Der Tod des Jucundus. Franziska Franke

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Название Der Tod des Jucundus
Автор произведения Franziska Franke
Жанр Языкознание
Серия Krimi
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958132276



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Ich verstehe nämlich zufällig etwas davon, denn ich bin Weinhändler.« Sie blickte mich verängstigt an, als ob sie befürchtete, dass ich den Lagerkommandanten bitten könnte, ihren Vater aus der Vorstadt zu vertreiben. »Und ich muss zugeben, der Rotwein von gestern Abend war … außergewöhnlich.« Ich brachte es nicht über mich, den grässlichen Hauswein zu loben, aber diese Formulierung traf den Nagel auf den Kopf. »Ich würde gern vorher noch die Meinung meines Teilhabers einholen, …«

      Mir fiel nichts mehr ein: Was würde ich dann machen? Als Weinhändler meine Ware nicht beim Winzer, sondern in der Taverne kaufen? Welch ein Unsinn! Nur gut, dass das Mädchen nicht besonders helle wirkte.

      »Könntest du mir bitte den Krug zeigen, aus dem du uns gestern eingeschenkt hast?«, fuhr ich mit der größten Selbstverständlichkeit fort.

      Das Schankmädchen starrte mich einen Moment lang fassungslos an. Dann legte sie den Becher, den sie noch immer in der Hand gehalten hatte auf den Tresen und zerrte mit vor Anstrengung rotem Kopf eine kleine Amphora aus einer Vertiefung im Boden.

      »Vater hat mir aufgetragen, euch diesen Wein zu geben, weil Jucundus ein so guter Kunde ist.«

      »Das erklärt alles«, sagte ich, obwohl dies eigentlich gar nichts erklärte.

      Ich schnappte mir die Amphora. Sie war fast leer, daher konnte ich sie einigermaßen tragen.

      »Danke, ich werde sie meinem Teilhaber bringen«, murmelte ich so beiläufig wie möglich und wandte mich zum Gehen.

      »Aber ...«

      Das Erstaunen stand der Wirtstochter ins runde Gesicht geschrieben. Sie wich vor Schreck einige Schritte zurück und stieß dabei den abgetrockneten Becher von der Tresenkante, der zu Boden fiel und in Tausend Stücke zersprang. Mit einem leisen Seufzer bückte sie sich, um die Scherben aufzusammeln und ich hoffte, dass sie meinetwegen keine Schwierigkeiten bekam.

      »Dein Vater wird von mir hören!«, rief ich ihr zu und amüsierte mich innerlich darüber, dass sie bestimmt nicht die Drohung erfasste, die in meiner Bemerkung lag.

      Wie gut, dass Respectus mir vorgeschlagen hatte, nach Hause zu gehen! Ich tat wie er mir geheißen hatte. So schnell es die Amphora zuließ, schritt ich aus und mit jedem Häuserblock, den ich passierte, wuchs mein Misstrauen gegen diesen Wein aus der Spezialamphora. Vor ohnmächtiger Wut innerlich kochend trat ich einen Kieselstein, der auf der Straße lag, doch die merkwürdigen Blicke der Menschen, die mir entgegenkamen, brachten mich dazu, mein Verhalten zu ändern. Schließlich konnte mir jederzeit einer meiner Kunden begegnen. Also setzte ich den restlichen Weg gemessenen Schrittes und mit wichtiger Miene fort, um den Eindruck zu erwecken, ich würde einen besonders edlen Tropfen persönlich ausliefern.

      Endlich erreichte ich unser schönes, erst vor wenigen Monaten fertig gestelltes Haus, das mit roten Schindeln gedeckt war, wie man sie in Italien verwendet. Ansonsten war das Viertel kaum an Monotonie zu überbieten: Da der Platz in der Stadt ziemlich knapp war, grenzten fast alle Häuser an die Straße. Linear aneinandergereiht standen ihre Schmalseiten eine neben der anderen. Unmöglich zu sagen, was sich hinter der Straßenfront abspielte, aber an diesem Tag empfand ich den abweisenden Charakter der Bauten als Vorteil, denn ich konnte beim besten Willen keine Zeugen gebrauchen.

      Obwohl ich mittlerweile ziemlich wütend auf Lucius war – schließlich konnte ich mein Geschäft schließen, wenn man ihn des Mordes beschuldigen sollte – widerstand ich der Versuchung, den Wein an ihm zu testen. Bis zu diesem Tag hatte ich geglaubt, dass Geschichten von Gastwirten, die ihre Gäste vergifteten, um sie anschließend auszurauben, in das Reich der Legenden gehörten. Aber es gab keine andere Erklärung für meinen hartnäckigen Kopfschmerz und dafür, dass Lucius sich nicht an den weiteren Verlauf des gestrigen Abends erinnern konnte.

