Название | Brücken zwischen Leben und Tod |
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Автор произведения | Iris Paxino |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783772543210 |
Es ist wünschenswert, dass solche Aspekte biografischer Arbeit, die den gelebten Lebensbogen abrunden, stärker in die Sterbebegleitung einfließen. Ähnlich bedeutend ist es, die geistigen Wahrnehmungen und Erlebnisse, die während des Sterbeprozess gemacht werden, ernst zu nehmen und sie einzubeziehen. Man kann den Sterbenden darin ein würdiger Gesprächspartner werden, indem man seine eigene Wahrnehmung verfeinert und schult.
Eines Tages betrat ich das Zimmer einer an Krebs erkrankten Frau. Sie war etwa Ende vierzig, Mutter von vier Kindern. Ihre gesamte Familie bangte seit Wochen darum, ob die Therapie anschlagen würde oder nicht. Als ich an diesem Tag in ihr Zimmer ging, lag ein heilig-tiefer Ernst vor, mir stockte dabei der Atem. Ich blieb erst stehen und versuchte zu erspüren, was da vorlag. Es schienen viele Gestalten anwesend zu sein. Am Kopfende der Patientin stand ihr Engel, die Arme in einer umhüllenden Geste um sie ausgebreitet. Es war, als ob er sie tragen würde, obwohl sie im Bett lag. Das Haupt des Engels war über sie gebeugt, sein Ausdruck war würdevoll, mitfühlend und wartend. Seitlich am Bett standen die bereits verstorbenen Schwiegereltern der Patientin, milde lächelnd und ebenfalls in einer schweigend-abwartenden Haltung. Da wurde mir klar, dass ihr Schwellenübertritt auf der geistigen Ebene bereits entschieden wurde, was wenige Wochen später auch geschah.
Nicht die Anwesenheit von geistigen Wesenheiten ist Anzeichen dafür, dass ein Mensch an der Schwelle steht, denn diese sind natürlich auch in anderen Krankheits- und Lebenssituationen gegenwärtig. Doch die Schwelle hat ihre besondere Stimmung, sie kann wahrgenommen und bewusst begleitet werden. In früheren Zeiten wurden kranke und sterbende Menschen überwiegend im Kreise ihrer Familie gepflegt, sie konnten zu Hause, von der vertrauten Umgebung geachtet, Abschied von diesem Leben nehmen. In unserer Gesellschaft sterben die meisten Menschen jedoch in Krankenhäusern oder in Altersheimen. Umso wichtiger ist es, dort Bewusstseinsräume für sie zu gestalten und eine schützende, heilende Atmosphäre zu schaffen, damit sie diesen Übergang in Würde und in Frieden erleben können.
Der Augenblick des Todes
(…) der Körper wird wie ein Kleid zerreißen,
aber Ich, das wohlbekannte Ich, Ich bin.
Johann Wolfgang von Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre
Wer beim Tod eines Menschen anwesend gewesen ist, weiß, wie unaussprechlich ergreifend dieses Geschehen ist. Der Übergang einer Seele aus der physischen in die geistige Welt ist ein Ereignis von realer Auferstehungsqualität. Während eines natürlichen Sterbeprozesses vollzieht sich meist ein friedvoller, leuchtender Übergang über die Todesschwelle, bei dem man Zeuge eines wahrhaft geheiligten Augenblicks werden kann.
Phänomenologisch betrachtet, ziehen sich im Todesmoment die oberen Wesensglieder – Ich, Astralleib und Ätherleib – aus dem physischen Leib heraus. Geistig schauend kann wahrgenommen werden, wie die Geistgestalt des Sterbenden sich aus dem Körper löst und darüber schwebt. Meist geschieht dieses Sich-Herausziehen der Wesensglieder über den Kopf, also über das Kronenchakra, in einzelnen Fällen aber auch über den Herzensraum, also über das Herzchakra. Der Astralleib löst sich schnell aus dem physischen Leib heraus, er trägt weiterhin das Bewusstsein des Menschen und ist vom Ich durchzogen. Beim Ätherleib geschieht dies in einer schwingenden und langsameren Weise. Auch wenn dieser die physische Hülle in einer unumkehrbaren Weise verlässt, so ist über einen längeren Zeitraum hinweg noch ein Vibrieren des Ätherleibes im Umraum des physischen Körpers zu vernehmen. Das dauert in der Regel in etwa drei Tage, es gibt allerdings auch erhebliche zeitliche Abweichungen. Bei Tieren wiederum vollzieht sich das vibrierende Herauslösen des Ätherleibes in nur einigen Minuten, beispielsweise bei einer Maus oder einem kleinen Vogel. Bei Haustieren, die einen starken Bezug zu ihrem menschlichen Umfeld hatten, kann dies bis zu einer oder mehreren Stunden dauern.
