzählt habe, hat er nur hier und da zerstreut genickt und wahrscheinlich nicht einmal gehört, dass ich eine halbe Stunde vor der Zeit fertig geworden bin. Er wird immer so, wenn mein Geburtstag herannaht, den wir seit vier Jahren nicht mehr gefeiert haben.

      Ich drehe mich auf die Seite und entriegle den Sperrbildschirm meines Smartphones. »Bist du noch wach?«, tippe ich, lösche die Buchstaben aber gleich wieder. Natürlich ist er noch wach.

      »Kannst du nicht schlafen?«

      Eine kleine Welle Glück durchströmt mich, als Elias’ Nachricht aufleuchtet.

      »Zu viele Gedanken«, antworte ich, obwohl ich eigentlich etwas anderes schreiben will. Dad fängt wieder an, meine Mum zu vermissen.

      »Die Ergebnisse sind da«, reißt Elias’ nächste Nachricht mich aus der Vergangenheit.

      Jetzt schon? Ich setze mich auf. »Gucken wir morgen zusammen?«, tippe ich mit fliegenden Fingern und Elias’ Antwort trifft gleichzeitig mit meiner ein.

      »Komm zum Frühstück rüber, dann sehen wir zusammen nach.«

      Danke, dass du für mich da bist.

      »Gute Nacht«, tippe ich stattdessen gerade noch rechtzeitig, bevor das Internet zur Sperrstunde abgeschaltet wird, und schließe mit dem unvermeidlichen Lächeln auf meinen Lippen die Augen.