      Als ich die Haustür öffnete, fragte ich mich, wo meine Dienstboten steckten, die nicht zu meiner Begrüßung herbeigeeilt waren. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass sie mich um diese Uhrzeit nicht erwartet hatten. Meinen Bruder hingegen fand ich als Häuflein Elend zusammengekauert mit einem halbleeren Becher Rotwein in der Küche sitzen.

      »Schön, das du Nachschub mitbringst«, begrüßte er mich und der Anblick der Amphora entlockte ihm ein mattes Lächeln.

      »Hände weg!«, fuhr ich ihn an. »Wenn du nur einen einzigen Schluck trinkst, erzähle ich Marcus Terentius, dass du Jucundus erstochen hast.«

      Der entsetzte Blick meines Bruders zeigte, dass er meinte, dies sei mein Ernst.

      »Der Wein wird dich noch zugrunde richten«, fügte ich etwas umgänglicher hinzu, denn ich bereute meine Worte.

      Dann füllte ich den Wein in eine Trinkschale und schnupperte vorsichtig daran. In dem sauberen Gefäß roch er nicht mehr ganz so streng, wie am Vorabend in der Taverne.

      Im gleichen Augenblick drang durch das offene Fenster ein ängstliches Tschilpen an mein Ohr.

      »Catullus«, durchfuhr es mich.

      So hieß unser zahmer Spatz, dessen hölzerner Käfig im Atrium hing, wenn immer das kalte Klima in Germanien dies zuließ.

      Ich eilte in den Innenhof. Dort sah ich meine schlimmste Befürchtung bestätigt: Eine der streunenden Katzen unseres kinderreichen Nachbarn hatte sich ins Atrium geschlichen. Angespannt saß sie da und beobachtete konzentriert unseren Vogel, der aufgeregt zwischen den Gittern seines Gefängnisses herumflatterte. Ihr glänzendes Fell hatte die Farbe von Ebenholz. Ohne sich von mir stören zu lassen, sprang die Katze ganz plötzlich anmutig und geschmeidig auf den Vogelkäfig und versuchte dann ihre krallenbewehrte Pfote durch das Gitter zu schieben.

      Selbst daran Schuld, dachte ich als ich den kleinen Übeltäter am Nacken packte. Die schwarze Katze ließ automatisch alle Viere hängen. Ich setzte sie auf den Boden und stellte die Schale mit dem Wein vor ihre Nase. Dabei fragte ich mich bang, ob Katzen überhaupt Wein tranken. Diese zumindest tat es.

      Mit angehaltenem Atem schaute ich zu, wie die Nachbarskatze die Schale leer schlürfte und sich anschließend genüsslich die Pfoten ableckte. Das sah so possierlich aus, dass ich ein schlechtes Gewissen bekam, ihr den dubiosen Wein vorgesetzt zu haben.

      Hinter mir hörte ich Schritte. Es war Lucius, der mir gefolgt war. Die Katze wollte verschwinden, aber ich packte sie rechtzeitig am Nacken und expedierte sie wieder ins Atrium. Sie legte die Ohren an, ihre Nackenhaare sträubten sich und sie machte einen Buckel. Ganz langsam fuhr sie ihre Krallen aus. Aber als sie versuchte, nach mir zu schlagen wurden ihre Bewegungen langsam und unkoordiniert. Ich sagte mir, dass wahrscheinlich jeder Wein diese Wirkung auf ein so kleines Tier gehabt hätte. Dann gähnte die Katze herzhaft.

      »Was machst du da eigentlich?«, fragte mein Bruder schließlich. Er wirkte fast genauso träge wie die alkoholisierte Katze. »Das ist eine der Hauskatzen des Nachbarn. Sie hat dir schließlich nichts getan.«

      »Ich habe ihr von dem Wein gegeben, den du gestern literweise in dich hineingeschüttet hast:«

      »Woher …«

      »Frag nicht soviel!«, unterbrach ich ihn, denn ich wollte mich auf die schwarze Katze konzentrieren. »Warte lieber ab, was passiert.«

      »Was soll schon passieren, außer, dass die Katze betrunken wird?«, maulte Lucius. »Du hättest den Wein besser mir geben sollen als ihn so zu verschwenden.«

      »Damit du jetzt durch das Atrium torkelst?«, konterte ich und zeigte auf die Katze.

      Mein Bruder sagte nichts, sondern beobachtete die schwarze Katze, deren Bewegungen immer träger wurden, bis sie sich in eine Ecke zusammenrollte und sich nicht mehr rührte.

      »Ist sie tot?«, fragte Lucius, der ganz bleich geworden war.

      »Ich glaube nicht«, antwortete ich. »Wahrscheinlich schläft sie nur.«

      Zur Bestätigung meiner Theorie berührte ich die Katze. Ihr seidiges Fell fühlte sich warm an und ich spürte, dass sie atmete, aber sie rührte sich nicht mehr.

      »Was hat das zu bedeuten?«, fragte mein Bruder und ich verkniff mir mühsam den Kommentar, dass er wenigstens