Die Geistgestalt des verstorbenen Menschen ist im Augenblick seines Todes in ätherischen Umrissen als Menschengestalt deutlich erkennbar. Sie schwebt über dem leblosen physischen Leib und ist von Licht umgeben. Gleichzeitig leuchtet sie in gewisser Weise auch aus sich heraus. Da der Ätherleib der Träger des Gedächtnisses ist, entfaltet sich nun in seiner Ausdehnung das gesamte Lebenstableau des soeben verstorbenen Menschen, welches von diesem als umfassender Lebensrückblick erlebt wird. Meist treten hier alle Erlebnisse gleichzeitig auf, der Verstorbene sieht auf sein Leben wie von einem Berg in eine weite Landschaft.
Neben und um die Geistgestalt des Verstorbenen sind immer mehrere Engelwesenheiten gegenwärtig. Sinnbildlich gesprochen tritt der Schutzengel, der während der Inkarnation meist hinter seinem Menschen stand, nun einen Schritt vor, an die Seite des exkarnierten Menschen, und wird für diesen «sichtbar». Ihm gesellen sich weitere Engelwesenheiten zu, die den über die Schwelle Getretenen umgeben. Für all diese Engelwesenheiten ist in diesem Augenblick die ewige Ich-Gestalt dieses Menschen und seine vollständige Inkarnationskette von Urbeginn an und durch all ihre Stadien deutlich wahrnehmbar.
Auch Gestalten verstorbener Menschen, die in der Zeit der Inkarnation mit dem nun soeben Exkarnierten verbunden waren, erscheinen beim Übergang in die geistige Welt. Meist sind es nahe Angehörige, enge Freunde oder Weggefährten, die bereits früher über die Schwelle gegangen sind. Ihre Stimmung ist von einer mitfühlenden, verständnisvollen und liebegetragenen Milde durchströmt. Sie empfangen den Neuankömmling mit inniger Freude und bilden für sein Seelenerleben eine Brücke zwischen den Welten.
Die Elementarwesen im Raum reagieren ebenfalls sehr stark auf den Todesaugenblick eines Menschen. Sie versammeln sich wie lernbegierige Kinder um den Geschehensort und schauen ganz gebannt und aufmerksam auf das Ereignis. Auch ihnen offenbart sich die aufleuchtende Ich-Gestalt des soeben Verstorbenen, wenn auch in einer anderen Form als den Engeln. Sie erblicken eher die Bedeutung dieses Menschen für das Werden der Erde wie auch die Spur, die dieser durch seine Inkarnationen hindurch der Erde eingeschrieben hat.
Der Sterbeaugenblick eines Menschen ist also nie ein Einsamkeitsmoment. Das irdische Licht des über die Schwelle Gehenden verlöscht, doch sein geistiges Licht leuchtet auf. Die Hierarchien erwarten und empfangen ihn in einer erhabenen Feierstunde. Das, was sich für die Welt der Hinterbliebenen verdunkelt, erstrahlt auf der anderen Seite in einem lichtvollen geistigen Festakt. Der sich Exkarnierende erlebt, dass er sich aus dem Physischen «herausatmet», dies bedeutet für ihn eine Befreiung und eine Ausweitung seines Wesens. Er schaut auf seinen Leib und erkennt, dass dieser Teil von ihm lediglich seine abgelegte physische Hülle ist. Sein Bewusstsein in der geistig-ätherischen Wirklichkeit, in der er sich nun befindet, ist klar und wach, er erkennt die Wesenheiten, die ihn nun empfangen. Für den Verstorbenen selbst ist es ein sakraler Augenblick, in welchem seine Individualität, eingebettet im Licht einer höheren geistigen Wirklichkeit, zu sich selbst aufersteht.
Es ist nicht zwingend erforderlich, physisch anwesend zu sein, um den Schwellenübertritt eines Menschen wahrzunehmen. Aus der Zeit der Weltkriege sind beispielsweise Berichte bekannt, in denen beschrieben wird, wie im Augenblick des Todes eines Soldaten dieser seiner daheim gebliebenen Mutter oder Frau in ätherischer Gestalt erschien. Spätere Überprüfungen belegten dann, dass der Zeitpunkt solcher Erlebnisse mit dem tatsächlichen Zeitpunkt des Todes des im Kampf Gefallenen übereinstimmten. Auch in unserer Zeit berichten immer häufiger Menschen davon, dass sie den Tod eines nahen Freundes oder Angehörigen aus der Entfernung wahrnehmen konnten, der ihnen als Lichtgestalt erschien. Tiefe Liebe und innige Herzensverbundenheit bilden hier die Verbindung zwischen den Verstorbenen und den Hinterbliebenen.
Gleich zu Beginn meiner Krankenhaustätigkeit hatte ich mit einer älteren Patientin eine sehr berührende Begegnung. Während meiner ersten Visite mit den Ärzten mussten bei der neunundachtzigjährigen Dame die Verbände ausgewechselt werden. Die Wunden sind tief, die Patientin versucht ein Stöhnen zu unterdrücken, doch bei jeder Berührung zuckt sie gequält zusammen. Ihr Gesicht ist schmerzverzerrt, ihre Augen schauen mich weit aufgerissen an. Ich beuge mich zu ihr, halte dabei ihre Hand, und wir blicken uns nur schweigend an. – Am Nachmittag begebe ich mich erneut in ihr Zimmer, dieses Mal allein. Die Dame schläft, erschöpft