Vor dem großen Knall. Emma Vall

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Название Vor dem großen Knall
Автор произведения Emma Vall
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9788711465783



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ging jetzt ihre eigenen Wege, obwohl es ihr das Leben hätte leichter machen können, dass sich Aisa nach ihrer Rückkehr wieder um alles kümmerte. Aber Svala hatte beschlossen, nicht wieder zum Kind zu mutieren. Aisa war erstaunt, dass Svala Wäsche wusch, sauber machte und Essen kochte. Auf diese Weise konnte Svala gut ihre Selbstständigkeit unter Beweis stellen.

      »Diese Schwedischstunde fällt aus, stattdessen sollen sich alle Schüler von der siebten bis zur neunten Klasse in der Schulkantine versammeln. Rektorin Birgitta Knapp wird über ein neues Projekt informieren, mit dem dieses Schuljahr abgeschlossen wird.« Britt Magnell verzog angewidert die Lippen.

      Matilda imitierte die verhasste Lehrerin, indem sie Svala mit gespitzten Lippen anguckte. Svala kicherte.

      »Gleich kommt es«, flüsterte sie.

      Magnell wandte sich wieder an die Klasse.

      »Bevor ich gehe, möchte ich euch daran erinnern, dass dies euer letztes Schuljahr auf der Gesamtschule ist. Die meisten von euch können es sich nicht leisten, einen Gang herunterzuschalten, nur weil es langsam auf die Ferien zugeht. Das Schuljahr dauert noch einen ganzen Monat und eure Noten stehen noch lange nicht fest.«

      Svala und Matilda wechselten einen Blick.

      »Dumme Kuh«, murmelte Hasim hinter ihnen.

      Doch seine Worte gingen in dem Lärm unter, mit dem die Schüler aus dem Klassenzimmer stürmten. Svala und Matilda schlenderten langsam über den Schulhof zur Kantine.

      »Hast du dich schon für ein Gymnasium entschieden?« Matilda warf einen besorgten Blick auf Svala, die mit dem Kopf schüttelte.

      »Und du?«

      »Nee, meine Eltern wollen, dass ich aufs naturwissenschaftliche gehe, aber das ist was für verdammte Streber. Markus nimmt den Schwerpunkt Gesellschaftskunde. Meinst du, das wär was für mich?«

      Svala gab keine Antwort, ihr hing das Thema Markus zum Hals raus. Sie vermisste die frühere Vertrautheit mit Matilda.

      Sie quetschten sich mit an einen Tisch, an dem es noch freie Stühle gab. Im ohrenbetäubenden Stimmengewirr, das die Kantine erfüllte, rang Birgitta Knapp vergeblich um Aufmerksamkeit. Schließlich erhob sich Ville Hedlund, der Hausmeister, und pfiff so laut durch die Finger, dass es einem die Gehörgänge freiputzte. Es wurde schlagartig still.

      »Danke. Wie allgemein bekannt ist, hatten wir im letzten Schuljahr Probleme mit Sachbeschädigung und Mobbing. Aber wir unternehmen alles, um ein Schulleben zu verwirklichen, auf das wir stolz sein können. Damit wir einander besser kennenlernen, auch über die ›Klassengrenzen‹ hinweg sozusagen, sind uns Gelder für ein spannendes Projekt bewilligt worden. In den Wochen bis zu den Sommerferien widmen wir uns dem Theater. Manche Unterrichtsstunden fallen aus, damit in der Turnhalle geprobt und Schauspielunterricht gegeben werden kann. Wir werden mit Szenen aus Shakespeares ›Romeo und Julia‹ arbeiten. Katja Kallin wird das Projekt leiten. Sie inszeniert gleichzeitig ›Romeo und Julia‹ in einem Zirkuszelt im Margaretapark; auch hier werden Schüler und Lehrer unserer Schule mitarbeiten. In meinen Augen ist dies eine große Chance für uns alle, negative Denkmuster zu überwinden und eine offene Atmosphäre an unserer Schule zu erzeugen. Ergreift sie, im Interesse von uns allen.«

      Svala schnappte nach Luft. Katja Kallin! Katja, die Svala im letzten Jahr auf Tynningö kennengelernt hatte. Sie lehnte sich auf dem unbequemen Stuhl zurück. Vielleicht würden die letzten Monate auf der Enskede-Schule sogar ganz erträglich werden. Svala interessierte sich fürs Theaterspielen und Katja war total nett.

      Plötzlich unterbrach das Geheul des Feueralarms die Rede der Rektorin. Die Schüler sahen sich teilnahmslos an und zeigten keinerlei Reaktion. Es kam gelegentlich vor, dass der Feuermelder losging, aber das war fast immer falscher Alarm oder eine Übung. Nur hin und wieder brannte ein Papierkorb. Aber jetzt trieben die Lehrer sie bis auf den Schulhof. Hier draußen wurde das Geheul immer unerträglicher. Matilda und Svala ließen sich auf dem Asphalt nieder, während um sie herum die Lehrer versuchten, die Schüler im Klassenverband zu sammeln.

      »Das mit dem Theater klingt super!«

      Matilda guckte Svala desinteressiert an. »Nee, find ich nicht. Ist doch eher peinlich.«

      Svala lehnte sich zurück. Auf die Arme gestützt, sah sie zum Himmel hoch. Als jemand aufschrie, zuckte sie zusammen.

      »Aus der Turnhalle kommt Rauch! Es brennt!«

      Im selben Moment waren Sirenen zu hören und die Feuerwehr brauste auf den Schulhof. Alle Schüler und Schülerinnen sammelten sich in Gruppen vor der Turnhalle und starrten mit offenen Mündern auf das Spektakel.

      »Das ist ja ein richtig guter Tag heute!« Svala hörte Nesimas hämische Stimme hinter sich. Die übrige Clique lachte. Dann zogen sie ab.

      »Shit, ich hab sie so satt, diese Haltung.« Matilda sah ihnen zornig hinterher. Doch dann grinste sie und fügte hinzu: »Aber wenn man es genau bedenkt, hat sie ja recht: Wer hat schon was gegen eine abgefackelte Turnhalle?«

      Doch das Feuer war bald gelöscht und der Schultag ging weiter wie üblich. Auf dem Weg in den Chemieunterricht entdeckte Svala am Schwarzen Brett große Plakate, die Katjas Theaterprojekt ankündigten. Als sie stehen blieb, um sie näher anzuschauen, hörte sie, wie sich Britt Magnell und Magnus Smedjegård ein Stückchen weiter auf dem Korridor unterhielten.

      »So ein Unsinn«, hörte sie ihre Schwedischlehrerin sagen. »Und dafür will die Rektorin kostbare Unterrichtszeit verschwenden. Theater spielen können die Schüler doch in ihrer Freizeit. In der Schule sollten sie Ordnung und Disziplin lernen, das kann den meisten von ihnen wirklich nicht schaden.«

      »Ja. Wenn man sich vorstellt, was wir an Sachbeschädigung hatten, seit wir die da aufgenommen haben. Man kann doch an einer Hand abzählen, wer hinter dem Brand steckt«, sagte der Französischlehrer.

      »Wobei wir sicher um das Theaterprojekt herumkommen, wenn die Turnhalle nun nicht mehr benutzbar ist.« Britt Magnell klang zufrieden.

      »So schlimm wird es nicht sein. Ein bisschen Rauch von ein paar brennenden Kleidern, mehr war da nicht. Aber was sagst du eigentlich zum Treffen bei der Rektorin? Ist es nicht ein Jammer, dass Göran die Stelle nicht bekommen hat?«, hörte Svala Magnus Svedjegård sagen. »Dabei ist er pädagogisch viel kompetenter als sie, das zeigt sich immer deutlicher.«

      »Kein Wunder. Schließlich hat Birgitta Knapp ja als Sportlehrerin angefangen«, antwortete Britt Magnell, woraufhin sich die beiden vielsagende Blicke zuwarfen.

      Demonstrativ schrieb Svala ihren Namen auf die Liste, nachdem sie gelesen hatte, dass Katja für die Inszenierung im Park Statisten und freiwillige Helfer suchte. Aber das hätte sie auch getan, wenn die beiden Lehrer nicht so abfällig über das Projekt geredet hätten.

      Leben im Park

      In der großen Pause lief Svala in den Margaretapark.

      Hier herrschte ein totales Durcheinander aus Zeltplanen, Leuten, die an Seilen rissen und zogen, und langen Pfählen, die donnernd in die Erde gerammt wurden.

      Im Zentrum des Geschehens enteckte Svala eine vertraute Gestalt, eine Frau Mitte dreißig. Sie hatte wildes, ungekämmtes Haar und trug einen alten Overall, wie den, den Svalas Vater immer trug, wenn er an seinem Segelboot herumbastelte. Sie schrie und fluchte, weil etwas nicht geklappt hatte.

      Svala ging auf sie zu, war aber plötzlich unsicher. Nach ihrer Begegnung im letzten Jahr hatte sie geglaubt, dass sie weiter mit Katja Kontakt haben würde. Aber Katja war anscheinend auf Tournee gewesen, Svala hatte sie ein paarmal vergeblich anzurufen versucht. Und jetzt war Katja hier. Würde sie Svala wiedererkennen? Svala war kurz davor, auf der Stelle kehrtzumachen, da hörte sie, wie Katja ihren Namen rief.

      »Svala! Das ist ja schön!«

      Katja kam auf sie zu. Unter ihrer Oberlippe steckte wie üblich eine Portion Kautabak.

      »Was machst du denn hier?«, fragte sie fröhlich.

      »Ich wohn